Wenn aus Fiktion Realität wird

Ideen aus Science-Fiction-Geschichten haben schon früher oft für Inspiration gesorgt und wurden in der Praxis umgesetzt. Neuerdings scheinen sich Forscher in ihrer Arbeit noch intensiver dafür zu interessieren.

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Von
  • TR Online

Viele Forscher geben gern zu, dass Science-Fiction eine bedeutende Rolle dafür gespielt hat, ihr Interesse für Wissenschaft und inspirierende Durchbrüche zu wecken. Tatsächlich gibt es viele Beispiele für fiktive Technologien, die es später in die reale Welt geschafft haben.

So beschrieb Arthur C. Clarke im Jahr 1945, lange bevor der erste Satellit um die Erde kreiste, wie Satelliten für Funk-Kommunikation über große Distanzen genutzt werden könnten. Heutzutage sind solche Kommunikationssatelliten weit verbreitet. Auch die Kommunikatoren in Star Trek und die Video-Armbanduhren von Dick Tracy haben große Ähnlichkeit mit den heutigen Smartphones und Smartwatches. Außerdem wären da noch die eigenwilligen Roboter in 2001: Eine Odyssee im Weltraum und Blade Runner. Und auch KITT, das selbstfahrende Auto aus der TV-Serie Knight Rider ist keine reine Science-Fiction mehr.

Welche Auswirkungen Science-Fiction auf reale Wissenschaft hat, lässt sich allerdings nur schwierig exakt quantifizieren. Dabei würden Technologen nur zu gerne wissen, wie erfundene Geschichten die Entwicklung neuer Technologien beeinflussen.

Einen Versuch dazu haben jetzt Philipp Jordan und Kollegen von der University of Hawaii in den USA unternommen: Sie haben untersucht, wie Forscher im Bereich Mensch-Computer-Interaktion in ihrer Arbeit auf Science-Fiction-Inhalte zurückgreifen. Wie sich dabei zeigte, spielen diese Stoffe nicht nur bereits eine bedeutende Rolle, sie werden sogar wichtiger.

Die Analyse-Methode der Forscher war recht einfach: Sie basierte auf einer Auswertung der Fachvorträge, die bei einer der weltweit wichtigsten Konferenzen für das Thema – der ACM Conference on Human Factors in Computing Systems – gehalten wurden. Das Team durchsuchte die seit 1982 veröffentlichten Aufsätze nach Ausdrücken mit Science-Fiction-Bezug und nahm dann eine Kategorisierung der Ergebnisse vor.

Demnach nutzen Forscher Science-Fiction für unterschiedliche Zwecke. Einer davon ist theoretische Design-Forschung, ein anderer das Erkunden von neuen Formen der Interaktion zwischen Mensch und Maschine, die nach Ansicht der Forscher zunehmend von fiktiven Stoffen beeinflusst wird. Ebenfalls genutzt werden sie für die Beschäftigung mit Körper-Modifikationen, die sich über Science-Fiction wahrscheinlich am besten erkunden lassen.

„Science-Fiction-Filme, -Serien oder -Geschichten bieten Inspiration für die wichtigsten anstehenden Herausforderungen im Bereich Mensch-Computer-Interaktion unserer Zeit, zum Beispiel in Form von Diskussionen über formverändernde Schnittstellen, implantierbare Technik oder Ethik für digitales Weiterleben“, schreiben Jordan und Kollegen.

Die wichtigste Erkenntnis des Teams aber lautet, dass sich die Rolle von Science-Fiction zu verändern scheint. Eindeutig wird das Thema von Forschern heute häufiger erwähnt als jemals zuvor. Und die analysierten Daten scheinen nur die Spitze des Eisbergs zu sein. „Wir spekulieren, dass die explizite Erwähnung von Science-Fiction in Forschungsarbeiten zu Mensch-Computer-Interaktion nur einen Bruchteil der wirklichen Inspiration und Bedeutung erkennen lässt“, heißt es in dem Aufsatz.

Immerhin ist dem Team ein kleiner Schritt dazu gelungen, die komplexe Beziehung zwischen dem zu verstehen, welche Auswirkungen Menschen von Technologie erwarten, und was dann in der Realität wirklich geschieht. Tatsächlich beschäftigen Technologie-Unternehmen zunehmend Futuristen, die Science-Fiction als Medium nutzen, um potenzielle neue Technologien und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft zu erkunden. Dies wird als Science-Fiction-Prototyping bezeichnet.

Die Arbeit von Jordan und seinen Kollegen könnte dazu beitragen, diese Aktivität produktiver zu machen. Arthur C. Clarke und die anderen Autoren würden das bestimmt gut finden.

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