Europas Smartphone-Markt schrumpft, Nokia und Xiaomi in den Top 5

Gegen den allgemeinen Trend hinterlassen die Newcomer Nokia und Xiaomi ihre Duftmarke in den Statistiken der Marktforscher. Hersteller HMD Global kann auf einen richtig guten Start zurückblicken.

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Europas Smartphone-Markt schrumpft, Nokia und Xiaomi in den Top 5

HMD Global auf dem MWC 2018.

(Bild: heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Volker Briegleb
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Die allgemeine Abschwächung des Smartphone-Markts macht sich auch in Europa bemerkbar. Im ersten Quartal gingen die Stückzahlen hier um gut 6 Prozent zurück, wie die Marktforscher von Canalys ermittelt haben. Die Rangliste nach Marktanteilen in Europa entspricht weitgehend dem Weltmarkt: Samsung vor Apple, Huawei und Xiaomi. Doch auf den fünften Platz hat es mit HMD Global ein Newcomer geschafft, der in Europa auf eine sehr bekannte Marke setzen kann: Nokia.

Tatsächlich führt Canalys den Hersteller HMD Global schon seit dem vierten Quartal 2017 an dieser Position. Seither hat die in Finnland beheimatete und mit zahlreichen Ex-Nokianern besetzte Firma ihren Marktanteil noch ausbauen können. Rund 1,6 Millionen Smartphones hat HMD Global demnach im ersten Quartal 2018 ausgeliefert. Das entspricht einem Marktanteil von 3,5 Prozent. Im Schlussquartal 2017 war der Hersteller mit einem Markanteil von 2,8 Prozent erstmals auf den fünften Platz geklettert.

(Bild: Canalys)

Nokia-Smartphones sind erst seit einem guten Jahr erhältlich. „Sie haben sich bemerkenswert gut entwickelt für einen relativ frischen Neuzugang im Smartphonebereich“, meint Canalys-Analyst Ben Stanton. HMD Global hat die Lizenz, Smartphones der Marke Nokia zu bauen. Das Unternehmen arbeitet mit dem chinesischen Fertigungsspezialisten Foxconn zusammen. Mit Design, Entwicklung und Vermarktung sind viele ehemalige Nokia- und Microsoft-Mitarbeiter beschäftigt.

Dabei kann HMD Global auch von seinen guten Beziehungen zu Netzbetreibern und dem Handel profitieren, sagt Stanton. Der weitaus größte Teil der rund 70 Millionen Geräte, die HMD Global nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr verkauft hat, waren einfache Handys, wie sie bei Netzbetreibern und großen Handelsketten immer noch nachgefragt werden. Die auf dem Mobile World Congress 2017 vorgestellte Hommage an das klassische Nokia 3310 war ein Verkaufsschlager.

Zugleich haben HMD und der andere Newcomer Xiaomi, den Canalys auf dem vierten Platz notiert, von der Schwäche der Konkurrenten profitiert: Andere Kandidaten für die Top 5 in Europa wie Lenovo, Sony, LG oder Alcatel haben zum Teil empfindlich an Marktanteilen verloren. Insgesamt ist der Markt um 6 Prozent auf 46 Millionen Stück zurückgegangen. Dabei konnte das immer noch dynamische Wachstum in Osteuropa und Russland (+12,3 Prozent auf 15,9 Millionen) den Schwund in Westeuropa (-13,9 Prozent auf 30,1 Millionen) nicht kompensieren.

(Bild: Canalys)

Auch in Europa bleibt Samsung Marktführer, muss aber im Vergleich zum Vorjahr deutlich Federn lassen. Apple kann seinen zweiten Platz behaupten. Ein weiterer Gewinner in Europa ist Huawei: Die Chinesen haben ihren Absatz um mehr als ein Drittel gesteigert. Die drei Marktführer halten zusammen ein immer größeres Stück vom Kuchen, das im ersten Quartal auf über 71 Prozent wuchs. Der Spielraum für andere Anbieter wird kleiner, was aber auch Chancen birgt, wie der Erfolg von Xiaomi und HMD Global zeigt.

Dabei geht der Trend auch in Europa zu hochwertiger Mittelklasse. Gerade die Newcomer wie Honor, Wiko oder Xiaomi haben Features, die vorher nur den Flaggschiffen vorbehalten waren, in die Mittelklasse gebracht. Auch die Bildschirme wachsen, mehr als die Hälfte der in Europa verkauften Geräte ist größer als 5,5 Zoll. Der Trend zum 2:1-Format hat diese Entwicklung befeuert. Und inzwischen haben auch die Netzbetreiber ihren Frieden mit Dual-SIM-Geräten gemacht, die in Europa inzwischen leichter zu haben sind.

Für HMD Global sieht Stanton jetzt die Herausforderung, seine Verkaufserfolge von Einsteiger- und Mittelklasse-Smartphones auf höherklassige Geräte zu übertragen. „Im ersten Quartal waren über 80 Prozent der ausgelieferten Smartphones die Modelle von Nokia 1 bis Nokia 6, die alle weniger als 300 Euro kosten”, sagt Stanton. Auf dem MWC 2018 hat HMD Global dann seine Strategie für 2018 vorgestellt: Die Kundschaft von den deutlich höherwertigen Smartphones wie dem Nokia 7 Plus und dem Nokia 8 Sirocco überzeugen. Irgendwann müssen sie die Kurve von Wachstum zur Profitabilität kriegen.

(vbr)