Magnet-Sensor soll Herz- und Hirnströme kontaktlos scannen

Hochempfindliche Sensoren könnten in Zukunft kontaktlos biomagnetische Signale des Menschen scannen und Rückschlüsse auf Herz- und Hirnströme ziehen. Ein neues Sensorsystem der Uni Kiel ist besonders empfindlich und verarbeitet die Daten direkt.

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Magnet-Sensor soll einmal Herz- und Hirnströme kontaktlos scannen

Der Kieler Sensor soll langfristig ohne Hautberührung biomagnetische Felder erkennen und messen können.

(Bild: Siekmann, Uni Kiel)

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Die feinen biomagnetischen Signale des menschlichen Körpers berührungslos auszulesen und daraus auch direkt Rückschlüsse auf Herz- und Hirnströme zu ziehen, daran arbeiten Forscher der Universität Kiel. Jetzt entwickelten sie ein Sensorsystem, das nicht nur magnetische Signale erkennt, sondern diese auch direkt analysiert.

Der schematische Aufbau des Sensors: Ein Dünnfilm aus magnetischem Material, der auf Magnetfelder mit einer Änderung seiner elastischen Eigenschaften reagiert, auf einem piezolektrischen Substrat.

(Bild: Uni Kiel, Sonderforschungsbereich 1261)

Kernstück des neuartigen Sensors ist ein magnetisches Material, das auf Magnetfelder reagiert, indem es seine elastischen Eigenschaften ändert und weicher wird. „Wir lassen Schallwellen über die Oberfläche des Sensors laufen. Tritt ein Magnetfeld auf, wird die Welle im magnetischen Material langsamer“, erklärt Doktorandin Anne Kittmann. Über die Änderung der Geschwindigkeit lasse sich ablesen, wie stark das Magnetfeld ist. Zusätzlich haben die Forscher das nötige elektronische Messsystem beschrieben, da für ein sinnvolles Ergebnis die Verarbeitung der Signale direkt auf dem Sensorchip entscheidend ist.

Hochempfindliche Sensoren könnten in Zukunft magnetische Signale des Körpers scannen, um daraus Rückschlüsse auf Herz- oder Hirnströme zu ziehen – und das ohne Hautkontakt. Zwar existieren bereits heute derartige Sensoren, doch die funktionieren nur mit supraleitendem Material, müssen also aufwendig auf -197 °C heruntergekühlt werden. In Kiel arbeiten daher Forschende aus der Elektrotechnik, Physik, Materialwissenschaft und Medizin eng zusammen, um Magnetfeldsensoren zu entwickeln die sich bei Raumtemperatur in der medizinischen Praxis einsetzen lassen.

Wenn es beispielsweise bei Verdacht auf Herzinfarkt schnell gehen muss, lässt sich die Herzaktivität mittels eines Elektrokardiogramms (EKG) untersuchen, bei dem Elektroden auf die Haut geklebt werden und dort direkt die vom Herzen erzeugten Signale messen. Einfacher könnten dagegen magnetische Messungen sein, die kontaktlos die Diagnose bei Notfällen aber auch bei Langzeituntersuchungen vereinfachen. Außerdem unterscheidet sich die elektrische Leitfähigkeit an verschiedenen Stellen des Körpers. „Magnetische Signale hingegen werden überall gleich gut weitergegeben“, betont Prof. Eckhard Quandt als Sprecher des Sonderforschungsbereiches.

Bis die biomagnetischen Sensoren aber im medizinischen Alltag ankommen, müssen sie noch kleiner und empfindlicher werden. Ansätze liegen darin, den Sensoraufbau weiter anzupassen und Erkenntnisse aus der Signalverarbeitung zu nutzen. Langfristig lautet das Ziel, mit den neuen Sensoren Magnetfeldstärken im Bereich von Piko- bis Femtotesla zu messen. Quandt ist zuversichtlich: „Wir können hier Grundlagen schaffen, um Magnetfeldsensoren auf lange Sicht in der kardiologischen und neurologischen Diagnostik zu etablieren.“ (agr)