Kabellose In-Ear-Kopfhörer: 25 Modelle im Test

Bluetooth-Ohrstöpsel bringen Bewegungsfreiheit, sie passen in jede Hosentasche, ersparen Kabelgewirr, halten lange durch und sind schnell wieder aufgeladen.

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Kabellose Bluetooth-Kopfhörer: Neun Modelle im Vergleichstest
Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Naemi Leston
Inhaltsverzeichnis

Wer sich einmal an kabellose In-Ear-Kopfhörer gewöhnt hat, will sie nicht mehr missen – vor allem nicht beim Sport, bei körperlicher Arbeit oder generell in Situationen, in denen man sich viel bewegt. Auch in ruhigeren, alltäglichen Situationen im Büro, im Zug oder beim Spazierengehen genießt man schnell die kabellose Freiheit.

Im besten Fall vermitteln die Geräte beim Tragen den Eindruck, als seien sie gar nicht da. Sitzen die Kopfhörer bequem, soll man nach der Eingewöhnungsphase nicht mehr viel von ihnen mitbekommen. Beim Laufen stört kein Kabel, das an der Kleidung reibt, beim Reisen kann man einnicken, ohne dass der Kopf- oder Nackenbügel am Sitz hängen bleibt – wo das Zuspielgerät liegt, ist bei Bluetooth so gut wie egal. Kurzum: Das Konzept der kabellosen Kopfhörer ist eine Reduzierung auf das Wesentliche. Und doch erzeugen einige In-Ear-Kopfhörer mit Gummimanschetten ein unangenehmes Pfropfengefühl.

Grob kann man Kopfhörer in zwei Kategorien einteilen: In-Ear-Kopfhörer und Earbuds. Letztere liegen lediglich in der Ohrmuschel und schließen den Hörkanal nicht vollständig ab. In-Ears hingegen dichten den Ohrkanal mit Gummimanschetten luftdicht ab. Dadurch können sie tiefe Bassfrequenzen übertragen und Umgebungsgeräusche passiv dämpfen – allerdings auch ein unangenehmes Pfropfengefühl erzeugen, da sie körpereigene Geräusche dumpf verstärken. Normalerweise sind In-Ears mit Ohrstöpseln aus Silikon ausgestattet, die sich abnehmen oder austauschen lassen – beispielsweise zur Reinigung.

Sich einen In-Ear-Stöpsel ins Ohr zu stecken mag sich befremdlich anfühlen und der Gewöhnungsprozess fällt von Person zu Person unterschiedlich aus. Einige gewöhnen sich sehr schnell daran, bei anderen bleibt das unangenehme Fremdkörpergefühl. Wichtig ist, dass die Ohrpolster zur Ohrform passen. Dann sitzen In-Ear-Stöpsel weitaus fester als die nur in der Ohrmuschel "hängenden" Earbuds. Sie bleiben deshalb auch beim Sport und bei ruckartigen Kopfbewegungen an Ohr und Stelle.

Sony hat den Klang der WF-1000XM3 (rote Kurve) ähnlich abgestimmt wie den des neutralen Vergleichkopfhörers Sennheiser die HD-600 (gelbe Kurve) Bässe wirken bei Sony etwas kräftiger, Stimmen ein wenig zurückhaltender.

Mit wenigen Ausnahmen liegen die In-Ear-Kopfhörer klanglich vor den Earbuds, weil sie den Tieftonbereich besser bedienen und ihr Klang präsenter ist. Außerdem werden Außengeräusche durch In-Ears zu einem Großteil passiv gedämpft. Das Abschotten kann beim Sport im öffentlichen Raum oder im Straßenverkehr allerdings gefährlich sein. Viele Modelle bieten deshalb inzwischen einen sogenannten Transparenzmodus an, bei denen Außengeräusche aktiv nach innen weitergeleitet werden.

Bei der Entscheidung zwischen In-Ear und Earbuds geht es daher vor allem darum, ob man alle Außengeräusche in vollem Umfang mitbekommen möchte oder ob es reicht, alles gedämpft wahrzunehmen und dafür vom besseren Klang und etwas Ruhe zu profitieren.

Die In-Ear-Bauweise hat auch Nachteile: Nur wenn man zum eigenen Ohr passende Ohrpolster findet und sie korrekt einsetzt, funktionieren die Kopfhörer wie vorgesehen. Ist der Gehörgang auch nur einen Spalt offen, verlieren die meisten In-Ears ihr gesamtes Bassfundament. Ist man mit dem Klang unzufrieden, sollte man die Stöpsel probeweise ein kleines Stück weiter ins Ohr schieben – selbstverständlich sehr vorsichtig. Größere Ohrpolster können ebenfalls helfen.

Wenn die Manschetten nicht ordentlich abschließen, gerät die Basswiedergabe dünn. Drückt man die In-Ears dagegen zu fest ins Ohr, wird der Bass übermäßig laut, wie sich hier im rot eingefärbten Klangspektrum zeigt. Die gelbe Kurve entpricht wieder dem Klangbild des Sennheiser HD-600.

