Facebook-Memo: "Alles was uns erlaubt, Menschen zu verbinden, ist gut" – auch wenn jemand stirbt

Kurz nachdem der Tod eines Mannes live auf Facebook übertragen worden war, hat ein hoher Manager intern versichert, das Konzernziel rechtfertige auch negative Begleiterscheinungen. Menschen zu verbinden, sei in sich gut – auch wenn einmal jemand sterbe.

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Internes Facebook-Memo: "Alles was uns erlaubt, zu wachsen, ist gut" – auch wenn jemand stirbt

Wer die Menschheit verbindet, tut damit etwas gutes – unabhängig von negativen Konsequenzen.

(Bild: geralt)

Lesezeit: 3 Min.
Cambridge Analytica und die Facebook-Profile

Facebooks oberstes Ziel, Menschen zu verbinden, sei unabhängig von positiven Konsequenzen oder negativen ein in sich gutes – sogar wenn dabei Menschen sterben. Das hat Andrew Bosworth im Sommer 2016 in einem internen Memo an die Mitarbeiter des sozialen Netzwerks geschrieben, das nun von Buzzfeed veröffentlicht wurde. Der hochrangige Manager und Zuckerberg-Vertraute schreibt darin, es sei die "hässliche Wahrheit", dass alles was es Facebook ermögliche, Menschen zu verbinden "de facto" gut sei. Zwar könne das negative Folgen haben, etwa wenn jemand bei einem Terroranschlag sterbe, der über Facebook koordiniert wurde. Aber weil es etwas gutes sei, Menschen zu verbinden, sei alles gerechtfertigt, was Facebook wachsen lasse: "All die fragwürdigen Praktiken zum Kontakt-Import. All die subtile Sprache, die Menschen dazu bringt, ihr Profil auffindbar zu machen. [...] All die Arbeit, die wir in China werden leisten müssen."

Der natürliche Zustand der Welt sei einer ohne Verbindungen, die Menschheit sei durch Grenzen, Sprachen und Produkte aufgespalten. In dieser Realität würde nicht die besten Produkte gewinnen, sondern die, die von allen genutzt werden. Jeder der bei Facebook an beliebten Produkten arbeite, könne das nur dank der aggressiven Wachstumsstrategien. Nichts mache Facebook so wertvoll wie die Tatsache, dass jeder dort alle Freunde vorfinde. Dieses Memo zeige, wie sehr die Verantwortlichen bei Facebook die Risiken verstanden hätten, die ihr Netzwerk mit sich bringe, schreibt Buzzfeed. Zumindest einer habe intern auch eingestanden, dass Nutzerwachstum alles überrage und wichtiger sei als auch die negativsten Begleiterscheinungen. Das Statement erfolgte demnach nur einen Tag nachdem ein Mann während einer Live-Übertragung auf Facebook vor der Kamera erschossen worden war.

Die Echtheit des Memos wurde inzwischen bestätigt und Bosworth hat sich auf Twitter bereits geäußert. Er versichert, weder heute noch damals mit dem Inhalt des Memos einverstanden gewesen zu sein. Er habe provokativ Dinge zur Sprache bringen wollen, die seiner Meinung nach eine Debatte verdienten. Ihm zufolge war es einer der unpopulärsten Texte, den er je verfasst habe. Buzzfeed selbst hat unterschiedliche Aussagen zur Reaktion auf das Satement gesammelt. Eine anonyme Quelle hat demnach bestätigt, dass es vor allem negative Reaktionen gegeben hatte, eine andere habe aber versichert, dass der Text "intern ungeheuer populär" war. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat dem Onlinemagazin versichert, dass er dem Text schon damals nicht zugestimmt habe: "Wir waren nie der Überzeugung, dass der Zweck die Mittel heiligt." Das Ziel, Menschen zu verbinden, sei für sich genommen, nicht genug.

Die Veröffentlichung des Memos fällt mitten in eine breite Debatte über Facebook, die vor allem in den USA und Großbritannien intensiv geführt wird. Verantwortlich sind die Enthüllungen rund um die Datenanalysefirma Cambridge Analytica, die mithilfe von 50 Millionen abgegriffenen Facebook-Profilen versucht haben soll, Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl genommen zu haben. Verstärkt wird nun auch darüber diskutiert, welche Verantwortung das Geschäftsmodell von Facebook trägt und welche Konsequenzen nun gezogen werden müssen. Im Zuge dieser Debatten ist die Facebook-Aktie in den vergangenen Tagen regelrecht abgestürzt. Zuletzt hatte Facebook angekündigt, mit mehr Mitarbeitern gegen sogenannte Fake News vorgehen zu wollen.

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(mho)