Die manierliche Maschine

War das Gerempel mit einem höflichen Roboter der Moment, von dem wir später sagen werden: Da hat es angefangen?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Glaser

Der Roboter ist in mehrfacher Hinsicht befremdlich. SpotMini von Boston Dynamics kann Türen öffnen, eine algorithmisch wie mechanisch nicht triviale Aufgabe. Boston Dynamics, das sind die mit den Robotern, die einem das Gefühl geben: Jetzt kommen sie bald und holen uns.

Google, vormals Besitzer des Unternehmens, bekam kalte Füße, als ein Video auftauchte, das den Roboter Atlas in Aktion zeigte, unter anderem, wie er umgeschubst wird und sofort wieder aufsteht. In irrrümlich veröffentlichten E-Mails verlangte ein PR-Mitarbeiter von Alphabet, Googles Konzernmutter, sich von dem Video zu distanzieren. "Wir sehen auch negative Reaktionen dazu, es ist gruselig, die Maschine, bereit, dem Menschen die Jobs wegzunehmen… Auf die meisten Fragen, die das Video verursacht, möchten wir erst garnicht antworten müssen."

Auch die Frage, weshalb SpotMini, dessen Bewegungen an einen Hund erinnern, mit einer fast schon anachronistischen Geste gesitteten Verhaltens aufwartet, ist delikat. Wer heute einer Dame die Tür aufhält, hat gute Chancen, eine zur Frau enthöflichte Dame zu erleben, die anmerkt, dass sie sich die Tür alleine aufmachen kann.

Handelt es sich bei dem Video um ein robotisches Ablenkungsmanöver, das den vermeintlichen Jobkiller als Wesenheit zeigt, die, harmlos, geräumte soziale Positionen wieder besetzt? Wobei der Roboter keiner Frau die Türe öffnet, sondern einem Artgenossen, was wiederum Transgenderfragen der technischen Art aufwirft.

Der gelbe, vierbeinige SpotMini – der dort, wo sonst Nacken und Schultern sind, eine Reihe von Sensoren hat –, ist eine miniaturisierte Version von BigDog, einem roboterisierten Packpferd, dessen Entwicklung 2005 begann und das ursprünglich für die US Army gedacht war. 2015 lehnte das Militär die Weiterentwicklung ab – die Maschine sei zu laut. Die Marines "nahmen sie als das, was sie ist: Ein lauter Roboter, der ihre Position verrät."

Boston Dynamics gehört seit 2017 dem asiatischen Konglomerat SoftBank, einem riesigen, multinationalen Unternehmen, das in den letzten Jahren auf Akquisitionstozr war. Unter anderem gehören dazu die britischen Chipdesigner von ARM, die Aktienmehrheit an dem US-Telekomunternehmen Sprint sowie maßgebliche Anteile an Uber, Nvidia, Slack and WeWork.

Nun ist ein neues Video auf Youtube zu sehen, in dem das türöffnende Gentleman-Gerät dabei zu sehen ist, wie es von einem Menschen mit einem Hockeyschläger grob gestört wird. Noch zeigt der Roboter keine Renitenz, nur Hartnäckigkeit und erstaunliche Stabilität.

Oder ist es vielleicht doch der Moment, in dem sich die Roboter entschieden haben, Widerstand gegen ihre menschlichen Schöpfer zu leisten? Man hat ein wenig Mitgefühl mit der Maschine und würde es ihr nicht übelnehmen, wenn sie nachtragend wäre. Man sollte sich den Tag auf jeden Fall im Kalender anstreichen.

(bsc)