Kopfhörer, die mehr als einfaches Musikhören, Telefonieren etc. bieten, werden auch als Hearables bezeichnet. Zusatzfunktionen sind beispielsweise Noise Cancelling (beziehungsweise gezielte Geräuschverstärkung etwa zur Sprachverständlichkeit) oder die Erfassung von Körperdaten. So haben manche Ohrstöpsel Sensoren für die Herzfrequenz oder die Bewegung des Trägers und erlauben die Daten per App auszuwerten, was insbesondere für Sportler interessant ist.

Beim sogenannten Active Noise Cancelling (ANC) analysiert das Gerät mithilfe des Mikrofons den Lärm und erzeugt Gegenschall mit entgegengesetzter Polarität. ANC funktioniert vor allem bei Motor- und Fahrgeräuschen im Flugzeug oder in der Bahn gut und findet sich traditionell eher in größeren On- oder Over-Ear-Kopfhörern, aber auch immer mehr In-Ears bieten ANC.

In-Ears sparen vor allem Platz beim Transport und halten beim Tragen die Ohrmuscheln frei, was sie für den mobilen Einsatz prädestiniert. Diese Vorteile muss man jedoch mit einigen Nachteilen gegenüber ausgewachsenen Kopfhörern bezahlen. So ist es beispielsweise eine Herausforderung, Bassfrequenzen der kleinen Kapseln zu übertragen. Die meisten Anbieter arbeiten daher mit Gummimanschetten, die den Ohrkanal komplett abdichten und das Trommelfell über die abgeschlossene Luftsäule anregen.

Rutschen die kleinen Ohrstöpsel aus dem Ohr, geht das Suchen los. Hier weiß Bose Rat: Die Firma hält in ihrer App die letzte Kopfhörer-Ortung in einer Karte fest. Außerdem kann man zum Finden einen lauten Signalton auf den In-Ears abspielen.

Solange die Manschetten dicht halten, lassen sich selbst tiefste Frequenzen mit großer Amplitude übertragen. Doch sobald ein Leck auftritt, weil die eigenen Ohren anders geformt sind als die Passstücke, sackt der tieffrequente Bereich ab und die Musik klingt nur noch wie aus dem Telefon. Deshalb legen die Anbieter Manschetten in verschiedenen Größen bei – manche nur zwei, andere bis zu zehn verschiedene Ausführungen.

Aufgrund der Abdichtung des Hörkanals werden körpereigene Geräusche, die beim Gehen, Sprechen oder beim Sport entstehen, besonders stark und ungewohnt reflektiert. Da hilft es auch nicht, wenn Samsung, Sennheiser und Audio-Technica über die eingebauten Mikrofone auf Wunsch Außengeräusche einblenden. Für ein Gespräch mit seinem Gegenüber nimmt man die Pfropfen besser aus dem Ohr – nicht nur, um die eigene Stimme unverfälscht zu hören, sondern auch um seinem Gegenüber zu vermitteln, dass man ihm tatsächlich zuhört.

Speziell beim Sport und Fahrradfahren wichtig, dass die Kopfhörer fest im Ohr sitzen. Denn wenn sie herausrutschen, hält sie kein Kabel mehr auf. Die recht lockeren Airpods sowie Sennheiser Momentum True Wireless sind hier gefährdet – ebenso die Soul X-Shock, obwohl sie speziell für Sportler vermarktet werden. Wesentlich fester sitzen die Sport-Stöpsel von Audio-Technica, die sich mit auswechselbaren Gummiflügeln in der Ohrmuschel geradezu festsaugen. Ähnliche Gummiflügel setzen auch die Galaxy Pods von Samsung ein, die den Halt etwas stabilisieren.

Zu Anfangszeiten der kabellosen Kopfhörer gab es Probleme, eine stabile Verbindung zwischen den beiden Ohrstöpseln zu halten und den Ton synchron abzuspielen. Denn dazwischen liegt der menschliche Kopf, der zum großen Teil aus dämpfendem Wasser besteht. Verbindungsabbrüche und unerwünschte Halleffekte traten bei den ersten Modellen wie The Dash regelmäßig auf. Mittlerweile scheinen aber alle Hersteller die Probleme in den Griff bekommen zu haben.

So gut wie alle kabellosen Kopfhörer verbinden sich via Bluetooth 5.0 und 5.1 mit dem Smartphone oder Tablet. In der Praxis machen die Versionen keinen spürbaren Unterschied. Apple setzt auf einen eigenen Übertragungsstandard, über den die FIrma wenig preisgibt. Selbst wenn es sich hierbei um eine leichte Abwandlung von Bluetooth handelt, koppeln sich auch Android-Geräte und PCs problemlos mit den Airpods.

