Wissenschaftler fordern freien Zugriff auf Veröffentlichungen

Fast 12000 Wissenschaftler aus 120 Ländern haben einen Offenen Brief an die Verleger von wissenschaftlichen Zeitungen unterschrieben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 104 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Fast 12.000 Wissenschaftler aus 120 Ländern – vornehmlich aus dem Bereich der Biowissenschaften – haben einen Offenen Brief an die Verleger von wissenschaftlichen Zeitungen unterschrieben. Sie fordern, dass die in den oft teuren Zeitungen veröffentlichten Artikel nach einem halben Jahr für alle kostenlos über das Internet zugänglich gemacht müssen. Das konkrete Vorbild stammt aus der Genforschung, denn verlangt wird eine Art "GenBank" der veröffentlichten Forschungsliteratur. Die Vision wird auf die erste umfassende Bibliothek zurückgeführt, die Bibliothek in Alexandrien.

Die Wissenschaftler haben in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Science einen Artikel publiziert, in dem sie ihren Standpunkt vortragen. Dazu haben die Herausgeber der Zeitschrift eine Antwort veröffentlicht. Die Diskussion muss schnell geführt werden, denn die Unterzeichner drohen damit, ab September 2001 nicht mehr als Autoren, Herausgeber oder Gutachter für Artikel aufzutreten, für die nicht sechs Monate nach Erscheinen unbeschränkte und kostenlose Distributionsrechte gewährt werden. Die Herausgeber von Science kritisieren natürlich den Boykottaufruf, der für eine sachliche Diskussion nicht gut sei, geben allerdings an, das Ziel der Wissenschaftler zu "bewundern", und räumen ein, dass "die evolutionären Kräfte uns auf das Ziel zutreiben könnten". Die Forderung hat auch schon Früchte getragen: Science kündigt an, gegen Ende des Jahres die zwölf Monate alten Artikel kostenlos auf die Webseite stellen zu wollen.

Für die Wissenschaftler steht im Vordergrund, dass erst durch eine zentrale Datenbank ein umfassender Überblick über die Forschungsliteratur, eine effektive Suche und eine enge Verknüpfung der Artikel möglich werde. Sie betrachten ihren Vorschlag als einen Kompromiss zwischen den Interessen der Verleger, der Wissenschaftler und der Öffentlichkeit. "Zum Ausgleich für ihre Rolle beim Herausgeben, Veröffentlichen und Peer Review erhalten die Verleger keinen Besitz an den originalen Forschungsberichten, die sie veröffentlichen, sondern ein sechsmonatiges Leasingrecht. Die Verleger erhalten diese Zeit von sechs Monaten, um ihre Kosten wieder einzuspielen und etwas zu verdienen, aber sie können nicht den permanenten Besitz an der einzig permanenten Aufzeichnung des wissenschaftlichen Fortschritts beanspruchen, der jährlich mit Milliarden von Dollar aus meist öffentlichen Geldmitteln finanziert wird und die ursprünglichen Ideen und Millionen von Stunden harter Arbeit von Hunderttausenden von Wissenschaftlern sowie die freiwillige Mitwirkung von Hunderttausenden von Patienten repräsentiert."

Mehr in Telepolis: Eine globale digitale Bibliothek für alle wissenschaftlichen Publikationen. (fr)