Microsoft: Open Source behindert den Fortschritt

Microsoft-Vizpräsident und Software-Analyst Craig Mundie hat an der Stern School of Business seine Position zu Open Source präzisiert.

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Von
  • Oliver Diedrich

Nachdem es schon im Vorfeld kräftig rumorte, hat Microsoft-Vizepräsident und Software-Analyst Craig Mundie jetzt die Position seines Unternehmens zu Open Source dargelegt. Sein Kernargument: Forschung und Entwicklung ist nur möglich, wenn man ein geistiges Eigentum an den Ergebnissen und Produkten erwerben kann. Open Source verwandle geistiges Eigentum in ein öffentlichen Gut, mache damit Forschung und Entwicklung unmöglich und verhindere letztlich Innovationen.

In einem Interview mit Dan Gillmor's eJournal wehrt sich Linux-Erfinder Linus Torvalds gegen diesen Standpunkt: Die meiste Forschung und Entwicklung werde frei publiziert und sei damit eine Art "Open Source", wo Forscher selbstverständlich auf den Ergebnissen anderer Wissenschaftler aufbauen. Den Forschungsanstrengungen einzelner Firmen, die letztlich in Patente umgesetzt werden, stellt er die frei publizierte Arbeit großer Wissenschaftler und Erfinder wie Einstein, Bohr oder Leonardo da Vinci entgegen. Mundie scheine zu denken, "dass sein Unternehmen mehr für die US-Wirtschaft getan habe als die Entdeckung des Elektrons", so Torvalds. Er halte sich lieber an Sir Issac Newton und dessen Ausspruch "Wenn ich weiter sehen konnte, dann nur, weil ich auf den Schultern von Riesen stand", als an Mundies Ideen.

Alan Cox, einer der zentralen Linux-Entwickler, attackiert Mundie aus einer anderen Richtung. In seiner Rede stellt Mundie das Microsoft-Konzept der "Shared Sources" als überlegen gegenüber dem Open-Source-Ansatz dar. Microsoft gewähre Kunden, akademischen Institutionen und Software-Entwicklern Einblick in seinen Quellcode - allerdings ohne die Erlaubnis, diese Quellen zu modifizieren. So übernehme Microsoft das Beste an Open Source, indem man sein Wissen mit anderen teile, und verhindere gleichzeitig das Entstehen inkompatibler Entwicklungszweige (Forking) - laut Mundie ein großes Risiko "echter" Open Source. In diesem Ansatz sieht Mundie ein Modell für einen Umgang zwischen Entwicklern proprietärer Software und Open Source, der "auf gegenseitiger Verantwortlichkeit und Respekt" beruhe.

Cox hält dagegen, dass Teilen (das englische Wort "share" bedeutet auch "gemeinsam haben") gleichberechtigte Partner voraussetze, die beide ihre Beiträge leisten können. Solange eine Seite den Code besitzt und der anderen Seite lediglich hineingucken lässt, könne davon jedoch keine Rede sein. Und Forking sei keineswegs nur ein Risiko von Open Source: Auch bei Windows gebe es mit 98, ME, NT, 2000 und CE schließlich verschiedene Entwicklungslinien. (odi)