Facebook in der Krise – können Verlage davon profitieren?

Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel wirft Facebook vor, das Sammeln privater Daten zum Geschäftszweck zu machen. Auch andere Medienhäuser sehen das soziale Netzwerk kritischer als früher.

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Facebook

Facebook ist seit zehn Jahren in Großbritannien aktiv.

(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Für die Werbewirtschaft verliert Facebook nach Einschätzung des Medienunternehmens Gruner + Jahr an Attraktivität. "Ich spüre, dass ein gewisser Verdruss in der Werbewirtschaft entsteht, die ersten Unternehmen wenden sich ab", sagte Verlagschefin Julia Jäkel der Süddeutschen Zeitung. "Das Pendel war extrem weit ausgeschlagen, ich habe das immer für eine irrationale Überhöhung gehalten", so die Vorsitzende der Geschäftsführung des Hamburger Verlagshauses. "Nun stellen die ersten Werbekunden fest: Es gibt kaum Kontrolle, in welchem Kontext die Anzeigen erscheinen, das Werbeerlebnis ist flüchtig", sagte Jäkel.

Kritisch sieht sie auch Facebooks Geschäftspraktiken. Das Sammeln privater und intimer Daten sei zum Geschäftszweck geworden. "Das Unternehmen experimentiert, wie einige andere aus dem Silicon Valley auch, sozusagen im Livebetrieb an der Gesellschaft. Das tut niemandem gut." Der Glaube, dass Technologie immer alles lösen kann, habe zu lange das Handeln bestimmt. Damit müsse sich jetzt Facebook, die Gesellschaft und am Ende auch die Politik auseinandersetzen. Nach den jüngsten Algorithmus-Änderungen würden deutlich weniger Leser von Facebook zu Gruner + Jahr kommen, die Bedeutung des sozialen Netzwerks für den Verlag nehme ab.

Die Diskussion um Facebook nach dem Skandal um die unerlaubte Nutzung der Daten von Millionen seiner Nutzer haben auch andere Verlage, die auf Facebook journalistische Inhalte veröffentlichen, kritisch verfolgt: "Facebook ist gegenüber seinen Usern und Anzeigenkunden in der Pflicht, über die Vorgänge des Datenskandals umfassend aufzuklären und sicherzustellen, dass sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen", so Zeit Online-Geschäftsführer Christian Röpke. Sollte es an anderer Stelle weiteren Datenmissbrauch gegeben haben, müsse das publik gemacht werden.

"Wir würden gerne frühzeitiger bezüglich uns betreffender Änderungen einbezogen werden – jüngstes Beispiel ist die sehr kurzfristige Information über die Änderungen am Newsfeed", erläuterte Röpke. "Trotzdem ist und bleibt Facebook ein Partner am Markt, mit dem wir im Dialog bleiben wollen."

Torsten Beeck, bei Spiegel Online für die Zusammenarbeit mit anderen Plattformen verantwortlich, schätzt das ähnlich ein: "Das extensive Sammeln von Nutzerinformationen sehen wir grundsätzlich kritisch." Der sichere Umgang mit den Nutzerdaten sei ein zentrales Thema. Partnerschaften wie mit Facebook ermöglichten aber, Qualitätsjournalismus einer noch breiteren Nutzerschaft näherzubringen und auch den Austausch mit Lesern.

Das Handelsblatt in Düsseldorf hatte seine Testphase mit Instant Articles auf Facebook bereits vor dem jüngsten Datenskandal wieder beendet. Dadurch habe man "weder bei der Monetarisierung noch bei der Reichweite einen positiven Effekt gespürt", sagte der fürs Digitale zuständige stellvertretende Chefredakteur Sebastian Matthes. Der Facebook-Kanal sei für das Handelsblatt vor allem wichtig, um mit den Lesern in Dialog zu treten. Das werde aber durch eine steigende Zahl fragwürdiger Inhalte erschwert. "Aktuell habe ich den Eindruck, dass Hass und Hetze im Facebook-Feed eher zu- als abnehmen. Daran haben auch die jüngsten Änderungen im Algorithmus nichts geändert", sagte Matthes.

Die Rheinische Post in Düsseldorf sieht Facebook weiterhin als einen wichtigen Kanal zu den Nutzern. Allerdings werde man sich auch nicht zu sehr nur auf diesen Kanal konzentrieren und so von Facebook abhängig machen, betonte der redaktioneller Leiter Digitalstrategie der Rheinische Post Mediengruppe,

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(axk)