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Mysteriöse KI "Zach" in Neuseeland: Hochmoderne Technik oder ein Mensch?

Seit Monaten erreichen uns aus Neuseeland Berichte über eine angeblich hochentwickelte KI, die nicht nur den Medizinsektor revolutionieren könnte. Ein Arzt ist voll des Lobes, Politiker zeigten sich zur Vorstellung. Doch gibt es den Computer überhaupt?

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Mysteriöse KI in Neuseeland: Ist "Zach" hochmoderne Technik oder ein Mensch an einem PC?

(Bild: tstokes)

Lesezeit: 3 Min.

Eine hochentwickelte, aber streng geheime KI in Neuseeland kann angeblich Gespräche zwischen einem Arzt und seinen Patienten zusammenfassen, leitet ein Unternehmen und kann juristische Ratschläge erteilen. Der Journalist David Farrier, der im Dokumentarfilm "Tickled" bereits eine verrückte Geschichte aufgedeckt hat, vermutet aber, dass sich hinter der mysteriösen KI namens "Zach" ein Mensch befindet, der E-Mails beantwortet. Zusammengetragen hat er die vielen, teilweise hanebüchenen Details in inzwischen zwei Artikeln für das neuseeländische Magazin The Spinoff. Unter den Betreibern des Portals Stuff, das zuvor enthusiastisch über die angeblich Wundertechnik berichtet hatte, herrscht wohl nun auch Skepsis.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Wie Farrier erklärt, hatte das neuseeländische Portal New Zealand Doctor vergangenen September über eine "beeindruckende" KI berichtet, die lediglich eine Audioaufnahme eines Patientengesprächs benötigt, um eine bessere Zusammenfassung und bessere Empfehlungen zu geben, als ein Arzt könnte. Der testende Arzt Robert Seddon-Smith erklärte Farrier demnach, dass die KI dafür mindestens 20 Minuten benötige. Um sie zu trainieren, schicke er ihr, wenn nötig, auch Korrekturen – das alles geschehe per E-Mail. Die Technik sei eine "wirkliche künstliche Intelligenz" und es fühle sich an, als kommuniziere man mit einem Menschen: "Manchmal ist es schwer, daran zu glauben, dass man es nicht tut". Trotz alldem wurde "Zach" vergangenen August mit städtischer Unterstützung in Christchurch vorgestellt.

Die komplette Geschichte ist voller wahnwitziger Details, die, wenn nicht für schrillende Alarmglocken, doch mindestens für jede Menge Skepsis sorgen sollten. Laut einem Artikel auf Stuff ist "Zach so leistungsfähig, dass er bereits 2017 die Leitung des Unternehmens "Terrible Talk" übernommen hat, das zur "Terrible Foundation" gehören soll, die sich für die KI verantwortlich zeichnet. Der KI unterlaufen auch hin und wieder Schreibfehler, wurde Farrier erzählt. Laut Seddon-Smith läuft sie auf ihrer eigenen, "speziellen Hardware" und "angepasstem Silizium, das dafür ausgelegt ist, natürliche Sprache zu verstehen". Es handle sich um "Hunderte Tonnen Supercomputer, die mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden". Gleich "mehrere Cray XC50 Supercomputer" dienen "als Firewall".

Nachdem The Spinoff den ersten Artikel zu den Zweifeln an "Zach" veröffentlicht hat, hat Stuff den angeblich für die KI Verantwortlichen, einen jungen Mann namens Alberic Whale interviewt. Obwohl die von ihm geleitete "Terrible Foundation" innerhalb eines Jahres mehr als 450 Millionen Dollar an Sachwerten angesammelt haben soll, hat sie ihren Sitz in einem leeren Büro über einem Fahrradladen. Den Verdacht Farriers weist er demnach zurück. Wo der riesige Computer steht, könne aber nicht enthüllt werden. Es sei aber ohnehin lediglich ein Computer-Rack: "Das Problem mit allem im digitalen Raum ist, dass es digital ist, deswegen können wir es nicht sehen. [...] Es sieht aber aus wie jedes andere Rechenzentrum." Wer "Zach" sehen möchte, müsste "Dokumente unterschreiben und in ein Flugzeug steigen". (mho)