Studie: Gewalthaltige Spiele führen nicht zu Gewalttaten

Forscher der Universität York haben nach ihrer Ansicht in Experimenten die These widerlegt, dass Gewalt in Computerspielen aggressives Verhalten bei den Akteuren fördert. Auch besonders realistische Darstellungen änderten daran nichts.

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Studie: Gewalthaltige Spiele führen nicht zu Gewalttaten

Screenshot aus Call of Duty WW2.

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Die Liste der Studien über den Zusammenhang zwischen Gewalt und Computerspielen ist ebenso lang wie die Ergebnisse in die unterschiedlichsten Richtungen gestreut. Forscher der Universität York haben sich nun in die Debatte eingebracht und dabei nach ihrer Darstellung mit der sogenannten Priming-Theorie aufgeräumt, wonach die ein Videospiel maßgeblich prägenden Konzepte die Assoziationen und das Verhalten der Spieler in entsprechende Bahnen lenken. In zwei Experimenten, an denen 74 Personen im Labor beziehungsweise 460 online teilnahmen, haben sie für diese Annahme laut einem Aufsatz in der Zeitschrift Computers in Human Behavior keinerlei Nachweis gefunden. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall.

Laut dem Priming-Modell entwickeln Spieler eines sozialen Games wie des Brett- und Online-Spiels "Lemminge" anhand der darin gezeigten Konzepte wie "Helfen" oder "Retten" eine stärkere soziale Ader. Wer dagegen seine Zeit etwa mit "Call of Duty" verbringt und darüber ständig mit den Vorstellungen "Schießen" und "Töten" konfrontiert wird, bei dem sollen sich aggressive Züge entfalten. Es sei zwar möglich, dass ein Spieler des oft als frustrierend erlebten Rollenspiels "Dark Souls" zornig oder erregt werde und sich anschließend aggressiv verhalten könnte, schreiben die Yorker Wissenschaftler. Der Einsatz von Bomben oder Wurfmessern auf dem Bildschirm führe aber nicht dazu, dass sich Akteure derlei Tötungsmethoden als akzeptables Verhalten in der physikalischen Welt gleichsam antrainierten.

Die Forscher versetzten die Teilnehmer für ihre Experimente in je eines von zwei Labyrinthspiele, in denen sie als Mäuse Katzen oder als Autos Lkw ausweichen mussten. Im Anschluss testen sie die Reaktionen der Probanden in Aufgaben, in denen es darum ging, Bilder mit Tier- oder Fahrzeugbezug entsprechend zu kategorisieren. Sie erwarteten nun entsprechend der Priming-Theorie, dass die Spieler des Mäuse-Katzenspiels auf den gezeigten Aufnahmen Tiere schneller identifizieren und einschätzen könnten und sich die Reaktionszeiten der anderen Gruppe bei Fahrzeugbildern vergleichbar ändern würden.

Einen solchen "Bahnungseffekt" konnten sie aber nicht messen, eher dauerte die Einordnung sogar teils länger als bei unbeeinflussten Vergleichspersonen. Die Experten halten fest, dass Inhalte in Spielen offenbar generell die Akteure nicht auf gewisse Vorstellungs- und Verhaltensspuren bringen und so davon auch bei gewalthaltigen Games nicht auszugehen sei. Forschungsbedarf bestehe aber noch in punkto Langzeitbeobachtung und Virtual-Reality-Spielen.

In einer thematisch ähnlich gelagerten Studie untersuchte das Trio, ob eine realistischere Darstellung von Gewalt in Videospielen aggressiveres Verhalten auslösen und sozial unerwünschte Effekte haben könnte. Auch diese Überlegung erwies sich laut dem gleichzeitig publizierten Aufsatz dazu aber als nicht stichhaltig. Die Forscher verglichen in zwei Online-Experimenten mit insgesamt 2778 Teilnehmern die Reaktion von Spielern von Kampfspielen, in denen die Charaktere sehr menschenähnlich animiert beziehungsweise nur schemenhaft dargestellt waren. Im anschließenden Wort-Assoziationstest fanden sie keine signifikanten Unterschiede, wenn es um die Wahl von Begriffen ging, die mit Gewalt verknüpft werden.

(anw)