Cybercrime-Konvention: Verstoß gegen Menschenrechts-Abkommen

Eine Arbeitsgruppe von europäischen Datenschützern findet in der Europarats-Konvention gegen Computerkriminalität schwerwiegende Fehler.

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Der 25. und vorerst letzte Entwurf für eine Konvention gegen Computerkriminalität des Europarats, den das Expertenkomitee "Verbrechen im Cyberspace" ausgearbeitet und kurz vor Weihnachten auch ins Web gestellt hat, sei zu vage und verwirrend formuliert. Er belaste die Wirtschaft und Privatpersonen über die Maßen und verstoße in weiten Teilen sogar gegen die von dem Staatenbund selbst vorgelegten Menschenrechtsabkommen. Das ist der Tenor einer jetzt verabschiedeten Eingabe einer Arbeitsgruppe von Datenschützern, die im Brüsseler Auftrag auf die Einhaltung von Bürgerrechten pocht.

Die Arbeitsgruppe bedauert, dass der weit über die Grenzen der Europäischen Union hinaus reichende Staatenbund bei seiner Aufzählung aber glatt Verstöße gegen bestehende Datenschutzrichtlinien gleichsam "vergessen" hat. Dagegen gibt es eine lange Reihe von Handlungen – sie reicht vom illegalen Zugriff auf Computerdaten, über illegales Abhören und die unangemessene Verwendung von Werkzeugen zur Überprüfung der Netzwerksicherheit bis zum Computerbetrug –, die als verbrecherische Akte gefasst werden sollen. Weiter kritisieren die Datenschützer in ihrer Note, dass die von der Konvention vorgesehenen Verpflichtungen für gegenseitige Rechtshilfe der Unterzeichnerstaaten trotz des Aufhängers "Cybercrime" weit über den Bereich Computerkriminalität hinausgehen.

Kritik muss sich der Europarat auch aus Berlin gefallen lassen, wo sich Bundestagsabgeordnete und Ministerien nach wie vor trotz Veröffentlichung der Enfopol-Papiere sowie der ETSI-Dossiers fragen, wie das Thema Cybercrime überhaupt auf die Tagesordnung des sonst weit gehend über so "profanen" Dingen wie Computersicherheit stehenden Gremiums gelangen konnte. In einem Positionspapier beklagt Jörg Tauss, Beauftragter für Neue Medien der SPD-Bundestagsfraktion, nicht nur die "intransparente Entstehungsgeschichte" der bisherigen Konventionsentwürfe. Er wundert sich auch darüber, warum Surfer stärkeren Eingriffen in ihre Privatsphäre unterliegen sollten als Nutzer anderer Medien. Das komme einem "Generalverdacht" gegen alle Netzbürger gleich. Die Folgen könnten für den gerade von der Europäischen Kommission geförderten E-Commerce gravierend sein, glaubt Tauss: "Müssten Kommunikationspartner unterstellen, dass ihre Interaktionen durchgängig und umfassend überwacht werden könnten, würde dies die gewünschte gesellschaftliche Entwicklung – gerade im wirtschaftlichen Bereich – erheblich belasten."

Mehr in Telepolis: Fette Bugs im Cybercrime-Abkommen. (Stefan Krempl) / (fr)