Hype-App Vero: Wer steckt hinter dem "neuen Instagram"?

Das soziale Netzwerk Vero spaltet das Internet: Die einen sind total begeistert, die anderen verzweifeln an technischen Problemen. Doch wer steckt eigentlich hinter dem Hype-Netzwerk?

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Hype-App Vero: Wer steckt hinter dem "neuen Instagram"?
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Vero ist in aller Munde, doch richtig rund läuft es bei dem sozialen Netzwerk noch nicht: Die durchaus schicke App stürzt ab, lädt keine Inhalte oder verheddert sich in Ladeschleifen, die mit einem Server-Error enden. Seit dem vergangenen Wochenende ist der Ansturm auf Vero enorm – und das ganze Netz diskutiert. In den sozialen Medien gehen die Meinungen auseinander: Die einen sind schon genervt vom Hype oder regen sich über die technischen Probleme auf; die andere sind begeistert vom Vero-Konzept und hoffen auf ein neues Instagram, ein neues Facebook, ein neues Pinterest.

Vero will "echt" sein, das Werbemotto lautet "True Social". Die Plattform verzichtet auf Werbung, "Data Mining" und auf Algorithmen, die Inhalte nach intransparenten Kriterien sortieren. Stattdessen gibt es einen chronologischen Stream, wie damals bei Twitter. Damit bietet Vero ein reizvolles Gegenkonzept zu Facebook und Instagram. Geld wollen die Vero-Macher mit Verkaufsprovisionen und einer kommenden Mitgliedergebühr verdienen.

Doch wer steckt eigentlich hinter Vero? Kein Nerd in einer kalifornischen Garage, sondern der libanesische Milliardär Ayman Hariri sowie zwei weitere Gründer. Er ist der Sohn von Libanons ehemaligem Ministerpräsidenten Rafik Hariri, der 2005 bei einem Attentat ums Leben kam. (Der aktuelle libanesische Ministerpräsident, Saad Hariri, ist der Halbbruder von Ayman Hariri.)

Das Team hinter Vero: Auch der Milliardär Ayman Hariri gehört zu den Mitgründern.

Bis zum Sommer 2017 war der Vero-Mitgründer stellvertretender Geschäftsführer der Baufirma Saudi Oger, die einige Großprojekte in Saudi-Arabien umgesetzt hat. In die Kritik geriet das Unternehmen im August 2016: Es soll seinen Arbeitern monatelang keine Löhne gezahlt haben. Reuters berichtet, dass die Arbeiter in "verdreckten Wüsten-Lagern" untergebracht waren. Kakerlaken krochen über die Bettdecken, wilde Katzen streunten umher. Lebensmittel, Wasser und Medikamente seien knapp gewesen. Die Baufirma stoppte die Versorgung der oft aus Südasien stammenden Arbeiter dann sogar komplett – ethisch äußerst fragwürdig. Nach Missmanagement und Korruption stellte Saudi Oger den Betrieb am 31. Juli 2017 schließlich ein, schreibt die Neue Zürcher Zeitung.

Seine Motivation zur Gründung von Vero beschrieb Hariri in einem Interview: "Ich war frustriert davon, wie die großen Netzwerke mit der Privatsphäre ihrer Nutzer umgehen." Dass Vero nun (kurzfristig) ein so großer Erfolg wird, überraschte den Milliardär: "Wir konnten uns nicht darauf vorbereiten", erzählte er Forbes. Inzwischen wurden die Server-Kapazitäten erhöht und die App ist durchaus benutzbar.

Vero ist nicht neu, die iOS-App dümpelte seit 2015 weit hinten in den App-Charts herum. Im September 2017 veröffentlichte Regisseur Zack Snyder ("Watchmen", "300") seinen Kurzfilm "Snow Steam Iron" exklusiv auf Vero. Der Fotograf Robert Whitman verkauft seinen Prince-Bildband "Pre-Fame" ebenso auf Vero – und nur dort. Zwei kleine Erfolge für die kleine App. Den jetzigen Hype von Vero haben offenbar einige Influencer auf Instagram befeuert oder erst verursacht. Sie hatten ihren Followern von Vero berichtet. Auf Nachfrage von t3n gaben einige von ihnen an, dafür kein Geld von Vero bekommen zu haben. Abwegig wäre eine (bezahlte) Influencer-Kampagnen indes nicht: Zahlreiche Unternehmen nutzen die hohen Reichweiten von Instagrammern ganz selbstverständlich für Werbekampagnen.

Ein weiterer Grund für den steigenden Erfolg ist auch die sogenannte "Fear Of Missing Out", also die Angst, etwas zu verpassen. Wenn alle von Vero reden, steigt der Drang, sich die App auch mal anzuschauen. Zudem baut Vero einen gewissen Druck auf: Die erste Million bekam den Zugang noch kostenlos; die nachfolgenden Mitglieder sollen einen derzeit noch ungenannten Jahresbetrag zahlen. Die Million ist inzwischen erreicht: "Vero has surpassed one million registered users", verkündet die Website. Eine kostenlose Anmeldung ist aber weiterhin möglich, denn die Aktion wurde "bis auf weiteres" verlängert. Den irgendwann fälligen Preis will Vero zeitnah bekanntgeben.

Ob der Hype um Vero lange anhält, bleibt abzuwarten. Schon vorher haben soziale Netzwerke versucht, die Leute von Facebook, Instagram & Co. wegzulocken. Bislang ist es keinem dieser Davids gelungen, dem Goliath Facebook auch nur in leichte Bedrängnis zu bringen. Da war etwa Ello, an das sich nun viele erinnert fühlen: Das Netzwerk setzte auf Privatsphäre und verzichtete wie Vero auf Werbung – konnte damit aber nicht genug Nutzer überzeugen. Diaspora bietet einen dezentralen Ansatz eines sozialen Netzwerks, war für die Masse aber ebenso wenig zugänglich. Die Twitter-Alternative Mastodon setzt ebenfalls auf einen dezentralen Ansatz, der jedoch einigen Aufwand bedeutet. Die Masse bleibt bei Facebook &Co., wenngleich der Bedarf nach einem "Anti-Facebook" da ist, wie das Interesse an Vero abermals zeigt.

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(dbe)