Bundesnetzagentur legt Desktop-App für Bandbreiten-Messung vor

Nach einer Konsultation mit Branchenvertretern und einer Datenschutz-Debatte ist die Desktop-Anwendung zur Bandbreitenmessung jetzt fertig. Sie steht für Windows, MacOS und Linux zum Download bereit.

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Stimmen die Bandbreiten-Versprechen der Anbieter? Nutzer können das mit der App der Bundesnetzagentur nachmessen.

(Bild: dpa, Friso Gentsch)

Lesezeit: 5 Min.

Die Bundesnetzagentur hat am Mittwoch ihre Desktop-Anwendung zur Breitbandmessung veröffentlicht. Das Programm für Windows, MacOS und Linux kann ab sofort auf der Website www.breitbandmessung.de heruntergeladen werden. Es ergänzt die Bandbreitenmessung im Browser, die die Bundesnetzagentur seit Herbst 2015 anbietet. Die auf dem Rechner installierte Anwendung soll eine gerichtsfeste Bandbreitenmessung liefern, die Internetkunden zum Nachweis nicht vertragskonformer Leistungen gegenüber ihrem Anbieter nutzen können.

„Die Desktop-App ermöglicht die Überprüfung der vertraglich vereinbarten Download-Datenübertragungsraten im Festnetz. Die Messergebnisse sollen Verbrauchern bei der Argumentation gegenüber ihrem TK-Anbieter helfen“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „Die Desktop-App ist ein ausgewogener Kompromiss zwischen den Interessen der Verbraucher und der TK-Branche. Mit der App ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit die erforderlichen Messungen durchzuführen und mit belastbaren Ergebnissen auf ihren Anbieter zuzugehen.”

Dabei können sich Verbraucher auch an den Kriterien orientieren, welche die Bundesnetzagentur im Sommer 2017 festgelegt hatte. Demnach entspricht die Downloadgeschwindigkeit unter anderem dann nicht mehr der vertraglich vereinbarten Leistung, wenn bei mindestens 20 Messungen und an mindestens zwei Tagen die tatsächliche Download-Geschwindigkeit nicht mindestens einmal 90 Prozent der vereinbarten Maximalgeschwindigkeit erreicht.

Mit standardisierten Messverfahren will die Bundesnetzagentur dazu beitragen, dass die Netzbetreiber ihr Bandbreitenversprechen auch einhalten. Laut einer EU-Studie von 2015 erhalten europäische Internetnutzer im Schnitt nur 75 Prozent der versprochenen Leistung. Die von der Regulierungsbehörde dafür nun angebotene Desktop-Anwendung soll störende Nebeneffekte vermeiden, die bei der Messung im Browser entstehen können.

Doch die App ist nicht unumstritten. Nachdem Netzpolitik.org eine Präsentation des Softwareherstellers Zafaco veröffentlicht hatte, war eine Debatte um den Datenhunger des Messprogramms entbrannt. Demnach erfasst die Anwendung über die Qualität der Datenverbindung hinaus noch weitere “wesentliche Aspekte der Endnutzermessumgebung”. Dazu sollen neben dem LAN-/WLAN-Status etwa die Betriebssystemversion und "erweiterte Informationen zum Endgerät" wie CPU-Typ und Speicherausstattung gehören.

Die Bundesnetzagentur hatte in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass es sich um einen Entwurf handele und man zu datenschutzrechtlichen Fragen “in Abstimmung” mit der Datenschutzbeauftragten sei. Grundsätzliche Änderungen seien am Messverfahren seien aber nicht mehr zu erwarten. Eine Antwort der Behörde auf die Frage, welche Daten die endgültige Version der App nun erhebt und verarbeitet, steht derzeit noch aus.

Netzbetreiber kritisierten andererseits, dass die Regulierungsbehörde auf das Angebot einer Lösung aus der Branche nicht eingegangen und den Weg einer Verordnung gegangen ist. Eine Messung direkt zwischen Anschlussgerät des Kunden und einer definierten Stelle im Backbone sei genauer. Für die Messung arbeitet die Bundesnetzagentur mit dem Netzbetreiber Core-Backbone zusammen, der direkt an den deutschen Internetknoten DE-CIX angebunden ist. Kleinere Netzbetreiber, die selbst keine Peeringverträge mit Core-Backbone haben, fürchteten daher Nachteile.

Die Bundesnetzagentur betont, der Veröffentlichung der App sei ein “umfangreicher Konsultationsprozess mit den Marktteilnehmern” vorausgegangen. Dabei seien Vorschläge gemacht worden, von denen “viele bei der nun vorgelegten finalen Fassung der Desktop-App berücksichtigt” worden seien.

Update 3. Mai 2018:

In den Datenschutzbedingungen der App wird detailliert aufgeführt, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden. Bei der Installation erhält das Programm eine individuelle Identifikationsnummer, mit der die Messungen zugeordnet werden. Die Bandbreiten werden vom Nutzer selbst eingegeben oder – wenn der Nutzer es zulässt und der Netzbetreiber es ermöglicht – automatisch beim Anbieter abgefragt. Darüber hinaus werden auch Informationen über die Ausstattung des Rechners erhoben – zu statistischen Zwecken, wie es heißt.

Screenshot der Desktop-App zur Bandbreitenmessung

Daten, die einen Rückschluss auf den Nutzer zulassen, werden für die Weiterverarbeitung anonymisiert. Soweit sie nur zur Validierung der Messung dienen, werden sie vorübergehend verschlüsselt gespeichert (salted hash). „Die Ursprungsdaten werden maximal drei Tage nach der Übertragung und Validierung auf die Datenverarbeitungssysteme gelöscht”, erläuterte ein Behördensprecher auf Anfrage. Die erfassten und anonymisierten Bandbreitendaten werden dann aggregiert und zur statistischen Auswertung dauerhaft gespeichert.

Die Bundesnetzagentur hat die Datenschutz- und Nutzungsbedingungen der neuen App der Bundesbeauftragten für den Datenschutz vorgelegt.„Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat der Verwendung der Datenschutzbestimmungen sowie den Nutzungsbedingungen der Desktop-App zugestimmt”, sagte der Sprecher.

Darüber hinaus seien im Rahmen der Konsultation viele Vorschläge von Marktteilnehmern berücksichtigt worden, „beispielsweise die automatische Unterbindung von WLAN-Messungen, eine Verlängerung des Messzeitraumes oder das Erfassen zusätzlicher Parameter wie die Trace-Route oder die Geschwindigkeit der Netzwerkkarte”. (vbr)