KI-Figuren trainieren Kampfkunst

Bislang müssen die Aktionen von Figuren in Videospielen noch aufwendig per Hand programmiert werden. Mit KI ausgestattet, sollen sie die Bewegungen durch Beobachten selbst erlernen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Will Knight
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In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft könnten Spielfiguren Kung-Fu in einem digitalen Dojo trainieren, bevor sie ihre Fähigkeiten im neuesten Video-Spiel zeigen: KI-Forscher an der University of California in Berkeley und der University of British Columbia haben virtuelle Charaktere entwickelt, die nachahmen können, wie ein Mensch Kampfkunst, Parcours und akrobatische Übungen vorführt. Die Figuren üben so lange, bis die die Bewegungen richtig beherrschen.

Die Arbeit könnte grundlegend die Art und Weise verändern, wie Video-Spiele und Filme entstehen. Statt die Aktionen eines Charakters minutiös vorab zu planen, könnten Animatoren reale Video-Aufzeichnungen in ein Programm eingeben, und ihre Figuren könnten an dieser Vorlage eigenständig lernen, sie richtig auszuüben.

„Es würde ausreichen, wenn ein Künstler nur wenige Beispiele gibt. Das System kann sie dann für alle unterschiedlichen Situationen verallgemeinern“, erklärt Jason Peng, ein PhD-Student in Berkeley, der bei dem Projekt mitgearbeitet hat. Die von ihm entwickelten virtuellen Charaktere nutzen eine KI-Technik, die als Verstärkungslernen bezeichnet wird und an die Art und Weise angelehnt ist, wie Tiere lernen.

Für ihr Projekt erfassten die Forscher die Bewegungen von erfahrenen Kampfkünstlern und Akrobaten. Die virtuelle Figur experimentiert dann mit unterschiedlichen Bewegungen und bekommt jedes Mal eine positive Verstärkung, wenn sie den Bewegungen der Experten näher kommt. Dafür braucht sie einen physikalisch gesehen realistischen Körper und eine Welt mit korrekten physikalischen Regeln.

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Dadurch kann derselbe Algorithmus eine Figur trainieren, eine Rolle rückwärts oder einen Moonwalk zu machen. „Man kann damit eine große Bandbreite an Problemen bei Animation lösen“, sagt Sergey Levine, ein Assistant Professor in Berkeley, der an dem Projekt beteiligt ist.

Die computergenerierten Charaktere in Video-Spielen und Filmen mit hohem Budget von heute mögen realistisch aussehen. Doch sie sind kaum mehr als digitale Marionetten, die einem detailliert choreografierten Skript folgen.

Allerdings wird bei Animation und Computerspielen bereits mit Software experimentiert, die Figuren automatisch physikalisch realistische Eigenschaften gibt. James Jacobs etwa ist CEO von Ziva Dynamics, einem Animationsunternehmen, das sich auf derartige Figuren spezialisiert hat. Nach seiner Aussage ist Verstärkungslernen eine gute Möglichkeit, um sowohl das Verhalten als auch das Aussehen realistischer zu machen. „Bislang wurde mit sehr viel einfacheren Ansätzen gearbeitet“, sagt er. „In diesem Fall trainiert man ein Computer-Modell darauf, zu verstehen, wie sich ein Mensch oder ein Tier bewegt. Anschließend kann man es dirigieren und externe Kräfte darauf einwirken lassen, und es wird sich an seine Umgebung anpassen.“

Die Vorteile des neuen Ansatzes könnten über Video-Spiele und Spezialeffekte hinausgehen. Auch echte Roboter könnten irgendwann lernen, mit simuliertem Üben komplexe Aufgaben richtig zu erledigen. So könnte ein Roboter einen Tisch zunächst in einer Simulation zusammensetzen, bevor er sich in der echten Welt daran versucht.

Wie Levin erklärt, könnten Roboter letztlich sogar uns Menschen neue Tricks beibringen. „Wenn jemand eine Gymnastik-Übung machen möchte, die noch niemand zuvor ausprobiert hat, könnte er sie im Prinzip dem System vorlegen, und es würde wahrscheinlich etwas sehr Vernünftiges daraus machen“, erklärt er.

(sma)