init – der Wochenausblick: Microsoft, Google und dann Vatertag

Zwei große Entwicklerkonferenzen hat die Woche zu bieten: Microsoft Build und Google I/O. Ein Hafengeburtstag, eine Marxismus-Konferenz und eine Veranstaltung für den solventen Herrn.

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init – der Wochenausblick

(Bild: Volker Weber)

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Inhaltsverzeichnis

Die Jahreskonferenz der deutschsprachigen Sektion der IT-Anwendervereinigung Guide Share Europe (GSE) in Dresden steht unter dem Motto "Digital Transition - von der Technik zum Business-Modell". Von Montag bis Mittwoch treffen sich die Dinosaurier-Pfleger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, um die Rolle ihrer Mainframes in neuen Geschäftsmodellen zu diskutieren. Analytics, Machine Learning, Hybrid Cloud, Blockchain, die Themen sind auch nicht anders als bei anderen aktuellen Veranstaltungen.

Ebenfalls drei Tage, beginnend am Montagabend unserer Zeit, dauert die Entwicklerkonferenz Microsoft Build. Wer nicht nach Seattle reist, kann Teile der Konferenz auch im Livestream betrachten, darunter die Keynotes von Satya Nadella, Scott Guthrie und Joe Belfiore, sowie weitere ausgewählte Sessions. Da die Uhren an der Westküste neun Stunden zurück liegen, beginnen die Sessions erst in den frühen Abendstunden. Satya Nadella spricht am Montag um 8:30 am PST, das ist 17:30 MESZ.

Einige Themen der Build sind gesetzt: Azure, AI, die Integration von Windows 10 in Microsoft Graph. Man darf gespannt sein, was Microsoft im Bereich AR und VR plant. Nach der Vorstellung der "Mixed Reality" Headsets von Acer, HP, Lenovo und Samsung im vergangenen Herbst ist es still geworden. Die ohnehin schon preiswerten Geräte verkaufen sich anscheinend nicht gut. Lenovo-Headsets gibt es schon für weniger als 200 US-Dollar.

Am Dienstag startet dann ein paar hundert Meilen südlich in Mountain View die ebenfalls dreitägige Google I/O. Das ist eine unglückliche Überlappung für die Entwickler. Die I/O ist immer weiter nach vorne gerückt (2014: 25.-26. Juni, 2015 28.-29. Mai, 2016: 18.-20. Mai, 2017: 17.-19. Mai) während die Build nun zum zweiten Mal in dieser Woche stattfindet. 2016 und 2014 war sie noch Anfang April, 2015 Anfang Mai. Analysten und Presse freut es. Die reisen an die Westküste, um Montag Microsoft-CEO Satya Nadella zu lauschen und am Dienstag dann Google-CEO Sundar Pichai.

Auch bei der Google I/O sind einige Themen gesetzt: ein Update zu Android P, ein überarbeitetes Material Design, Neuerungen zu Google Home und natürlich viele Neuigkeiten bei AI und Cloud. Vergangenes Jahr hatte Google seine Hardware-Sparte stark ausgebaut. Auch dieses Jahr darf man auf Neuigkeiten in diesem Bereich hoffen. Wear OS, vormals als Android Wear bekannt, kann ebenfalls auf ein Update hoffen.

Man darf vor allem gespannt sein, wie Google sein Fragmentierungsproblem weiter in den Griff bekommen will. Android O, ein Hauptthema des letzten Jahres ist als Android Oreo erst auf 4,6 Prozent der Geräte angekommen und schon schickt sich Google an, die nächste Version anzukündigen. BlackBerry, die sich vor Jahren zügigen Updates verschrieben hatten, kämpfen jeden Monat erneut darum, die Marshmallow- und Nougat-Distributionen für ein halbes Dutzend Geräte aktuell zu halten. Ein Oreo-Update ist seit einem halben Jahr angekündigt, aber immer noch nicht zu sehen. Derweil droht die US-Regierung damit, mit Huawei einen wichtigen Android-Hersteller mit Exportbeschränkungen aus dem Google Ökosystem zu drängen. Mit Android One hat Google dagegen HMD-Global gewonnen, die alle aktuellen Nokia-Geräte mit einer reinen Google-Version ohne eigenes Skin vermarkten.