Ein Nachteil jeder Funkverbindung ist, dass der Ton verzögert wiedergegeben wird. Je nach Bluetooth-Chip und Codec können solche Verzögerungen zwischen 30 ms und über 400 ms betragen. Diese Latenz meldet der Bluetooth-Chip bei seiner Anmeldung dem System. Bestimmte Abspielprogramme für Filme wie etwa Apples Video-Player für macOS und iOS können die Latenz berücksichtigen und die Bildausgabe verzögern, sodass Lippenbewegungen synchron zum Ton erscheinen. Wenn man YouTube-Clips im Browser ansieht oder einen Bluetooth-Kopfhörer direkt mit einem Fernseher koppelt, findet eine solche Synchronisierung oft nicht statt. Ab einer Latenz von etwa 80 ms fallen Verzögerungen dann bereits störend auf.

Mit dem Nahfeldfunk NFC wird lediglich die Bluetooth-Kopplung vereinfacht. Dann genügt es, das Lade-Case oder die Kopfhörer ans zu koppelnde Smartphone oder Tablet zu halten, damit sich die beiden Geräte verbinden.

Die winzigen Kopfhörer bieten nur wenig Platz – Kompromisse hinsichtlich Akku und Bedienung lassen sich also nicht umgehen. So fallen die Akkus mit maximal 100 mAh pro Stöpsel sehr klein aus. Die Hersteller sorgen jedoch vor, indem sie eine Ladeschatulle mit integriertem Akku mitliefern. Die Etuis einiger Hersteller haben bereits den modernen USB-Anschluss Typ-C, bei anderen muss man sich noch mit dem älteren Micro-USB begnügen. Passende Ladekabel gehören meist zum Lieferumfang, Netzteile üblicherweise nicht.

Die Schatulle erfüllt mehrere Zwecke: Sie ist schützende Unterbringung, wenn die Kopfhörer gerade nicht gebraucht werden, sowie stationäres und mobiles Ladegerät. Da die Kopfhörer keinen Platz für eine Ladebuchse bieten, werden sie über Kontakte im Case geladen. Laden und gleichzeitig Hören geht bei keinem Gerät.

Die winzigen Akkus in den Kopfhörern halten je nach Hersteller bis zu sieben Stunden durch. Für einen sehr langen Transatlantikflug ist das zwar zu kurz, für die meisten Zugfahrten, den Weg zur Arbeit oder einen Film reicht es aber. Anschließend laden die Akkus in den Schatullen die Kopfhörer zwei bis drei Mal wieder auf. Da man die Hörer sowieso darin unterbringt, sobald man sie aus den Ohren nimmt, sollten sie fast immer geladen sein, wenn sie benötigt werden.

Kabellose Bluetooth-Kopfhörer 2020 (25 Bilder)

Samsung Gear IconX

Die Kopfhörer isolieren die meisten Außengeräusche und sitzen fest genug für den Sport. Bewegungen erfassen sie automatisch. Koppelt man die Gear IconX mit einem aktuellen Samsung-Gerät, installiert dieses automatisch die App Samsung Gear, die unnötigerweise auf den Standort und die Kontakte zugreift und die Koppelung verhindert, wenn der Nutzer nicht zustimmt. Andere Android und iOS-Geräte verbinden sich problemlos.

Kabellose Kopfhörer beschränken sich in ihrer Bedienung auf einen Knopf oder eine berührungsempfindliche Sensorfläche. Unterschiedliche Befehle werden über Einzel- und Doppeltipps sowie längere Betätigung der Tasten ausgelöst. Physische Tasten sind den Sensorflächen eigentlich vorzuziehen, da letztere teils unpräzise auf die Bedienung reagieren. Allerdings bringen die Tasten einen Nachteil mit sich: Ihre Betätigung kann den Kopfhörer unangenehm ins oder aufs Ohr drücken.

Da man bei den meisten Bluetooth-Kopfhörern keine Audiokabel anschließen kann, eignen sie sich nicht für die Bord-Unterhaltungssysteme im Flugzeug.

Einige Hersteller werben mit den Sprachassistenten Amazon Alexa, Google Assistant oder Apple Siri. Die Geräte machen nicht mehr, als dem angeschlossenen Smartphone ein Signal zu geben und die Sprachbefehle weiterzuleiten. Die eigentlicheSpracherkennung übernimmt weiterhin das Smartphone beziehungsweise die Cloud.

Je nach Pegel der Umgebungsgeräusche kann man die Kopfhörer mehr oder weniger gut als Headset nutzen. Wenn es wirklich laut ist, muss man meist doch das Telefon ans Ohr halten.

Die kabellose Freiheit von Bluetooth bezahlt man noch immer mit hohen Latenzen und vergleichsweise kurzen Akkulaufzeiten. Die Ladeboxen der komplett kabellosen Modelle sind immerhin eine praktische Notlösung. Es bleibt das teilweise unangenehme Abschottungsgefühl und die dumpfe Verstärkung eigener Körpergeräusche.

Außerdem zahlt man etwa dreimal so viel wie für kabelgebundene Modelle mit gleicher Klangqualität. Gegenüber normalen Bügelkopfhörern empfehlen sich In-Ears trotz einiger bauartbedingter Nachteile vor allem dann, wenn Kopfhörer zu groß für den Transport, zu wuchtig für den Kopf oder zu störend bei körperlichen Aktivitäten sind.

(uk)