Post aus Japan: Zu scharf für die Augen

Nippons Fernsehsender versuchen, ihre extrem hochauflösende 8K-Videotechnik weltweit zu pushen. Lokale Elektronikhersteller machen mit.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Manchmal müssen Menschen nicht in Japan wohnen, um die Zukunft schon heute zu sehen. Auf der amerikanischen TV- und Funkmesse NAB schleppten einige japanische Hersteller mal wieder Gerätschaften an, mit denen ultrahochauflösendes 8K-Fernsehen möglich wird.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Obwohl ich diese Auflösung schon vor Jahren gesehen habe, bin ich immer wieder beeindruckt. Das Neue auf der NAB sind allerdings Zeichen, dass diese Technik nun vor der Markteinführung zu stehen scheint. Denn die japanischen Hersteller bieten neben der Technik auch wichtige Teile des Workflows in TV-Stationen an.

Ganz groß stellte der Motor der Technik seine Errungenschaften vor, Japans öffentlich-rechtliche Sendeanstalt NHK. Natürlich durften die neuesten, mit dem Elektronikhersteller Sharp entwickelten 8K-Displays nicht fehlen. Aber der eigentliche Star unter den Produkten war eine Zeitlupenkamera, die 240 Bilder pro Sekunde in 8K aufnehmen kann. Bei einer normalen Wiedergabe von 60 Bildern pro Sekunde wird damit eine vierfache Zeitlupe möglich.

Darüber hinaus wollen die Japaner auch der virtuellen Realität mit 8K-Bildern den letzten Rest von Pixeligkeit austreiben. Denn aus der Nähe betrachtet erscheinen bei den bisher üblichen, als Full-HD bekannten 2K-Bildern hin und wieder Gittermuster. 4K ist zwar schon besser, aber 8K-Aufnahmen wirken wie die Natur höchstselbst, vielleicht noch ein bisschen schärfer und farblich brillanter.

Doch die Japaner demonstrierten auch, wie sie mit der neuen Technik Geld sparen wollen. NHK und Panasonic, einer der großen Anbieter von Fernsehkameras mitsamt den dazugehörigen Systemen, stellten die Idee vor, mit einer 8K-Kamera ein Arrangement von mehreren HD-Kameras zu ersetzen. Bei dem System können die Produzenten beispielsweise aus einem großen 8K-Übersichtsbild mehrere 4K- oder 2K-Ausschnitte auswählen und so andere Blickwinkel simulieren.

Natürlich können wir Menschen uns auch tiefer in Bilder hineinzoomen, bevor die Bilder pixelig werden. Sharp wirbt daher in seinem Werbevideo damit, dass 8K-Kameras und -Bildschirme auch zur Inspektion von Produkten, Infrastruktur und Materialien sowie als Hilfe für medizinische Operationen genutzt werden können. Denn die Kameras können nun Details erfassen, die selbst für menschliche Augen kaum zu erspähen sind.

Ein weiteres Zeichen der kommenden 8K-Welten war, dass auch nichtjapanische Firmen 8K-Produkte vorstellten, zum Beispiel einen 8K-Laserprojektor. Zusätzlich stellte NHK noch vor, wie die Datenmassive der superhochauflösenden Kameras überhaupt einigermaßen sinnvoll übers Internet versendet werden können.

Bislang mussten 8K-Übertragungen mit 60 Bildern pro Sekunde zwischen Tokio und Osaka von 40 Gigabits pro Sekunde auf einige 100 Mbps komprimiert und wieder decodiert werden, um über das Internet gesendet werden zu können. Allerdings litt die Bildqualität unter dem Verfahren. Zudem benötigten die Rechner mehrere Sekunden zur Ver- und Entschlüsselungen, womit das Verfahren für einen TV-Sender nutzlos war.

NHK nutzt nun Mezzanine-Kompression, die schon für HD-Bilder entwickelt wurde, für moderne 10-Gigabit-Netze und senkt damit die Bildverzögerung auf wenige zig Mikrosekunden. Bei diesem Verfahren wird der Datenstrom auf acht Gbps gesenkt, in kleinen Paketen versendet und beim Empfänger wieder zusammengebaut.

Dem 8K-Fernsehen steht damit immer weniger im Wege, wenigstens wenn es um die Aufnahmetechnik geht. 8K-Bildschirme für den Hausgebrauch kann ich mir noch schwer vorstellen, weil schon 4K für das Wohnzimmer vollauf reicht. Eine noch höhere Auflösung macht für mich in der Masse erst Sinn, wenn hochauflösende schrankwandgroße Displays die Tapeten an unseren Wänden ersetzen.

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