De-Mail für den Rechtsverkehr nutzen

Seit Anfang 2018 kann man per De-Mail einfach und kostengünstig am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen. Wir zeigen, wie Sie die Tücken umgehen, die in der Praxis lauern.

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De-Mail für den Rechtsverkehr nutzen

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Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Tim Gerber
Inhaltsverzeichnis

Mit Beginn des Jahres 2018 haben sich einige Neuerungen bei der Zulassung elektronischer Dokumente in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ergeben. Für Privatleute und auch für kleinere Unternehmen bergen diese Neuerungen einige Vorteile.

Die wichtigste Neuerung: Man benötigt keine qualifizierte elektronische Signatur mehr, um Dokumente zum Beispiel als PDF gleichwertig zum klassischen Schriftstück mit Unterschrift an den jeweiligen Empfänger zu übermitteln. Voraussetzung ist im Wesentlichen, dass die Dokumente per De-Mail verschickt werden.

Einfache E-Mails sind nach wie vor nicht dort zugelassen, wo das Gesetz die Schriftform verlangt. Die De-Mail ersetzt aber anders als oft vermutet nicht die gewöhnliche E-Mail, ist also nicht die "besser E-Mail". Vielmehr ist sie der bessere Brief: Sie ist ungleich schneller als die Schneckenpost, sicherer nachweisbar und kann in vielen Fällen die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform ersetzen. Und sie sollte auch das betagte Fax ablösen.

Zunächst sucht man sich einen Provider aus der Liste der zertifizierten De-Mail-Dientsleister. Am einfachsten ist es, wenn man dort schon einen Kundenaccount hat. Wer bereits kostenpflichtige Dienste eines Anbieters wie der Telekom oder 1 & 1 nutzt, bekommt den De-Mail-Zugang meist sogar kostenlos. Sonst kostet er ein paar Euro. Wenn man keinen Kunden-Acoount bei einem Anbieter hat, muss man sich zunächst für einen normalen E-Mail-Account anmelden.

Dort führt ein Menüpunkt zur Anmeldung für den De-Mail-Dienst. Zunächst legt man die Adresse fest. Sie muss auf den Vor- und Nachnamen des Inhabers lauten und kann zur Unterscheidung noch mit einer Zahl versehen werden. Eine typische De-Mail-Adresse lautet also Max.Mustermann@provider.de-mail.de. Die Endung de-mail.de ist fest. Pseudonyme sind zwar möglich, sie sind aber am zwingend vorgeschriebenen Präfix pn_ als solche erkennbar (beispielsweise pn_mein.pseudonym@provider.de-mail.de). Die Provider erlauben in der Regel zwei Pseudonyme pro Kundenkonto.

Nach Eingabe der Nutzerdaten generietr das System eine Formular für die notwendige Identifizierung, die durch einen Mitarbeiter des Providers geprüft werden muss. Am schnellsten zumindest in Ballungsgebieten dürfte dafür die klassische Vorsprache in einem T-Punkt respektive einem kooperierenden Paketshop gehen. Dort muss man seinen Personalausweis oder elektronischen Aufenthaltstitel nebst Reisepass zum Identitätsnachweis vorlegen.

Anschließend kann es ein paar Wochen dauern, bis der Provider das De-Mail-Postfach eingerichtet hat und die Zugangsdaten per Post zuschickt. Erst danach kann man das neu eingerichtete De-Mail-Postfach nutzen.

Bei der Einrichtung muss man angeben, ob man in das öffentliche Verzeichnis eingetragen werden will und ob man damit einen Zugang für den Empfang elektronischer Dokumente nach dem De-Mail-Gesetz eröffnen möchte. Achtung, das hat Konsequenzen: Wer sich selbst im öffentlichen Verzeichnis mit dem Vermerk eintragen lässt, einen Zugang für elektronische Dokumente zu eröffnen, muss das De-Mail-Postfach wie den Briefkasten regelmäßig auf eingehende Post prüfen. Was im De-Mail-Briefkasten liegt, gilt in diesem Fall als zugestellt. Anderes als der Blechkasten an der Haustür ist ein De-Mail-Postfach aber in der Lage, seine Nutzer über den Posteingang zu benachrichtigen, beispielsweise mit einer einfachen E-Mail.

Das De-Mail-Postfach bedient man per Browser, eine spezielle Software ist nicht notwendig – und auch nicht zu empfehlen, weil damit nur Risiken, aber kaum Vorteile einhergehen dürften, wie das Chaos mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach zeigt.

Das weite Feld des Zivilrechts deckt den Rechtsverkehr von Privatleuten untereinander oder mit privaten Unternehmen, Händlern, Käufern, Vermietern, Arbeitgebern und dergleichen ab. Hier gelten andere Regeln für die gesetzlich oder vertraglich festgelegte Schriftform und deren Ersetzung durch elektronische Dokumente, als für die Kommunikation mit Behörden und Gerichten.

