Sachsen: Polizei soll mit Gesichtserkennung und präventiver Überwachung Verbrecher jagen

Die sächsische Regierung hat eine Reform des Polizeigesetzes auf den Weg gebracht, wonach die Videoüberwachung deutlich verschärft und auch zur Straftatenverhütung ein ganzes Bündel neuer und erweiterter Befugnisse geschaffen werden soll.

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(Bild: dpa, Patrick Seeger)

Lesezeit: 3 Min.

Ähnlich wie in Bayern soll auch im benachbarten Sachsen die Polizeiarbeit schon weiter ins potenziell kriminelle Vorfeld verlagert werden. Um Straftaten zu vereiteln, plane man "ein ganzes Bündel neuer oder erweiterter" Kompetenzen für die Ermittler, erklärte das federführende sächsische Innenministerium Mitte der Woche. Die Regierung des Freistaats habe dazu eine Gesetzesreform auf den Weg gebracht, um das Polizeirecht umfassend zu modernisieren und an "aktuelle Erfordernisse für mehr Sicherheit" anzupassen. So soll der Polizei etwa eine "präventive Telekommunikationsüberwachung" erlaubt werden.

Generell geht es der schwarz-roten Regierung in Dresden nach eigenen Angaben um bessere "Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Gefahren sowie zur Bekämpfung organisierter und auch grenzüberschreitender Kriminalität". Dazu gehörten "breitere Observationsmöglichkeiten, neue Durchsuchungsbefugnisse sowie strafbewehrte Aufenthaltsanordnungen und Kontaktverbote". Die Videoüberwachung soll deutlich verschärft werden vor allem "auf Verkehrsrouten, die der grenzüberschreitenden Kriminalität zur Verschiebung von Diebesgut oder als Tatorte des Menschenhandels dienen".

Laut dem Entwurf darf die Polizei so künftig vor allem innerhalb eines 30-Kilometer-Korridors entlang der Grenzen zu Polen und Tschechien versuchen, Schwerverbrecher anhand der Videoaufnahmen mithilfe von Software zur automatisierten biometrischen Gesichtserkennung ausfindig zu machen. Die Bundespolizei führt am Berliner Bahnhof Südkreuz noch ein vergleichbares Pilotprojekt durch, das heftig umstritten ist.

Um schwerste Straftaten zu verhindern, sollen die Ordnungshüter zudem Handy-Verbindungen unterbrechen dürfen. Für eine bessere Terrorabwehr will die Regierung die Polizei ferner stärker bewaffnen. So sollen Spezialeinheiten in besonderen Einsatzsituationen auch über Waffen "mit erforderlicher Reichweite und hoher Durchschlagskraft wie etwa Maschinengewehre oder Handgranaten" verfügen, wie Innenminister Roland Wöller (CDU) erklärte.

Noch nicht einigen konnte sich die große Koalition laut Berichten auf neue polizeiliche Kompetenzen zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und für heimliche Online-Durchsuchungen. Die CDU befürwortet demnach den Einsatz von Staatstrojanern, um verschlüsselte Messenger-Kommunikation etwa über WhatsApp abhören und IT-Geräte ausforschen zu können. Die SPD sei jedoch dagegen, obwohl sie auf Bundesebene der Polizei bereits voriges Jahr entsprechende Befugnisse selbst zur Verfolgung von Alltagskriminalität an die Hand gab. Umstritten ist auch noch, ob Polizisten in Sachsen mit Bodycams ausgerüstet werden.

Das Gesetzespaket muss noch den sächsischen Landtag passieren. Die Opposition hat bereits Widerstand angekündigt. Der Innenexperte der Linken, Enrico Stange, beklagte, dass unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung "tiefe Eingriffe in die Grundrechte deutlich erleichtert und die sächsische Polizei weiter militarisiert" würden. Einen "Frontalangriff auf die Bürgerrechte" machte sein grüner Kollege Valentin Lippmann in der Initiative aus. (bme)