Fabrik der Zukunft immer unabhängiger vom Standort

Noch vernetzter, noch intelligenter: Die Fabrik der Zukunft wird smart. Doch damit könnte der Standort Deutschland an Bedeutung verlieren. Hannover-Messe-Chef Köckler fordert daher die "optimale Infrastruktur" für die digitale Zukunft.

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Roboter, DARPA

(Bild: geralt)

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Von
  • dpa
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Vernetzung, intelligente Maschinen, allwissende Fabriken: Für den Standort Deutschland werden digitale Infrastruktur und schnelles Internet nach Einschätzung von Hannover-Messe-Vorstand Jochen Köckler immer wichtiger. "Natürlich müssen wir auf dem Gaspedal bleiben, um eine optimale Infrastruktur zu schaffen", sagte der Messevorstand im Vorfeld der weltgrößten Leistungsschau für die Industrie. Aus seiner Sicht hat das die Politik erkannt. "Denn die moderne, sich selbst steuernde Fabrik wird immer standortunabhängiger", betonte er. Das habe immense Bedeutung für den Produktionsstandort Deutschland.

Die Hannover Messe (23. bis 27. April) setzt unter anderem auf das Thema Assistenzsysteme. Die Messe selbst sei mit über 5000 Ausstellern "so gut wie ausgebucht", die Ausstellungsfläche wachse gemessen an der Vergleichsmesse 2016 um acht Prozent. Mehr als 200 000 Besucher werden erwartet.

"Die Botschaft ist: Der Mensch steht im Mittelpunkt und wird in der Fabrik weiter zentrale Aufgaben übernehmen, aber er hat eine Vielzahl von Assistenzsystemen", erklärte Köckler. Er nannte Virtual-Reality-Brillen, "aber auch bei Exoskeletten werden wir interessante Trends sehen. Harte und auch eintönige Arbeit gehört damit immer mehr der Vergangenheit an". Auch Roboter würden ein flexibles, vom Menschen eingesetztes Werkzeug. "In der Vergangenheit standen Roboter in den Produktionsstraßen, jetzt werden sie Assistenten des Menschen."

Zwar werde die Digitalisierung die Arbeitswelt in den kommenden zehn Jahren deutlich verändern, sagte Köckler. "Aber aktuell haben wir eher mit Fachkräftemangel zu tun. Klare Botschaft: es gibt keine Anzeichen, dass eine Fabrik ohne den Menschen als Entscheider funktionieren kann."

Weiteres großes Thema der Messe sind IT-Plattformen: "Jetzt können wir die Systeme nach einigen Jahren Vorbereitung tatsächlich implementieren. Plattformen für die Industrie sind die Voraussetzung für die allwissende Fabrik", betonte Köckler. Es gehe um das Zusammenspiel von Mensch, Maschine und IT. "Jetzt sind wir auf dem nächsten Level von Industrie 4.0 - da geht es um die Plattform-Ökonomie. Ziel ist, die Daten zusammenzuführen, um dann mit den gesammelten Daten die Prozesse in der industriellen Produktion zu verbessern."

Köckler sagte: "Jede Maschine, jede Komponente, wird vernetzt, und über die Plattform wird das Zusammenspiel in der Fabrik gesteuert." Eine wichtige Bedingung, um die moderne, digitalisierte Fabrik umzusetzen, sei die Cyber-Sicherheit: "Bei einem umfassenden Datenaustausch, wenn ganz viele Daten künftig in die Cloud wandern, muss jeder Unternehmer wissen, was er da tut." Als großes Zukunftsthema betrachtet er die künstliche Intelligenz.

Partnerland der Messe ist als erstes lateinamerikanisches Land Mexiko, aus dem etwa 150 Aussteller kommen. Der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können, urteilte Köckler mit Blick auf die Drohung von US-Präsident Donald Trump, das nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) aufzukündigen: "Mexiko nutzt die Weltbühne Hannover Messe, weil es doch einige Herausforderungen mit dem klassischen Handelspartner im Norden zu bestehen gibt - hier haben sie die Chance, sich zu zeigen." Mexiko suche neue Absatzmärkte, um die Abhängigkeit von den USA zu verringern.

Immer wieder laut werdende Kritik, die Digitalisierung mache Messen überflüssig, konterte er mit dem Hinweis auf den Zuwachs gerade von Messen in den vergangenen Jahren. "Man erlebt, wo die Branche und die Wettbewerber stehen", sagte Köckler. "Innovationszyklen werden immer kürzer, davon profitiert die Hannover Messe. Was früher ein Jahr in der technischen Entwicklung war, ist heute ein Quartal." (bme)