So ist die Schriftform im Zivilrecht im Allgemeinen nicht erforderlich. Es können alle möglichen Verträge völlig formfrei, also auch per einfacher E-Mail geschlossen und auch wieder beendet werden. Eine Spezialität ist die Textform, die der Gesetzgeber etwa für den Widerruf bei Verträgen im Online-Handel vorschreibt. Sie schließt aber lediglich mündliche oder telefonische Erklärungen aus, ein Text in einer einfachen E-Mail genügt der Form.

Die Schriftform ist vor allem in speziellen, aber weitverbreiteten Rechtsverhältnissen angeordnet, die einen besondere Bedeutung haben wie das Recht der Wohnraummiete oder der Arbeitsvertrag. Hier können Kündigungen und andere Erklärungen meist nicht elektronisch übermittelt werden. Dasselbe gilt, wenn die Schriftform zwar nicht im Gesetz, aber im jeweiligen Vertrag oder auch der Satzung eines Vereins vorgesehen ist. Im Zweifel ist man hier mit einem Brief auf der sicheren Seite, auch wenn man dabei wesentlich größeren Aufwand mit dem Nachweis der Zustellung hat und auch etwaige Fristen wegen der längeren Laufzeit schwerer einzuhalten sind.

Die folgenden Hinweise zur Nutzung von De-Mail beziehen sich ausschließlich auf den Rechtsverkehr im öffentlichen Bereich in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren.

Im Bereich des öffentlichen Rechts, also vor allem in Verwaltungsverfahren, aber auch in den meisten Verfahren vor den Gerichten ist die Sache einfach. Hier ordnen Verfahrensordnungen wie zum Beispiel die Zivilprozessordnung in § 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO oder das Verwaltungsverfahrensgesetz in § 3a Abs. 4 Nr. 1 an, dass die Schriftform unter folgenden Bedingungen durch elektronische Dokumente ersetzt werden kann:

  • Der Absender muss einen Nachweis liefern, dass er die Dokumente mit sicherer Anmeldung verschickt hat
  • Die übersandten Dokumente müssen einem zugelassenen Format entsprechen.
  • Sichere Anmeldung

Beim Einloggen zum De-Mail-Postfach ist normalerweise eine einfache Anmeldung per Benutzername und Passwort erforderlich. Mit dieser Anmeldung kann man einfache De-Mails an andere De-Mail-Nutzer senden.

Wo im Rechtsverkehr normalerweise die Schriftform vorgeschrieben ist, beispielsweise für die Einreichung einer Klage, sind solche Mails wirkungslos. Die Mail muss stattdessen mit bestätigter Identifizierung versendet werden. Dazu ist eine persönliche Anmeldung erforderlich, die mit Hilfe von Handy und mTAN erfolgt oder mit der eID-Funktion eines Personalausweises. Die erste Variante dürfte die gebräuchlichere sein, da viele die eID-Funktion ihres Ausweises gar nicht eingerichtet haben. Bei neu ausgestellten Personalausweisen erfolgt das inzwischen ungefragt.

Beim Versenden muss man die Versandart mit bestätigter Anmeldung wählen. Sie ist im Gegensatz zu einer einfachen De-Mail kostenpflichtig, bei GMX werden derzeit beispielsweise 24 Cent pro Empfänger fällig. Die Bezeichnung dort lautet "Persönlich/Vertraulich", gemeint ist aber die Bestätigung der sicheren Anmeldung, wie es die Gesetze vorsehen. Man erhält dann eine automische Versandbestätigung vom De-Mail-Dienst, an der ein PDF mit der Bestätigung der sicheren Anmeldung hängt. Dieses PDF-Dokument ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Man sollte das Dokument gut aufheben, denn es dient als Nachweis, dass man die gesetzliche Voraussetzung für die wirksame Übermittlung des Schriftsatzes erfüllt hat.

Die versandten elektronischen Dokumente müssen in einem für die Gegenseite verarbeitbaren Format übermittelt werden. Welche das sind, hat der Bund in einer Verordnung festgelegt: Derzeit ist das außer PDF nur noch TIFF. Der Text in der Mail selbst zählt nicht zum Dokument. Deshalb schreibt man in die Mail selbst nur, dass der Empfänger die in der Anlage befindlichen Dokumente entgegennehmen möge.

Organisatorische Hinweise wie Aktenzeichen und dergleichen sind hilfreich und beschleunigen die Bearbeitung. Die Gerichte bitten darum, die Mails schon im Betreff mit dem jeweiligen Aktenzeichen zu versehen oder "Neueingang" zu schreiben, wenn man mit der Mail eine Klage einreicht. Wer eine einstweilige Anordnung im Eilrechtsschutzverfahren erstrebt, darf durchaus "EILT!" und "Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung" dazusetzen.

