DLR-Roboter sollen in Altenheim aushelfen

Die Anzahl pflegebedürftiger Menschen steigt, doch Pflegekräfte sind Mangelware. Roboter wie EDAN und Rollin' Justin sollen künftig einspringen und den Menschen wieder mehr Selbstständigkeit ermöglichen.

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Roboter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sollen in Altenheim aushelfen

(Bild: DLR / CC-BY 3.0)

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Inhaltsverzeichnis

In einem Altenheim der Caritas in Garmisch-Partenkirchen in Bayern sollen noch in diesem Jahr die Pflegeroboter EDAN (EMG-controlled daily assistant) und Rollin‘ Justin pflegebedürftige Menschen im Alltag unterstützen. Dies gaben der Sozialverband Caritas und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das die Roboter entwickelt hat, am Montag bekannt. Die beiden Roboter sind Teil des mit rund 1,5 Millionen Euro durch das Land Bayern geförderte Projekt SMiLE (Servicerobotik für Menschen in Lebenssituationen mit Einschränkungen), in dem das DLR verschiedene Konzepte für Assistenzsysteme für Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftige Personen entwickelt.

Die beiden Roboter verfolgen verschiedene Ansätze: EDAN ist ein Rollstuhlassistent für Menschen mit starken motorischen Einschränkungen. Der rund 220 Kilogramm schwere elektrische Rollstuhl besitzt einen Roboterarm mit einer Fünf-Finger-Hand. Die Steuerung erfolgt über Muskelsignale, die über die Hautoberfläche über 16 drahtlose EMG-Elektroden (Elektromyografie) ermittelt werden. Körperlich eingeschränkte Menschen beispielsweise mit Muskelatrophie können den Rollstuhl dann ohne Joystick steuern und über den Roboterarm ohne weitere Hilfe selbstständig verschiedene Aufgaben des täglichen Lebens ausführen.

Muskelsignale steuern den Roboterarm von EDAN.

(Bild: DLR / CC-BY 3.0)

Eine präzise Steuerung des Roboterarms und der Hand ist über die Muskelsignale in der Regel nicht mehr möglich, deshalb versucht das System über Shared-Control-Techniken vorherzusagen, was der Nutzer machen möchte und unterstützt ihn dann dabei. Das System nutzt zur Erkennung eine durch Trainings angelernte Künstliche Intelligenz (KI). Als Anwendungsbeispiel nennt das DLR das sichere Greifen eines Wasserglases. Die groben Muskelsignale werden dabei automatisch in feinmotorische Bewegungskommandos umgewandelt.

Der in sieben Freiheitsgraden bewegliche Arm und die mit 15 Freiheitsgrade ausgestattete Hand kann zusätzlich über ein Brain-Computer-Interface (BCI) gesteuert werden, sofern die Muskelsignale nicht mehr ausreichen sollten. Durch EDAN sollen körperlich eingeschränkte Menschen wieder mehr Autonomie erlangen.

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Rollin‘ Justin ist dagegen mit einer Größe von 1,91 Metern ein ausgewachsener, menschenähnlicher Pflegeroboter. Er bewegt sich mit einem Gewicht von 200 Kilogramm auf vier Rollen vorwärts und besitzt zwei Arme mit Vier-Finger-Händen. Über zwei Stereo- und vier RGB-D-Kameras erfasst Justin seine Umgebung in 3D, um sich auch in unbekannten und dynamisch verändernden Umgebungen sicher und selbstständig bewegen zu können. Seit 2008 forscht das DLR bereits an dieser Roboter-Plattform, die das Institut für Robotik und Mechatronik für Serviceleistungen und den Einsatz im Weltraum entwickelt hat.

Rollin' Justin soll künftig in der Pflege eingesetzt werden.

(Bild: DLR / CC-BY 3.0)

Für den Einsatz in der Pflege ist vor allem wichtig, dass der Roboter seine Aufgaben erledigt, ohne dem Menschen gefährlich zu werden. Eine Aufgabenhierarchie verhindert, dass Justin Aufgaben ausführt, bei denen der Mensch verletzt werden könnte. An oberster Stelle dieser Hierarchie stehen deshalb Sicherheitsaspekte, die dafür sorgen, dass der Roboter seine Aufgabe abbricht, wenn eine Beeinträchtigung des Menschen erfolgen könnte. Der Roboter ist dabei so konzipiert, dass er bei Berührungen durch den Menschen nachgibt und zurückweicht.

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Die beiden Roboter EDAN und Rollin‘ Justin sollen aber nicht die menschliche Zuwendung durch Pflegekräfte ersetzen, sagte der Direktor des Diözesan-Caritas-Verbandes der Erzdiözese München und Freising Georg Falterbaum bei der Präsentation. Vielmehr liegen die Hauptaufgaben in der Unterstützung und Entlastung des Pflegepersonals bei bestimmten Aufgaben.

Noch ist unklar, wie die Senioren auf den beeindruckend großen Pflegeroboter Justin reagieren werden. Alin Albu-Schäfer, Direktor des Instituts für Robotik und Mechatronik am DLR, verweist deshalb auf den entscheidenden Vorteil, den ein solcher Roboter im häuslichen Umfeld bringt: Alte und körperlich beeinträchtige Menschen können mit seiner Hilfe möglichst lange ein selbstständiges Leben führen. (olb)