Weltwirtschaftsforum: Geschwindigkeit und beschleunigte Vernetzung als Gefahr

Vor 20 Jahren diskutierte das Weltwirtschaftsforum über die vernetzte Gesellschaft. Zum Auftakt in Davos 2018 rufen Wirtschaftslenker danach, die dauernde Beschleunigung und Bequemlichkeit der vernetzten Dienste zu hinterfragen.

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Weltwirtschaftsforum: Geschwindigkeit als Gefahr

(Bild: dpa)

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Von
  • Monika Ermert

Für die Optimierung von Plattformen und Diensten allein auf Geschwindigkeit und Komfort zahlen die Nutzer von Diensten einen hohen Preis, lautete der Tenor in einer Gesprächsrunde von Unternehmern zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos. Wie bei Spectre oder Meltdown auf einem technischen Level, wüchsen auch bei der Nutzung von Apps und Diensten wie Uber, Alexa und AirBnB die Risiken dadurch, dass die Sicherheit der Geschwindigkeit geopfert wird.

SalesForce.com-Chef Marc Benioff sprach sich in der Runde "In Technology we trust" dafür aus, dass Regulierer eingreifen müssten, wenn Missstände in Unternehmen wie beispielsweise bei Uber – vom verschleierten Datenleck bis zu fortgesetzter sexueller Belästigung – "übersehen" würden. Der neue Uber-CEO Dara Khosrowshahi räumte ein, dass die Enthüllungen über sein Unternehmen dem Unternehmen einen wichtigen Anstoß zu der aktuell laufenden Reform der Unternehmenskultur gegeben hätten. Er sprach von einem Ungleichgewicht zwischen Nutzern und großen Plattformen wegen der Informationsfülle auf Seiten der Unternehmen: "Es ist sozusagen kein fairer Kampf."

Bedingungsloses Wachstum als Unternehmensziel werde letztlich die Regulierung auf den Plan rufen, hoffen Benioff und Martin Sorrell, CEO des britischen Medien-/Werbeunternehmens WPP, der ebenfalls an der Runde teilnahm. Der Brite forderte darüber hinaus, Google und Facebook müssten anerkennen, dass sie Medien seien und sich die Inhalte auf ihren Plattformen zurechnen lassen.

Eine Welle von Regulierung der großen IT-Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Apple gehe gerade durch viele Länder, sagte der Generalsekretär des internationalen Gewerkschaftsverbandes UNI Global Union, Philipp Jennings in einem Gespräch mit MIT-Ökonom David Autor. Wettbewerbspolitisch könne eine Regulierung der großen Plattformen als "Grundversorger" auch in einem Bereich wie Werbung oder künstliche Intelligenz dabei durchaus sinnvoll sein, sagte Autor. Denn bei entsprechender Marktmacht behinderten die Riesen den für Qualität sorgenden Wettbewerb.

"Ich bezweifle aber, dass es für so etwas in den USA gerade den Appetit gibt. Wir bauen gerade rasant Regulierung ab." Staatliche Kontrolle großer Plattformen wie in China ist dabei seiner Meinung keine gute Alternative. Die Konzentration von Kapital in den Händen einer kleinen Gruppe von Unternehmen, die zudem zu Lasten vieler Jobs gehe, werde auch die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreiben, warnte Jennings. Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg, eine aus dem siebenköpfigen, rein weiblichen Vize-Vorstandsgremium des Weltwirtschaftsforums 2018, forderte in der Pressekonferenz eine "MeToo"-Kampagne für Korruption und Steuerhinterziehung.

Zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in Davos sprach dieses Jahr Indiens Ministerpräsident Narendra Modi und bot sein Land mit seinem demokratischen und sich noch stärker als bisher für den Freihandel öffnenden Modell als Alternative zu China und den USA an. Die Kontrolle von Daten und Datenströmen nannte Modi neben dem Klimawandel, dem internationalen Terrorismus, Freihandel und internationaler Partnerschaft zentrale Herausforderungen. Cyberattacken, Datenklau und Cyberbetrug rangieren im diesjährigen $(LEhttp://www3.weforum.org/docs/WEF_GRR18_Report.pdf:Global Risk Report des WEF weit vor Terrorattacken.

Ob Modis zahlreiche Ghandi- und Buddha-Zitate zu Harmonie und Abkehr von Nationalismus und Protektionismus den Adressaten, US-Präsident Donald Trump, erreichen, wird am am Freitag sehen. Dann will Trump erstmals in Davos sprechen. (anw)