Tracking im Supermarkt: Wie Händler ihre Verkäufe durch Kundenortung ankurbeln wollen

Der stationäre Handel hat das Smartphone als Schnittstelle zum Kunden entdeckt. Die Gewohnheiten im Laden sollen per Indoor-Tracking ermittelt werden, um personalisierte Angebote zu unterbreiten. Persönliche Daten können dadurch gefährdet sein.

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Tracking im Supermarkt: Wie Händler ihre Verkäufe durch Kundenortung ankurbeln wollen

(Bild: Pixabay / CC0)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Lisa Forster
  • dpa
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Wie wäre es mit neuen Kopfhörern? Diese Woche besonders preiswert! Läuft man zufällig an einer Media-Markt-Filiale vorbei, könnte es sein, dass so eine Nachricht auf dem Smartphone aufpoppt. Denn Media Markt nutzt Geofencing: Befindet sich ein Smartphone in der Nähe eines Ladens, werden dem potenziellen Kunden per Push-Nachricht Angebote geschickt. Der Kunde muss dazu allerdings die Media Markt-App installiert und die Push-Funktion aktiviert haben.

Das Smartphone wird für den Handel immer wichtiger. Zum einen kaufen immer mehr Kunden über das Smartphone ein: Der Anteil des Online-Umsatzes, der über mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones erzielt wurde, lag 2017 nach Angaben des Handelsverbandes bei rund 40 Prozent. Im Vergleich zu 2016 war das ein Plus von 15 Prozent. Zum anderen ist das mobile Gerät eine Schnittstelle zum Kunden, die sich der stationäre Handel zunutze machen kann. Die meisten Kunden haben ihr Gerät stets dabei und sind damit potenziell für Werbung via Smartphone ansprechbar. Immer mehr Läden wollen dieses Potenzial nutzen, sagt Ulrich Spaan vom Handelsforschungsinstitut EHI.

Dabei beschränken sich die Händler nicht nur auf Push-Nachrichten. Zum Beispiel könnten sie die Smartphone-Aktivitäten ihrer Kunden im Laden aufzeichnen. Spaan schätzt, dass etwa 20 Prozent der Einzelhändler in Deutschland derzeit mit Tracking-Methoden in ihren Läden experimentieren.

"Während im Online-Handel mit Analyse-Tools Besuche, Klicks und Kaufraten genau gemessen und der Shop entlang dieser Kennzahlen kontinuierlich optimiert wird, sind stationäre Händler traditionell stärker auf ihr Bauchgefühl angewiesen", sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Deutschland.

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Klar, dass die Händler das ändern wollen. Eine Möglichkeit ist das Tracking per WLAN. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Mobiltelefon des Kunden im WLAN des Geschäftes eingeloggt ist oder nicht. Eine der Firmen, die daraus anonymisierte Bewegungsprofile für Händler errechnet, ist die Firma Minodes, die zu Telefónica gehört. Zu ihren Kunden gehören unter anderem Karstadt Sports und Escada. "Mit Hilfe der Datenanalyse kann der Betreiber Kundenströme besser verstehen und beispielsweise Sortiment, Öffnungszeiten, Ladengestaltung, Personaleinsatz oder Marketing nach den Bedürfnissen der Kunden anpassen", erklärt eine Sprecherin.

Doch Ziel der Händler sei, nicht mit anonymen, sondern personalisierten Daten zu arbeiten, sagt Spaan. Dafür müssten die Käufer allerdings einwilligen. "Das ist das Ziel der meisten Unternehmen", erklärt er: "Dass der Kunde in den Laden tritt, und der Händler sein Gesamtprofil sehen kann." Das könnte vor allem durch Apps funktionieren, die viele Händler inzwischen anbieten. Mit ortsspezifischen Angeboten und Coupons wollen sie Kunden locken, sich anzumelden. Unter anderem bei Edeka und Netto kann man auch per App bezahlen. Das heißt nicht, dass die Händler persönliche Daten weitergeben, doch sie können den einzelnen Smartphones bestimmte Einkaufsverhalten zuordnen.

Inzwischen sei man in der Lage, über verschiedene Technologien genauer zu tracken, wie sich ein einzelner Kunde verhält, sagt Spaan. Etwa durch Beacons: kleine Bluetooth-Sender, die an den Wänden der Läden montiert oder unsichtbar in die Beleuchtung oder elektronische Preisschilder integriert sein können. Die Bluetooth-Ortung funktioniert ähnlich wie bei der WLAN-Lösung, lässt aber eine deutlich genauere Positionsbestimmung des Kunden in den Verkaufsräumen zu.

"Technologien wie Beacons, die über eine App direkt mit dem Kunden kommunizieren, können durch die Kombination von Informationen über Bedürfnisse und Interessen mit der Position des Kunden im Geschäft passgenaue Angebote, Nachrichten und Empfehlungen unterbreiten", sagt Tromp vom Handelsverband. Hit Sütterlin in Aachen arbeitet damit. "Wir nutzen die Beacon-Technologie zum Beispiel dazu, Sie beim Betreten des Veranstaltungsortes mit einer kurzen Nachricht zu begrüßen und / oder Ihnen Informationen zu der von Ihnen besuchten Veranstaltung zu überlassen", heißt es in der Datenschutzerklärung der App.

Eine andere Möglichkeit nutzt eine Filiale von Edeka Paschmann in Düsseldorf: Philips hat dort ein LED-Beleuchtungssystem installiert, mit dem das Kundenverhalten analysiert wird. Die LED-Lichter senden Signale an die Smartphone-Kameras aus, die wiederum ihre Position übermitteln, sofern der Kunde die App geöffnet hat. Kunden werden über eine integrierte Indoor-Navigationslösung schneller zu Produkten geführt, die sie suchen. Gleichzeitig erhält Edeka Informationen über die Wege, die die Kunden zurücklegen.

"Am Ende des Tages ist das nichts anderes als das, was im Onlinehandel längst passiert", sagt Spaan. Doch im öffentlichen Raum verhielten sich die Verbraucher oftmals sensibler als im Internet. Das Thema Datenschutz werde vielen Leuten wichtiger, wenn sie im "echten" Leben damit konfrontiert werden.

Daniel Arp vom Institut für Systemsicherheit an der Technischen Universität Braunschweig empfiehlt, man solle sich sehr genau überlegen, welche Daten man welchem Unternehmen anvertraut. Mit mehreren Kollegen hat er Tracking-Methoden von Smartphones untersucht. "Sobald persönliche Daten erst einmal im Umlauf sind, ist es schwer, wieder die Kontrolle über sie zu bekommen und potenziell steigt die Gefahr, dass die Daten missbraucht werden." (olb)