MWC

Sailfish 3 bringt Android-Apps auf Handys

Jolla hat auf dem MWC die dritte und erweiterte Version seines mobilen Betriebssystems Sailfish OS präsentiert. Das soll mit deutlich mehr Geräten kompatibel sein, darunter auch Feature-Phones ohne Touchscreen. Sogar WhatsApp läuft damit auf dem Handy.

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Sailfish 3 bringt Android-Apps auf Handys

Kein proprietäres Handy-Betriebssystem, sondern Sailfish 3 mit Android-Unterstützung auf dem Nokia 3310.

(Bild: asp)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Mit der dritten Generation seines alternativen mobilen Betriebssystems Sailfish OS will Jolla in Zukunft deutlich mehr Formfaktoren und Gerätetypen unterstützen. Außer Tablets und Smartphones werden künftig unter anderem Feature-Phones in den Genuss eines angepassten Sailfish 3 kommen. Das funktioniert auch ohne Touch-Eingaben allein über die Steuertasten. Trotzdem laufen auch Android-Apps auf solchen Handys.

Der finnische Hersteller hat Sailfish 3 stark überarbeitet und deutlich erweitert, damit es einerseits funktional gegenüber Android und iOS aufholt, andererseits aber auch auf einer deutlich breiteren Gerätebasis läuft. So gibt es Unterstützung für Hardware-Tastaturen und einen Breitbild-Modus. Das kommt etwa dem Kickstarter-finanzierten Gemini PDA zugute, einer Art Mini-Laptop, das nun auch mit Sailfish anstatt Linux oder Android arbeitet. Auch auf Bezahl-Terminals wird künftig eine Variante von Sailfish laufen.

Für Smartphone-Nutzer wurde die Oberfläche überarbeitet und das Multitasking verbessert. Die Performance soll um ein Drittel besser geworden sein. An allen Ecken gibt es Updates: Neue APIs für Kamera, Standortbestimmung, VPN und Webbrowser bieten ebenso neue Möglichkeiten, wie VoLTE und BluetoothLE. Zudem können Inhalte wie Fotos und Bookmarks mit der Cloud synchronisiert werden. Verbessert wurde das Sicherheitsmodell. Eine Datenverschlüsselung und ein Fingerabdruckscanner wurden ergänzt, VPN integriert sowie Mobile Device Managment (MDM) eingeführt.

Smartphones und Tablets mit vorinstalliertem Sailfish OS wird es weiterhin geben, auch wenn Jolla selbst sein Hardware-Geschäft in den Sand gesetzt hat. Stattdessen gibt es Lizenznehmer, die das System umfangreich anpassen dürfen und anders als bei Google auch keine Jolla-Dienste mitliefern müssen.

Jolla hat Sailfish OS die Unterstützung für mehr Formfaktoren und Gerätekategorien beigebracht. Vom großen Smartphone, bis zum kleinen Handy.

(Bild: Jolla)

Von der neuen Variabilität können prinzipiell auch Feature-Phones profitieren, also Mobiltelefone ohne Touchscreen und mit rudimentärem App-Support. Wegen ihres günstigen Preises sind sie immer noch weit verbreitet, gerade in Entwicklungsländern. HMD Global erreicht mit seiner Marke Nokia und Neuauflagen des 3310 und 8110 weiterhin viel Aufmerksamkeit.

Der Clou ist, dass Sailfisch in Version 3 weiter kompatibel zu Android ist und entsprechend viele Apps auf dem System laufen. Zwar beherrschen die Feature-Phones kein Multitasking und einige Apps laufen schon wegen der schwachen Hardware nicht, doch wie Jolla am Beispiel von WhatsApp zeigt, ist es prinzipiell machbar. Der WhatApp Messenger lief beim Ausprobieren auch erstaunlich rund, von einigen Ladezeiten mal abgesehen. Generell beschränke nach Angaben des Jolla-CEO Sami Pienimäki nicht Sailfish den Einsatz von Android-Apps, sondern nur die schwache Hardware.

Dabei gibt man offen zu, dass das Nutzererlebnis nicht ideal und auch die T9-Tastatur reichlich umständlich beim Gebrauch eines Messengers zu bedienen ist. Ziel sei aber eher, Erreichbarkeit sicherzustellen. Interessant ist der Support für Voice over LTE (VoLTE), mit dem die einfachen Mobiltelefone auch für die kommenden Jahren gut gerüstet wären, wenn mehr und mehr 2G- und 3G-Netze abgeschaltet werden.

Gezeigt wurde Sailfish auf einem Nokia 3310, ob diese Kombination jemals in den Handel kommt, steht in den Sternen. Selber aufspielen ist jedenfalls nicht möglich und was das System letztendlich unterstützt und was für Apps verfügbar sein werden, entscheidet der Hersteller, der Sailfish von Jolla lizenziert.

Das Lizenzgeschäft läuft derweil zufriedenstellend, sagt Jolla. Vor allem in Russland habe man einige Partner gefunden, die das System für ihr Zwecke nutzen, auch Smartphones sind dabei. In Lateinamerika arbeitet man mit Jala zusammen, die ebenfalls ein Smartphone für Sailfish 3 entwickeln.

Mit dem Sony Xperia XA wird zudem künftig ein weiteres Gerät im Rahmen des Sailfish-X-Programms nachträglich auf Sailfish OS umrüstbar sein. Sony erlaubt im Rahmen des Sony Open Device Program das Öffnen des Bootloaders und Aufspielen von alternativer Software. Interessierte Nutzer können sich das passende System bei Jolla kaufen und installieren.

Erst ab Herbst 2018 wird Sailfish 3 verfügbar sein, auch wenn das System schon einen ziemlich runden Eindruck machte. Nutzer von Sailfish 2 und der Download-Version Sailfish X werden das Update kostenlos bekommen. (asp)