Konservative Amerikaner mögen russische Trolle

Vor der Wahl in den USA versuchten aus Russland gesteuerte Twitter-Nutzer intensiv, Einfluss auf die Stimmung im Land zu nehmen. Wie eine Studie zeigt, wurden sie dabei von konservativen Wählern unterstützt.

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Von
  • TR Online
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Ende vergangenen Jahres hat der US-Kongress eine Liste von Online-Konten veröffentlicht, die der Internet Research Agency zugeordnet werden – einer russischen Troll-Farm, die systematisch versucht hat, Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahlen 2016 zu nehmen. Auf der Liste standen mehr als 2700 Trolle, die Fake News und bösartige Gerüchte verbreitet hatten, um die Meinung in den USA zu manipulieren.

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Die Konten wurden mittlerweile gesperrt, doch ihre Enthüllung wirft wichtige Fragen auf. Welche Informationen genau wurden über sie veröffentlicht, und wie haben sich ihre Falschinformationen so weit verbreitet?

Eine Antwort auf die Fragen liefern jetzt Adam Badaway und Kollegen von der University of Southern California in Los Angeles. Die Forscher haben sich die Nachrichten von Trollen und ihren Weg durch den Cyberspace angesehen und die politische Ausrichtung der Nachrichten sowie der Nutzer-Konten, von denen sie weitergeleitet wurden, untersucht.

Wie sich zeigte, kamen die meisten Retweets russischer Falschinformationen aus zwei US-Bundesstaaten: Tennessee und Texas. Zudem neigten konservative Amerikaner deutlich stärker dazu, solche Nachrichten auf Twitter weiterzugeben als liberale.

Die Analyse-Methode des Teams war relativ direkt. Im Monat vor der Wahl beobachteten die Forscher die Twitter-Sphäre, indem sie gut 43 Millionen Tweets mit Bezug zur Wahl von rund 5,7 Millionen Nutzern herunterluden.

Die politische Ideologie hinter den einzelnen Nutzer-Konten bestimmten sie mit einer Technik namens Label Propagation. Dabei wird eine Abbildung eines Netzwerks erstellt und die politische Tendenz jedes Nutzers anhand der seiner nächsten Nachbarn ermittelt. Anschließend wird das Verfahren wiederholt, bis das System einen stabilen Zustand erreicht hat.

Der Prozess basiert auf der Überlegung, dass Menschen Nähe zu ähnlichen Menschen suchen. Also sind Liberale eher mit anderen Liberalen verbunden, und das Gleiche gilt für Konservative. Der Prozess bringt gute Ergebnisse, wenn er mit Kennzeichnungen (Labels) von Nutzern mit bekannten politischen Neigungen ausgehen kann.

„Wir konnten mit Hilfe von Label Propagation die politische Ideologie der meisten Nutzer im Retweet-Netzwerk ermitteln; Genauigkeit und Erinnerung lagen dabei über 90 Prozent“, schreiben Badaway und Kollegen.

Anschließend untersuchte das Team die Tweets der 2700 russischen Trolle und analysierte, wie sie sich verbreiteten. In der von Badaway und Kollegen erstellten Datenbank fanden sich 221 von diesen Troll-Konten; 85 von diesen wiederum schrieben eigene Tweets, insgesamt 861 Stück.

Manche der Trolle schrieben Nachrichten mit liberaler Ausrichtung. Doch „Text-Analysen der von den Trollen geteilten Inhalte zeigen, dass sie zumeist eine konservative, Pro-Trump-Agenda hatten“, heißt es in dem Fachaufsatz zur Studie

Die Troll-Nachrichten wurden intensiv weitergetwittert. Russische Trolle machten das mehr als 6000-mal, insgesamt aber erreichte die Zahl der Retweets mehr als 80.000, von 40.000 verschiedenen Nutzern.

Wer also waren die Retweeter? Für Badaway und Kollegen ist die Antwort klar. „Konservative haben Nachrichten von russischen Trollen 31-mal so häufig weitergetwittert und 36-mal so viele Tweets produziert wie Liberale“, schreiben sie. „Zudem stammten die meisten Retweets von Troll-Inhalten aus zwei südlichen Bundesstaaten: Tennessee und Texas.“

„Ein breites ideologisches Spektrum an Twitter-Nutzern war im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 Nachrichten der russischen Trolle ausgesetzt, aber hauptsächlich Konservative haben ihre Botschaft verstärkt“, schreibt das Team weiter. „Diese Nutzer haben dazu beigetragen, die von den Trollen produzierten Falschinformationen zu verstärken, um die öffentliche Meinung vor der Wahl zu beeinflussen.“

Natürlich wirft die Arbeit zugleich wichtige Fragen für die Zukunft auf. Eine der wichtigsten lautet, wie sich diese Art von schädlicher Aktivität in Echtzeit entdecken und stoppen lässt. Wissenschaftliche Studien wie diese sind hilfreich, aber noch ist absolut nicht klar, wie sich Trolle neutralisieren lassen.

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