Shadow of the Colossus angespielt: Arthaus-Klassiker erstrahlt in 4K mit HDR

Das Abenteuerspiel von Fumito Ueda gilt als eines der kunstvollsten Videospiele überhaupt. Jetzt hat Sony das Original von 2006 für die PS4 komplett überarbeitet und punktet nicht nur mit wunderschöner Grafik.

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Shadow of the Colossus angespielt: Arthaus-Klassiker erstrahlt in 4K mit HDR

(Bild: Peter Kusenberg / heise)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Peter Kusenberg
Inhaltsverzeichnis

In Shadow of the Colossus kämpft ein Junge gegen das Schicksal in Gestalt mythischer Giganten. Die David-gegen-Goliath-Tragödie aus dem Jahre 2006 gilt als Vorzeigetitel der japanischen Arthaus-Spiele. Für die PS4 wurde der Inhalt beibehalten, aber die Grafik auf den aktuellen Stand der Technik gebracht und umfangreich überarbeitet.

Entwickler Fumeto Ueda schuf ein zeitloses Abenteuer, das damalige Genre-Konventionen in Frage stellte. Anders als in handelsüblichen Action-Adventures beschränkt sich "Shadow of the Colossus" allein auf 16 Bosskämpfe gegen hochhaushohe Kolosse. Der Spieler steuert den jungen Wander, der in einem abgelegenen Tempel seine leblose Liebste auf einen Altar bettet und erfährt, dass er für ihre Erlösung 16 mythischen Wesen vernichten muss. Dabei verplempert er keine Zeit mit dem Sammeln von Waffen, Heiltränken oder Kleidungsstücken. Schnurstracks reitet er auf seinem Pferd durch eine menschenleere Landschaft, um die Riesen zum Duell zu fordern.

Shadow of the Colossus (PS4) (6 Bilder)

Um die Geliebte zu erlösen, muss der junge Mann 16 Kolosse töten.
(Bild: Peter Kusenberg / heise)

Annähernd 100 Meter hoch ragt der erste Koloss auf; er trägt eine Keule und schlurft schwerfällig über eine weite Ebene. Wander schwingt ein Schwert und nutzt einen Bogen, dessen Pfeile so wenig ausrichten wie Kieselsteine an einer Burgmauer. Also muss er die Schwachstellen des Kolosses ermitteln, wobei ihm sein Schwert hilft: Der Jüngling reckt es ins Sonnenlicht, woraufhin ein gebündelter Lichtstrahl auf die heikle Stellen am Körper des Giganten weist.

Kennt man erst einmal die Schwachstellen, gelingt der Totschlag mit Geduld und Spucke. Das heißt, der Spieler muss sich den Weg zur wunden Stelle bahnen, entlang des Brustfells zum Kopf klettern und sein Schwert hineinstoßen. Das Klettern und Springen strengt dabei auch den Spieler an, da er seine Finger um das Gamepad krampfen muss, damit Wander sich beim Rodeo-Ritt richtig festhält. Nur ein Fehltritt, und man darf wegen weit auseinanderliegender Zwischenspeicherpunkte den langen Aufstieg von vorn beginnen.

Die Bluepoint-Entwickler haben die spröde Steuerung des Originals zwar weitgehend erhalten, im Detail jedoch entschärft: Zumindest im einfachsten Schwierigkeitsgrad geht Wander nicht mehr so schnell die Puste aus, wenn er höhere Plattformen erklimmt. Am meisten tüftelt man daran, die Schwachpunkte der Viecher herauszufinden. Hat man diese erst einmal gefunden, lassen sie sich von geübten Spielern in ein paar Minuten niederringen – wenn sie unterwegs nicht stolpern oder sich nicht richtig festhalten können. So findet man auf Youtube und Twitch Speedrun-Experten, die alle Kolosse in ein- bis anderthalb Stunden niederringen. Bis zu solcher Meisterschaft heißt es aber üben, üben, üben.

Machtig aufgemotzt wurde die Grafik. Hier wurden nicht bloß ein paar Texturen ausgetauscht, sondern die gesamte Landschaft und alle Figuren neu modelliert. Bäume, Wiesen, Mimik und Tempelfassaden wurden wesentlich detaillierter gestaltet. Insbesondere beim Klettern durchs dichte Fell der Kolosse fällt auf, wie flauschig und haarig das Fell ist. Ebenso fluffig wiegen sich die Grashalme auf den Ebenen im Wind. Wasserläufe kräuseln sich an ihrer Oberfläche. Der Wald ist im Unterschied zum kargen Original mit Moosflechten und Farnwedeln bewachsen. An den dicken Bäumen erkennt man die Strukturen der Borke und das dichte Laub. Über den Himmel ziehen verschiedenartige Wolken, durch die das spielentscheidende Licht sickert. Entsprechend muss sich Wander dorthin stellen, wo genügend Sonnenstrahlen auf seine Klinge fallen, um die Schachpunkte der Kolosse zu enttarnen. Besonders beeindruckend wirkt das auf HDR-fähigen Fernsehern.

Wer will, kann im neuen Fotomodus unterwegs ein Erinnerungsbild knipsen. Zudem bietet das Spiel unterschiedliche Farbmodi an: Neben der normalen, etwas fahlen Farbpalette kann man das Spiel auf Wunsch beispielsweise auch wie einen Film-Noire wirken lassen, bei dem die Kolosse schwarze Schatten werfen und nur mit ihren Augen funkeln.

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Der Ritt durch diese bezaubernde Landschaft verläuft auf der PS4 Pro ruckelfrei. Die Entwickler betonen, dass sie das Spiel für Besitzer der Pro-Version optimiert haben. Im Cinematic-Modus sind dort in der FullHD-Auflösung bis zu 60 fps möglich. Bei 4K sinkt die Rate auf immer noch ausreichende 30 fps. Schaltet man im Setup die Bewegungsunschärfe hinzu, bewegt sich Wander noch geschmeidiger. Auf einer normalen PS4 oder auf der Slim-Variante fehlen zwar solche Highlights, aber auch dort ist "Shadow of the Colossus" ein kontemplatives Ausnahmespiel.

Wenig getan hat sich indes beim Sound. Die PS4 gibt ihn zwar mit 7.1 Kanälen in Surround aus, die mächtigen Kolosse hätten aber durchaus noch etwas mehr Schub aus dem Subwoofer vertragen können, wenn sie mit ihren Beinen aufstampfen. Und beim Ritt durch die Landschaft hätten weitere Windgeräusche die einsame Atmosphäre weiter verstärken können.

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Shadow of the Colossus ist gut gealtert. Noch heute sticht das Spiel wohltuend aus der Masse heraus. Dank dem Grafik-Update gehört das Remake zu den hübschesten Spielen auf der PS4, besonders wenn man die Pro-Version an einem 4K-Fernseher mit HDR betreibt. Dank kleinerer Verbesserungen in der Steuerung finden Neueinsteiger leichteren Zugang zum Spiel. Veteranen freuen sich über die Generalüberholung und fiebern um die besten Online-Zeiten, die nach Schwierigkeitsgrad unterteilt die schnellsten Siege gegen jeden Koloss auflisten.

Shadow of the Colossus (ab 24,98 €) erscheint am 7. Februar für Playstation 4. Es kostet rund 45 Euro und ist von der USK freigegeben ab 12 Jahren. Wir haben die ersten Stunden auf der PS4 Pro gespielt. (hag)