Sundar Pichai startet seine Keynote am Dienstag um 10 Uhr Ortszeit, bei uns also um 19 Uhr. Google wird seine Konferenz ebenfalls live übertragen. Die Developer Keynote folgt um 12:45, bei uns also 21:45.

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Seit mehr als 25 Jahren schreibt Volker Weber (vowe) für c't, iX und heise online. Jeden Montag initialisiert er die vor uns liegende IT-Woche mit einem ganz persönlichen Überblick über die wichtigsten Termine, liefert Einschätzungen und auch so manche spitze Randbemerkung.

Am Dienstagabend gibt es im Deutschen Spionagemuseum in Berlin noch einen interessanten Vortrag zum Leben von Siegfried Kath. Der Antiquitätenhändler war einer der wenigen Selfmade-Millionäre der DDR – dabei war er erst 1961 in die DDR gekommen. Innerhalb von zehn Jahren baute er sich vom sächsischen Pirna aus ein Kunsthandelsimperium auf. Bald stand Alexander Schalck-Golodkowskis KoKo vor der Tür – und mit ihr die Stasi. Nur kurz darauf wurde Siegfried Kath von der Stasi verhaftet und in den Westen abgeschoben. Der Historiker Christopher Nehring hat die Archive und Quellen zu Siegfried Kath ausgewertet, seine Familie ausfindig gemacht und befragt. Die Ergebnisse stellt er in "Millionär in der DDR" vor und erzählt ein abenteuerliches und tragisches Leben zwischen den zwei deutschen Staaten.

Der Dienstag und Mittwoch werden die Tage des Gedenkens und der Versöhnung für die Opfer des Zweiten Weltkrieges begangen. Diese wurden am 22. Dezember 2004 durch die Vereinten Nationen (UN) initiiert. Als Datum wurde jenes der Kapitulation der deutschen Streitkräfte und des damit eingetretenen Kriegsendes am 8. Mai 1945 gewählt. An diesem Tag werden die Mitgliedsstaaten der UN dazu angehalten, die Opfer des Krieges angemessen zu würdigen.

In Russland hatte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde gerade der 9. Mai begonnen, so dass sich die Gedenktage auf den 8. und 9. Mai ausdehnen.

Der Mittwoch ist zugleich auch Europatag. Die Europäische Union feiert jährlich am 9. Mai ihren Europatag. Am 9. Mai 1950 hielt der damalige französische Außenminister Robert Schuman in Paris eine Rede, in der er seine Vision einer neuen Art der politischen Zusammenarbeit in Europa vorstellte - sie gilt als Grundstein der europäischen Integration: Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, gegründet von sechs Ländern, wurde die erste supranationale Institution und bereitete den Weg für die europäische Einigung. Die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland organisiert zusammen mit verschiedenen Partnern im Rahmen der Feierlichkeiten eine Reihe von Veranstaltungen.

Am Mittwoch endet auch die Umsetzungsfrist für EU-weite Cybersicherheitsvorschriften. Bis zum 9. Mai muss das erste EU-weite Regelwerk für die Cybersicherheit, die EU-Richtlinie über die Sicherheit von Netz- und Informationssystemen (NIS-Richtlinie), von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen ehrt am Donnerstag den Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron, für seine Vision von einem neuen Europa und der Neugründung des europäischen Projektes, von einer neuen europäischen Souveränität und einer engen, neu strukturierten Zusammenarbeit der Völker und Nationen. Auch der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans nimmt an der Verleihung teil. Der Internationale Karlspreis zu Aachen, der 1950 erstmals vergeben wurde, ist der älteste und bekannteste Preis, mit dem Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet werden, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben.

