Streit übers Radio per UKW – Dienstleister droht mit Abschaltung

UKW-Empfang ist für die meisten Menschen in Deutschland die wichtigste Art, Radio zu hören. Ein Dienstleister bringt wegen eines Streits um Geld die Zwangs-Abschaltung ins Spiel. Zehn Millionen Hörer könnten angeblich betroffen sein. Was steckt dahinter?

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Streit übers Radio per UKW – Dienstleister droht mit Abschaltung

(Bild: Media Broadcast)

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In einem Streit über die Bezahlung von UKW-Übertragung drohen Dienstleister mehreren großen Radiosendern mit einer Abschaltung. Das Unternehmen Media Broadcast kündigte an, in der kommenden Woche diejenigen Sender abzuschalten, die bis dahin bestimmte Bedingungen nicht erfüllt haben. "Bis zu zehn Millionen Hörer könnten schon ab Mittwoch von einer Abschaltung ihrer UKW-Radiosender betroffen sein", sagte Media-Broadcast-Chef Wolfgang Breuer der Tageszeitung Die Welt.

Dem Bericht zufolge wird neben privaten Radiosendern auch dem MDR, dem NDR in Mecklenburg-Vorpommern und dem Deutschlandradio die UKW-Abschaltung angedroht. Sie betreiben keine eigene Sende-Infrastruktur, sondern haben Sendernetzbetreiber wie Uplink aus Düsseldorf und Divicon aus Leipzig beauftragt. Diese Firmen müssen nun mit den Antennenbetreibern die Preise für die Miete der Antennen aushandeln, was bislang nicht gelungen ist. Betroffen sein könnte auch der hessische Privatsender Hit Radio FFH mit seinen drei Programmen.

Der Geschäftsführer und Programmdirektor von Hit Radio FFH, Hans-Dieter Hillmoth, sprach auf dpa-Anfrage von einem großen Poker um Verträge und Preise und nannte die Ankündigung eine Drohgebärde. "Letztlich ist das auch ein bisschen Erpressung." 80 Prozent der Radiohörer empfingen die Programme noch über UKW. FFH strahle seine drei Programme bisher über 56 Frequenzen und 37 große und kleine Sendestationen aus.

Er glaube aber nicht, dass Radioprogramme tatsächlich nicht mehr über UKW ausgestrahlt werden, sollte es keine Einigung geben, sagte Hillmoth. Hit Radio FFH ist nach der jüngsten Media-Analyse Marktführer in Hessen.

Hintergrund des Streits ist, dass sich der Dienstleister Media Broadcast aus dem Geschäft mit den terrestrischen UKW-Antennen und Sendeanlagen zurückzieht und nur noch übergangsweise bis zur Jahresmitte den Sendebetrieb aufrechterhält. Während im Wesentlichen zwei Unternehmen den Sendenetzbetrieb übernommen haben, wurden die daran montierten Antennen an mehrere Investoren verkauft. Nun werden höhere Preise für die Nutzung der Antennen verlangt.

NDR-Sprecher Martin Gartzke hofft auf einen zügigen und konstruktiven weiteren Verlauf und Abschluss der Verhandlungen. Die Sendeanlagen des früheren DDR-Rundfunks waren in den neuen Bundesländern privatisiert worden. Anders als in Mecklenburg-Vorpommern betreibt der NDR seine UKW-Sender in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg größtenteils selbst.

FFH-Geschäftsführer Hillmoth sagte, die Sendergruppe Hit Radio FFH habe pro Jahr etwa 2,5 Millionen Euro Sendekosten. Die Antennenbesitzer verlangten nun teilweise bis zu 50 Prozent mehr, was für die rein über Werbung finanzierten Sender ein massives Problem sei.

Damit die Beteiligten mehr Zeit für die Preisverhandlungen haben, hat sich Media Broadcast nach Angaben eines Sprechers vom Freitag unter bestimmten Bedingungen bereiterklärt, noch bis Ende Juni den Betrieb von UKW zu gewährleisten. Dazu müsse das Unternehmen allerdings mit der Weiterverbreitung beauftragt werden – entweder von den Radioanbietern oder den neuen Sendernetzbetreibern.

Bislang seien bei Media Broadcast aber nur die Aufträge von einem Viertel der 40 betroffenen Radioveranstalter eingegangen, sagte der Media-Broadcast-Sprecher der dpa. Es gebe jetzt noch eine letzte Frist bis Montagvormittag. "Wer sich bis dahin nicht gemeldet hat, wird am Mittwoch abgeschaltet", sagte Unternehmenschef Breuer der Welt.

Radio NRW zeigte sich "in höchstem Maß irritiert über das gesamte Verfahren". Geschäftsführer Sven Thölen sagte auf dpa-Anfrage: "Derartige Drohungen" seien "nicht nachvollziehbar". An einem runden Tisch sei bisher der Minimalkonsens herausgekommen, "bundesweit bis Ende April respektive Ende Juni 2018 von Abschaltszenarien Abstand zu nehmen". Radio NRW gehe davon aus, dass alle Beteiligten sich daran hielten und die Zeit nutzten, um "Lösungen zu erarbeiten, die auf Dauer tragfähig sind".

Der Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, Thomas Fuchs, hält eine etwaige Abschaltung der UKW-Frequenzen für destruktiv. Auch wenn noch nicht alle Verträge vorlägen – "eine Abschaltung ist keine kluge Option", sagte Fuchs der dpa. Am Montag wollten sich die Landesmedienanstalten noch einmal über einen aktuellen Stand bei Media Broadcast informieren. (anw)