Bypass wächst aus menschlichen Zellen

Im Bioreaktor gezüchtete Gefäßprothesen können künftig synthetische Bypässe ersetzen, vor allem wenn sie aus körpereigenen Zellen des Patienten gebildet werden. So lassen sich Komplikationen verringern.

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Der Bypass aus menschlichen Zellen

Bypässe aus körpereigenen Zellen des Patienten eröffnen verbesserte Behandlungsformen für Durchblutungsstörungen.

(Bild: NIFE – Niedersächsisches Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und Entwicklung)

Lesezeit: 2 Min.

Der biologisch kompatible Bypass, gezüchtet aus Zellen des Patienten selbst, soll künftig Durchblutungsstörungen beheben ohne die Komplikationen, die sich aus synthetischem Material in den Adern ergeben. Mit diesem Ansatz hat ein Forscherteam der Leibniz-Universität Hannover den Technikpreis des VDI 2017 gewonnen.

Durchblutungsstörungen in den Arterien führen im schlimmsten Fall zu Herzinfarkt oder Schlaganfall. Hier helfen Bypässe, die heute aus synthetischen Materialien wie Goretex hergestellt werden. Bei deren Einsatz muss aber die Blutgerinnung durch Medikamente dauerhaft herabgesetzt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass sich der Bypass zusetzt und es erneut zu einem Gefäßverschluss kommt. Zudem stehen die synthetischen Bypässe in der Gefahr, als Herd von Infektionen zu dienen. Venenmaterial, das man den Patienten an anderer Stelle entnehmen könnte steht aber oft nicht in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung.

In Hannover geht man nun einen ganz anderen Weg: Auf einer röhrenförmigen Gerüststruktur werden Zellen des Patienten angesiedelt. Im Bioreaktor entwickelt sich daraus ein Bypass, der implantiert werden kann. Die ursprüngliche Gerüststruktur kann entfernt werden, sodass die Gefäßprothese vollständig aus körpereigenem Material besteht.

"Im Bioreaktor müssen Bedingungen herrschen, die denen im menschlichen Körper nachempfunden sind", erläutert Prof. Dr. med. Cornelia Blume vom Institut für Technische Chemie. Die sensible Regelungs- und Sensortechnik – der Bioreaktor wird per Ultraschall überwacht und darf während des Prozesses so gut wie nicht geöffnet werden – ist am Institut für Mikroelektronische Systeme entwickelt worden.

So entsteht in zwei bis drei Wochen ein Bypass, Herzschlag und Blutdruck werden bei dieser Technik simuliert. Der weitere Reifungsprozess finde dann nach der Implantation im Körper des Patienten statt, denn in diesem Fall "ist der Mensch der beste Bioreaktor", ergänzt Prof. Cornelia Blume. (agr)