Am Donnerstag ist Christi Himmelfahrt, in Deutschland ein bundesweiter Feiertag. Bekannter ist der Tag als Vatertag, der Tag, an dem Vati sich selbst gehört. Mit einer Kiste Bier im Bollerwagen ziehen Väter durch die Natur, mit einem Kilometerverbrauch von wenigstens einem Liter. Es sind auch schon Männer gesichtet worden, die weder Kinder noch Familie haben. Am darauffolgenden Freitag ist Christi Brückentag, an dem Vati dann einen Urlaubstag nimmt und dem Alkohol abschwört.

In München startet am Donnerstag die High End, die internationale HiFi-Messe für den solventen Herrn. Im MOC zeigen 900 Marken auf 29.000 Quadratmetern hochwertige HiFi-Produkte. Der erste Tag ist den Fachbesuchern vorbehalten. Freitag bis Sonntag kann jedermann (jeder Mann?) die High End für besuchen. Die Tageskarte gibt es für 15 €, zwei Tage kosten 25 €. Die Folgekosten sind erheblich größer.

In Berlin veranstaltet die Linke den Marx Is Muss Kongress. Zum Mauerfall vor fast dreißig Jahren war Marx nicht so beliebt. Dank unseres schlechten Gedächtnisses ist er an seinem zweihundertsten Geburtstag auf einmal wieder angesagt. Man google nach "Maschinenfragment". Da toben die Hipster, meint unser Resident Communist. In Hamburg ist ab Donnerstag bis Sonntag Hafengeburtstag. Trööööt.

Bei heise online gibt es am Freitag wieder ein #TGIQF. Das ist ein schönes Hashtag, weil man sehr leicht das Quiz der letzten Woche findet: Wie gut kennen Sie Apple?

An diesem Freitag beginnen die Eisheiligen. Na, wer kann sie aufzählen? Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und am Dienstag die kalte Sophie. Warum Eisheiligen? Wenn es zu diesem Zeitpunkt kalte Polarluft nach Westeuropa einströmt, dann verzögert sich der Sommer. Bleibt es bis zur kalten Sophie warm, dann stabilisiert sich der Frühling. Diese Bauernregel war wichtig, da Bodenfrost eine Saat vernichten kann. Die Aussaat durfte also erst nach der kalten Sophie erfolgen. Das Ganze hat nur einen Fehler: Die Bauernregel stammt aus einer Zeit, als noch der julianische Kalender galt. Mit dem Wechsel zum gregorianischen Kalender 1582 wurden auch die Eisheiligen nach vorne verschoben, so dass sie heute astronomisch gesehen zu früh im Jahr liegen. Würde man den Kalenderwechsel berücksichtigen, so läge die kalte Sophie heute auf dem 23. Mai.

Von den zahlreichen neuen Alben, die am Freitag erscheinen, klingen drei ganz besonders gut. Die Arctic Monkeys bringen erstmals nach fünf Jahren ein neues Album mit dem Titel "Tranquility Base Hotel & Casino". Das erinnert an den 20. Juli 1969, als Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit dem Lunar Module von Apollo 11 landeten: "Houston, Tranquility base here. The Eagle has landed." Die Vorschau auf das Album ist sehr kryptisch. Ein Fan hat den Titelsong aber bei einem Konzert in San Diego heimlich mit seinem iPhone gefilmt.

Altmeister Ry Cooder bringt sein erstes Album in sechs Jahren. Cooder ist ein großartiger Rhythmus-Gitarrist und hat einen Mix von eigenen Stücken und Neuinterpretationen von anderen Künstlern zusammengestellt. Den Titelsong "The Prodigal Son" gibt es bereits auf YouTube, dazu ein "Making of" des Albums.

Das dritte bemerkenswerte Album stammt von Wajatta und heißt "Casual High Technology". Wajatta? Das ist eine Kollaboration von Reggie Watts und John Tejada. Watts ist bekannt als Komiker und Bandleader der CBS-Show "The Late Late Show with James Corden", Tejada ein Veteran der West Coast Dance Music. NPR hat das gesamte Album bereits zum Vorhören.

Und damit kann das Wochenende richtig loslegen. An den Vatertag muss man nicht denken. Das macht Vati selbst. Aber vergessen Sie am Sonntag bloß nicht den Muttertag. Sie hat ihn verdient! (vowe)