Auch bei den Dateinamen sollte man strukturiert arbeiten. Beginnen Sie mit einer Datumsangabe nach dem Schema JJJJMMTT und bezeichnen danach die Art des Schriftsatzes etwa "Klage" oder "AnlageK1". Weil manche Sonderzeichen erlaubt, andere aber unerwünscht sind, verzichtet man am besten ganz auf Sonderzeichen.

Die Dokumente müssen mit einer Signatur des Absenders versehen sein. Damit ist aber weder eine elektronische Signatur noch eine als Bild eingefügte eigenhändige Unterschrift gemeint. Vielmehr muss jedes Dokument den Namenszug des Verantwortlichen tragen. Es genügt also, wenn unter dem Klageschriftsatz "Max Mustermann" steht, sofern dieser den Schriftsatz verfasst hat und ihn über seinen De-Mail-Account mit nachgewiesener persönlicher Anmeldung versendet. Dabei spielt es keinen Rolle, ob auf dem Briefkopf eine Firma oder eine Anwaltskanzlei steht: Die Signatur mit dem Namen und der Nachweis der persönlichen Anmeldung ersetzt die sonst erforderliche Unterschrift.

Das Sekretariat kann das Schreiben zwar tippen, in einen Umschlag stecken und zur Post bringen. Unterzeichnen muss ihn die Chefin oder Rechtsanwältin aber selbst. Übertragen auf die De-Mail heißt das: Sie muss sich persönlich bei De-Mail anmelden, um ein Dokument zu verschicken, das sie inhaltlich verantwortet.

Wenn die Versandart falsch ist, gilt die Schriftform als nicht gewahrt. Gerichte müssten solche Mails beispielsweise ignorieren, wenn die Schriftform zwingend ist wie etwa beim Einreichen einer Klage. Einen Hinweis auf den Formmangel darf man dabei kaum erwarten.

Weil es in der Justiz selbst derzeit aber noch am entsprechenden Wissen fehlt, wird auch schon mal ein per einfacher De-Mail ohne Anmeldungsbestätigung eingehender Schriftsatz als verfahrensauslösend behandelt. Hat man den Fehler selbst begangen, sollte man ihn schnellstmöglich korrigieren, indem man das Dokument nochmal per sicherer Anmeldung oder als Fax oder Brief nachreicht, sofern die Frist für das Rechtsmittel noch nicht verstrichen ist. Ansonsten kann man derzeit nur hoffen, dass niemand den Fehler bemerkt.

Reicht in einem Verfahren die Gegenseite elektronische Schriftsätze ein, sollte man zum Beispiel durch Akteneinsicht prüfen, ob die entsprechenden Nachweise vorliegen.

Falls man ein Dokument nicht im richtigen Format übermittelt hat, sind Gerichte und Behörden per Gesetz verpflichtet, den Absender unverzüglich darauf hinzuweisen. Auf diesen Hinweis muss man aber ebenso rasch reagieren und dem Gericht das Dokument in geeigneter Form nachreichen und versichern, dass es inhaltlich mit dem ursprünglichen Dokument übereinstimmt. Dann gilt Eingang des Dokuments im ursprünglichen (falschen) Format als maßgeblicher Zeitpunkt, was für die Einhaltung von Fristen entscheidend sein kann.

Die De-Mail-Adresse einer Behörde oder des Gerichts findet man im öffentlichen Verzeichnis, auf das De-Mail-Nutzer über ihren jeweiligen Provider Zugriff haben. Sämtliche Gerichte müssen ein De-Mail-Postfach unterhalten und dieses im öffentlichen Verzeichnis bekannt geben. Anders die Behörden: Nicht alle verfügen über ein De-Mail-Postfach, denn aktuell sind nur Bundesbehörden dazu verpflichtet.

Bei der Suche nach der passenden De-Mail-Adresse kann es zu Störungen kommen, wie dies Anfang März 2018 bei United Internet (1&1, GMX, web.de) der Fall ist. Für Kunden dieses Anbieters sind Gerichte deshalb aktuell nicht auffindbar. In diesem Fall sollte man sich einen Screenshot von der Suchanfrage und dem Ergebnis abspeichern und das betreffende Gericht bitten, die De-Mail-Adresse mitzuteilen. Kann dadurch eine Frist nicht eingehalten werden, so kann man mit Hilfe des Screenshots und ggf. auch eine Bestätigung des Anbieters über den Ausfall des Verzeichnisdienstes Widereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Nach Einschätzung aus einem Landesministerium für Justiz hat das Aussicht auf Erfolg. Darauf ankommen lassen sollte man es aber ohne Not auf keinen Fall.

(tig)