Neue Spuren im Blut

Ein einfacher Bluttest, um Krebs früh erkennen und heilen zu können, könnte Menschen viel Leid ersparen. Nun geben erste Erfolge der Liquid Biopsy Rückenwind.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Birgit Herden

Krebs kann jeden treffen – wann immer sich eine von Trillionen Körperzellen teilt, können rein zufällige Kopierfehler im Erbgut zu ungebremstem Wachstum führen. Jede zweite Diagnose gleicht noch immer einem Todesurteil. Doch nun zeichnet sich ein Hoffnungsträger ab: die Krebsfrüherkennung mittels Liquid Biopsy. Vor wenigen Jahren galt sie als kühne Vision (siehe TR 4/2016), doch erstaunlich schnell zeichneten sich erste Erfolge ab. Die Idee: Bei vielen Tumoren lösen sich fortlaufend tote Zellen ab, Bruchstücke ihrer DNA zirkulieren daraufhin im Blutkreislauf. Da sich das mutierte Erbgut von DNA aus gesunden Zellen unterscheidet, könnte man im Prinzip aus einer Blutprobe herauslesen, ob bei einem Menschen unbemerkt ein Tumor heranwächst. Früherkennung wäre so einfach wie ein großes Blutbild. Und nichts erhöht die Heilungschancen stärker als die rechtzeitige Erkennung eines Geschwulsts, darin sind sich Mediziner nach Jahrzehnten der Krebsforschung weitgehend einig.

Doch so bestechend das Konzept ist, so gewaltig sind die Hürden. Selbst mit modernen Methoden sind Aufwand und Kosten erheblich, um im Blut mutierte Gensequenzen in einem Meer von gesundem Erbgut aufzuspüren. Zudem kennt man aus Krebszellen inzwischen Millionen Mutationen. Gigantische Datenanalysen sind nötig, um die krankheitsverursachenden Veränderungen herauszufinden. Umgekehrt aber darf der Test nicht zu viele Fehlalarme produzieren. Denn voreilige Krebsdiagnosen sind eine psychische Belastung, unerkannte Erkrankungen würden die Betroffenen in falscher Sicherheit wiegen. Daran scheiterten bisher viele Screening-Verfahren. Und am Ende soll der Test auch noch bezahlbar sein.

Das klingt schier unmöglich, aber die renommierte Forschergruppe um Nickolas Papadopoulos vom amerikanischen Johns Hopkins Kimmel Cancer Center hat nun einen ersten konkreten Vorschlag vorgelegt, wie es gelingen kann. Der von ihnen entwickelte Test CancerSEEK sucht nach acht häufigen Krebstypen und soll in den USA im Rahmen einer fünfjährigen Studie bei 50000 Frauen im Rentenalter zum Einsatz kommen. „Unser Ziel war ein breit angelegtes Screening“, sagt Papadopoulos. „Der Test musste daher billig und nichtinvasiv sein.“ CancerSEEK sucht nach 16 Krebsmutationen und acht Eiweißstoffen, die im Zusammenhang mit Tumoren auftreten. Mit dieser Kombination testeten sie zunächst 1005 Menschen, bei denen bereits Krebs in Eierstöcken, Leber, Magen, Bauchspeicheldrüse, Speiseröhre, Darm, Lunge oder Brust diagnostiziert worden war. Als Kontrollgruppe dienten 812 Personen, bei denen keine Krebserkrankung bekannt war. Die Ergebnisse machen zumindest Mut: Der Test schlug bei 70 Prozent der Kranken an, dagegen bei weniger als einem Prozent der gesunden Probanden.

(rot)