Snowden-App Haven: Einsatz kaum mit deutschem Recht vereinbar

Die Privacy-App Haven soll vor Spionage-Angriffen schützen. Der Gebrauch ist allerdings in Deutschland rechtlich problematisch - sogar Freiheitsstrafe droht.

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Snowden-App Haven: In Deutschland rechtlich kaum benutzbar
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Achim Barczok
  • Joerg Heidrich

Die Android-App Haven hat einen prominenten Paten: Edward Snowden. Die Software verwandelt ein Zweit-Smartphone in eine Überwachungswanze, die Bewegungen und andere Auffälligkeiten registriert und in ein Logbuch schreibt. Sie schneidet außerdem Unterhaltungen mit und fotografiert alles, was vor die Smartphone-Kamera läuft. Ist die Smartphone-Wanze einmal scharfgeschaltet, ist von außen nicht zu erkennen, dass das Handy gerade aufzeichnet.

Gedacht ist die App für Dissidenten, Investigativ-Journalisten und andere, die sicher sein wollen, dass die Wohnung oder die Bürotasche nicht heimlich durchsucht wurde. So weit, so ehrenhaft. Jedoch kann die App freilich genauso gut von Hobby-Schnüfflern, Spannern und paranoiden Ehepartnern missbraucht werden. Und der Einsatz in Deutschland, so die Einschätzung der c't, ist rechtlich höchst problematisch.

Die Rechtslage rund um die Benutzung von Haven ist alles andere als eindeutig. Ein grundsätzliches Verbot zur Nutzung der Software mit einem Handy dürfte es zwar nicht geben. Paragraf 90 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) verbietet den Besitz von Sendeanlagen, "die ihrer Form nach einen anderen Gegenstand vortäuschen" und die dazu geeignet und bestimmt sind, Gespräche mitzuschneiden und Bilder und Filme unbemerkt aufzunehmen. Hierunter fallen typische Überwachungsgeräte, die zum Beispiel in eine Uhr, eine Schlüsselattrappe oder jüngst auch eine Puppe eingebaut sind. Allerdings ist auch ein Handy mit Haven weiter ein Handy und eben gerade keine Vortäuschung eines Telefons.

Dies bedeutet aber nicht, dass auch die Nutzung problemlos möglich ist. Allem voran setzt der Datenschutz der Verwendung enge Schranken. Und auch die Grenze zur Strafbarkeit ist durch die Nutzung der Software schnell überschritten. Dies gilt vor allem für Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs (StGB), der die "Vertraulichkeit des Wortes" schützt.

Danach wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer "unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt". Das gleiche Strafmaß droht demjenigen, der unbefugt das "nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört". Demnach ist jede Aufzeichnung eines Gesprächs ohne Kenntnis und Zustimmung der beteiligten Personen strafbar, sofern diese etwa in einer Wohnung, einem Hotelzimmer oder einem ähnlich geschützten Ort erfolgt. Dies gilt natürlich auch dann, wenn der Audiomitschnitt als Ton eines Filmes erfolgt.

Dagegen ist das verborgene Filmen oder Fotografieren auch an geschützten Orten zwar datenschutzrechtlich heikel, aber nicht zwingend strafbar. Denn Paragraf 201a StGB schützt zwar auch vor Aufnahmen "in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum". Vorausgesetzt wird aber zusätzlich, dass durch die Aufnahme "der höchstpersönliche Lebensbereich der abgebildeten Person" verletzt wird. Hierunter fallen in der Regel Orte wie das heimische Bad oder Schlafzimmer, keinesfalls dagegen Räume in Hotels.

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Damit dürfte genau die Nutzung, die Snowden sich für die Haven-Software erhofft, in Deutschland kaum mit dem geltenden Recht vereinbar sein. Im Gegenteil droht vor allem bei Audioaufnahmen sogar eine potentielle Strafbarkeit.

Weitere Infos zur App Haven und deren Funktionsweise lesen Sie hier:

  • Edward Snowdens Überwachungs-App Haven soll vor Spionen schützen, c't 3/18 S. 54

(acb)