Nach Haftstrafe für Kopien von Recovery-CDs: Massive Kritik an Microsoft hält an

Ein US-Unternehmer muss ins Gefängnis weil er Zehntausende Recovery-CDs an Refurbisher verkaufen wollte. Microsoft hatte erklärt, die CDs seien nicht wertlos – obwohl sie ohne Lizenz nicht funktioniert hätten. Nun wird die Kritik an dem Konzern lauter.

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Nach Haftstrafe für Kopien von Recovery-CDs: Massive Kritik an Microsoft hält an
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Nachdem ein US-Unternehmer zu 15 Monaten Haft verurteilt worden war, weil er im großen Umfang Recovery-CDs für Windows hergestellt hatte, um sie zu verkaufen, reißt die Kritik an Microsoft und die Rolle des US-Konzerns in der Geschichte nicht ab.

Nach eigenen Angaben um Elektroschrott zu bekämpfen, hatte Eric Lundgren kostenlos von Microsoft verfügbare Images von Recovery-CDs auf CDs gebrannt, berichtet die Los Angeles Times. Lundgren hatte demnach die Erfahrung gemacht, dass sich PC-Nutzer oft nicht die Mühe machten, solch eine CD zur legalen Reparatur einer kaputten Windows-Installation aufzuheben oder zu erstellen. Deswegen habe er die CDs für 25 Cent das Stück an Wiederaufarbeiter ("Refurbisher") von Windows-PCs verkaufen wollen. Lundgren meinte, die CDs seien praktisch wertlos. Das sah das Gericht anders, woraus letztlich die verhängte Strafe resultierte.

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Nach diesem Urteil erhob sich nicht nur laute Kritik an dem Gericht, dessen Urteil als Schlag gegen Initiativen für mehr IT-Reparaturen gewertet wird, sondern auch an Microsoft. Nachdem das Gericht anfangs jede der von Lundgren hergestellte CD mit 300 US-Dollar bewertet hatte – der Preis einer neuen Windows-Kopie – hatte ein Microsoft-Mitarbeiter einen Preis von 25 US-Dollar benannt. Denn dass sei der reduzierte Preis, den Microsoft von Refurbishern verlange.

Unter den Tisch gefallen ist dabei aber offenbar, dass Microsoft diesen Preis für eine neue Lizenz verlangt, während die Recovery-CDs von Lundgren nur auf Rechnern funktioniert hätten, mit denen bereits eine aktivierte Lizenz verknüpft war. Insgesamt hatte der Unternehmer 28.000 dieser CDs hergestellt, weswegen das Gericht einen Schaden von 700.000 US-Dollar feststellte und Lundgren zu 15 Monaten Haft und 50.000 US-Dollar Strafe verurteilte.

Microsoft fühlte sich bereits kurz vor dem Wochenende genötigt, auf die massive Kritik mit einer eigenen Antwort zu reagieren. In einem ausführlichen Blogeintrag weist ein Sprecher zuerst darauf hin, dass der Fall nicht von seinem Unternehmen, sondern vom Zoll angestoßen wurde. Außerdem habe Lundgren von seiner Arbeit profitieren wollen und viel unternommen, um die CDs möglichst original aussehen zu lassen.

Techcrunch hat eine ausführliche Replik veröffentlicht und wirft Microsoft eine Reihe von Irreführungen vor. Das Unternehmen präsentiere Lundgren als eine Art Kopf eines Imperiums der Windows-Piraterie und verzerre dafür die Geschehnisse. Außerdem spreche Microsoft erneut von einem Preis von 25 US-Dollar für eine solche CD, dabei gehe es hier um eine ohne Lizenz.

Weil der Fall auch Auswirkungen auf Bestrebungen hat, für mehr Reparaturen und weniger Neuanschaffungen von IT-Geräten zu sorgen, sind diese Kreise ebenfalls besorgt. Kyle Wiens, der Gründer von iFixit, hat Microsoft aufgefordert, sich mit einem Vertreter der Bewegung für ein "Recht auf Reparatur" zu treffen, um den weiteren Weg zu beschreiten.

Bislang habe das Unternehmen Maßnahmen für erleichterte Reparaturen torpediert und seinen Einfluss gegen diesbezügliche Gesetzesinitiativen in Stellung gebracht. Das Vorgehen gegen Lundgren sei nur ein weitere Puzzlestein. Außerdem werden inzwischen in einer Online-Petition Unterstützer gesammelt, die von Microsoft eine Entschuldigung verlangen. (mho)