"Der Computer gab mir Flügel": 83-jährige Japanerin entwickelt Apps

Als Masako Wakamiya mit 60 Jahren in Rente ging, kaufte sie sich ihren ersten Computer. Heute gehört sie zu den ältesten App-Entwicklern weltweit und war bereits bei Apple und den Vereinten Nationen zu Gast.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 30 Kommentare lesen
83-jährige Japanerin entwickelt Apps

(Bild: TEDx)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Takehiko Kambayashi
  • dpa

Früher war Masako Wakamiya Bankangestellte. Als sie ihre Stelle nach über vier Jahrzehnten verließ, kaufte sie sich ihren ersten Computer und begann, online neue Bekanntschaften zu machen. Als sie später anderen Senioren Computer-Kurse gab, fand sie es frustrierend, wie wenig Programme oder Anleitungen es für ältere Menschen gibt. Sie fing damit an, japanische Strickmuster digital in Excel nachzubauen, da das einzige halbwegs spannende Buch was sie fand, eines über dieses Programm war.

Wakamiya lernte Englisch und schrieb mehrere Bücher, eines trägt übersetzt den Titel "Mit über 60 wird das Leben immer interessanter". Jedoch konnte sie im Zeitalter der Smartphones keine App speziell für ihre Altersklasse finden.

Sie bat Katsushiro Koizumi, Vorstandsvorsitzenden der Firma Tesseract, die Programmieren und Software-Entwicklung unterrichtet, eine Gaming-App für Senioren zu entwickeln, in der es ihnen möglich wäre, auch jüngere Menschen zu besiegen. Koizumi sagte ihr, dass es großartig wäre, wenn sie diese App selbst entwickeln würde.

Wakamiya lebt in Fujisawa, südwestlich der Hauptstadt Tokio, Koizumi in Shiogama rund 400 Kilometer weiter nordöstlich. Übers Internet brachte er der Gaming-begeisterten Seniorin bei, ihre eigene App "Hinadan" zu entwickeln.

Ziel des Spiels ist es, Puppen in traditionellen japanischen Kostümen in die richtige Reihenfolge zu bringen. Inspiriert wurde sie vom japanischen Festtag Hina-Matsuri, der jedes Jahr am 3. März gefeiert wird. Beim Programmieren hat sie besonderen Wert auf die leichte Bedienbarkeit der Anwendung gelegt. So berücksichtigte sie vermindertes Hör- und Sehvermögen, so wie die eingeschränkte Beweglichkeit der Finger von älteren Spielern.

Mittlerweile wurde ihre App über 80.000 mal heruntergeladen und nach ihren Angaben gibt es bereits eine englische und eine chinesische Version.

Als ihre App erschien, wurde die Japanerin zu einer Entwicklerkonferenz am Hauptsitz von Apple in Kalifornien eingeladen. Dort traf sie auch Apple-Chef Tim Cook. "Der Chef hat mich umarmt", erinnert sich Wakamiya, die im April ihren 83. Geburtstag feierte. Er sei so informell im Umgang gewesen, dass sie einfach immer weiter geredet habe, wie mit einem Freund.

Auch die Vereinten Nationen wurden auf sie aufmerksam und luden sie im Februar nach New York ein, um auf Englisch einen Einführungsvortrag für eine Sitzung über digitale Kompetenz für Senioren zu halten.

Wakamiya ist zudem Vize-Vorsitzende des landesweiten Online-Vereins Mellow Club, hält Vorträge in ganz Japan und sitzt in einem von Premierminister Shinzo Abe geführten Regierungsausschuss zum "Zeitalter der Hundertjährigen".

Die App-Entwicklerin sei stolz auf das Erreichte und habe Vertrauen in ihre Fähigkeiten. „Aber sie ist ein sehr bescheidener Mensch“, sagt die Direktorin der Non-Profit-Organisation Rokumaru 60, Atsuko Arisawa. Sie hatte Wakamiya als Rednerin zu ihrer Veranstaltung in Yokohama im März eingeladen. "Darum kommt sie auch bei jungen Menschen so gut an", sagt Arisawa. Es gebe viel von der alten Dame zu lernen. ()