Umstieg hinter dem Mond

Eine neue Raumstation soll als Zwischenstopp für Marsreisen dienen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 11 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christian Honey

Dieser Artikel-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft 01/2018 ist ab 21.12.2017 im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Zehn Raumfahrzeuge, jedes 4000 Tonnen schwer, sollen 70 Astronauten zum Mars bringen. Einmal im Marsorbit angekommen, werden die Pioniere mit Teleskopen nach einer geeigneten Siedlungsfläche in der Nähe des Äquators suchen. Landen werden sie aber im Schnee des Nord- oder Südpols mit Gleitflugzeugen auf Kufen, um sich dann von dort aus auf den langen Weg zu ihrem Bestimmungsort am Äquator zu machen.

So sah der Plan für eine Marsmission im Jahr 1965 aus, den Wernher von Braun, Raketenpionier und Apollo-Ingenieur, in seinem Buch „Das Marsprojekt“ 1952 veröffentlichte. Es war die erste detaillierte Studie von Technologien, die man für eine Übersiedlung zum Roten Planeten bräuchte – oder besser gesagt: jener Technologien, die von Braun für nötig hielt. Denn man wusste damals noch nichts von den Gefahren des tiefen Weltalls oder von dem Problem, dass Gleiter in der dünnen Atmosphäre des Mars keinen Auftrieb haben würden.

Im Schnitt wurde seither jedes Jahr eine bemannte Marsmission vorgeschlagen, die meisten von internationalen Raumfahrtagenturen wie der Nasa, Roskosmos, Esa, CSA und Jaxa – jüngst aber auch von zivilen Unternehmen wie Boeing oder SpaceX. Die Designs ihrer Raumfähren unterscheiden sich fundamental in Größe, Bauort, Antrieb, Zahl der Crewmitglieder sowie der Missionsdauer. Eines aber teilen sie: das Schicksal der Marspläne von Wernher von Braun. Kein Projekt hat je vom Erdboden abgehoben.

Das soll sich nun mit internationaler Zusammenarbeit ändern. Die Nasa und ihre weltweiten Partner haben eine neue Strategie vorgeschlagen, um Menschen endlich zu unserem Nachbarplaneten zu bringen. Die Idee: Statt direkt von der Erde aus soll die Reise über einen Zwischenposten im All erfolgen: das Deep Space Gateway (DSG). Die neue Raumstation soll als Umsteigebahnhof fungieren: Da Raumschiffe beim Abflug vom DSG keine Erdanziehung mehr überwinden müssen, benötigen sie auf dem Flug zum Mars weniger Treibstoff. Ende der 2030er-Jahre sollen die ersten Menschen die historische Reise vom DSG aus antreten.

Platziert wird die Raumstation nicht im Erdorbit, sondern hinter dem Mond, in einem sogenannten Halo-Orbit. Der Vorteil: Das Zentrum des Halo-Orbits ist so gewählt, dass sich dort die Schwerkräfte von Erde und Mond gerade gegenseitig aufheben. Die Raumstation lässt sich daher mit relativ geringem Energieaufwand auf dieser Bahn halten, ohne immer wieder gegen Gravitationskräfte in ihrer Umgebung ansteuern zu müssen. Zudem lassen sich so die Pole und die nahezu unerforschte Rückseite des Mondes erkunden. Die Pläne klingen futuristisch – doch das DSG ist tatsächlich bereits in Vorbereitung.

(ksc)