US-Handelsausschuss für Technikübernahmen: Mächtige Bazooka

Ein wenig bekannter Ausschuss der US-Regierung verfügt über erheblichen Einfluss und hat die Übernahme von Qualcomm durch Broadcom verhindert. In Zukunft könnte er sogar noch mächtiger werden.

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Von
  • Martin Giles

Ein Finanzanalyst hat das Gremium einmal als die „ultimative regulatorische Bazooka“ bezeichnet, und tatsächlich hat das Committee on Foreign Investment in the United States jetzt die größte Übernahme in der Geschichte der Technologie-Branche verhindert – Präsident Trump schloss sich seiner Empfehlung an, den Kauf des US-Chipherstellers Qualcomm durch den Konkurrenten Broadcom aus Singapur zu untersagen.

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Das CFIUS hat die Aufgabe, zu bewerten, ob Übernahmen von US-Unternehmen durch ausländische eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, und kann sich dabei mit jeder Branche befassen. In den vergangenen Jahren aber hat sich das Gremium zunehmend für Technologie-Transaktionen interessiert – vor allem solche in Verbindung mit China.

Wir werfen einen Blick auf die Arbeitsweise des CFIUS und erklären, warum es Broadcom nicht gelungen ist, seine Genehmigung für die Übernahme zu bekommen.

Wer sitzt in dem Ausschuss?

Viele große Namen aus Washington. Der Vorsitzende ist der Finanzminister, außerdem gehören dazu die Leiter mehrerer Ministerien einschließlich Verteidigung, Heimatschutz, Wirtschaft und Energie sowie der US-Handelsbeauftragte und der Leiter des Office of Science and Technology Policy im Weißen Haus. Zusätzlich bekommt der Ausschuss Informationen von Nachrichtendiensten und anderen Stellen.

Wie aktiv war er?

Zuletzt sehr. Im Jahr 2016 hat das CFIUS 172 Fälle überprüft, nach 97 im Jahr 2013 (offizielle Zahlen für 2017 gibt es noch nicht, laut einer Schätzung sollen es etwa 250 Fälle gewesen sein). „Das CFIUS zeigt sich neuerdings viel breiter interessiert an Transaktionen mit Sicherheitsrelevanz“, sagt Edward Shapiro, ein Rechtsanwalt bei Latham & Watkins. In diesem Januar zum Beispiel zog der chinesische Fintech-Gigant Ant Financial sein Angebot für MoneyGram aus den USA zurück. Zuvor hatte der Ausschuss Pläne für den Umgang mit sensiblen persönlichen Daten der Kunden des US-Finanzunternehmens zurückgewiesen.

Wie sieht der Überprüfungsprozess aus?

Eine Erstprüfung kann bis zu 30 Tage dauern, für eine eingehende Untersuchung können weitere 45 Tage vergehen. Wenn der Ausschuss nicht einverstanden ist, kann er dem Präsidenten empfehlen, sein Veto gegen eine Transaktion einzulegen.

Wie oft empfiehlt das CFIUS ein Veto?

Sehr selten. Meistens versuchen die Unternehmen, im Vorfeld auf die Bedenken des CFIUS zu reagieren, und geben Transaktionen auf, wenn das nicht gelingt. Zwei der vier Präsidenten-Vetos in der Zeit von 1990 bis 2017 gab es in den vergangenen zwei Jahren. Bei beiden ging es um US-Halbleiterunternehmen und chinesische Bieter: 2016 stoppte Barack Obama das Angebot eines chinesischen Konsortiums für Aixtron, einen deutschen Chiphersteller mit einer US-Tochtergesellschaft. Und 2017 legte Donald Trump sein Veto gegen ein Angebot eines von China finanzierten Investors für Lattice Semiconductor ein.

Warum konnte Broadcom den CFIUS nicht überzeugen?

Der Ausschuss fürchtete, dass die USA bei neuen, superschnellen 5G-Drahtlosnetzen ins Hintertreffen geraten könnten, wenn die Übernahme durchgegangen wäre; die Führung wäre dann chinesischen Unternehmen überlassen geblieben. Qualcomm hat massiv in 5G-Technologie investiert, doch Broadcom steht in dem Ruf, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kürzen.

In diesem Zusammenhang hatte das Unternehmen versprochen, 1,5 Milliarden Dollar in die Schulung von Ingenieuren in den USA zu stecken und pro Jahr 3 Milliarden Dollar in F&E und 6 Milliarden Dollar in die Produktion zu investieren. Außerdem sollten keine für die nationale Sicherheit kritischen Vermögenswerte von Qualcomm an ausländische Interessenten verkauft werden. Doch diese Zusicherungen reichten nicht aus, um das CFIUS zu überzeugen. Immerhin ist Qualcomm auch ein wichtiger Chip-Zulieferer für die US-Verteidigungsindustrie.

Könnte die ultimative regulatorische Bazooka noch mächtiger werden?

Ja. Das CFIUS ist derzeit nur für Transaktionen zuständig, die zu vollständiger oder mehrheitlicher Kontrolle über ein US-Unternehmen führen würden. Der Kongress berät aber über einen Gesetzesentwurf, nach dem der Ausschuss auch Minderheitsbeteiligungen an US-Unternehmen in strategischen Technologie-Sektoren überprüfen könnte. Dann würde er noch mehr Einfluss auf die zukünftige Gestalt der amerikanischen Technologie-Landschaft bekommen.

(sma)