Android-P-Handys kommen flott

Noch in diesem Jahr kommt eine größere Anzahl Handys mit der jüngsten Android-Version in den Handel, verglichen mit früheren Jahren. Möglich macht das eine engere Kooperation Googles mit Chipherstellern.

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Google-Fahrrad

Mit solchen Fahrrädern zischen Googler über den weitläufigen Google-Campus in Mountain View. Damit geht es am schnellsten.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Inhaltsverzeichnis

Das Smartphone-Betriebssystem Android P hat die Chance, schneller Marktanteile zu gewinnen, als neue Android-Version in früheren Jahren. Denn es werden noch dieses Jahr mehr Handys mit dem neuesten System auf den Markt kommen, und das voraussichtlich in verschiedenen Preisklassen. Google bindet die führenden Hersteller der Hardwareplattformen schon viel früher in den Entwicklungsprozess ein.

Das wird die Zeit bis zur Auslieferung um bis zu zwölf Wochen verkürzen, hat Qualcomm zur Entwicklerkonferenz Google I/O mitgeteilt. Für Mediatek und Samsung gilt wohl Ähnliches. Abzuwarten bleibt, wie sich das angesichts des anti-chinesischen US-Protektionismus bei Huawei entwickelt.

Android-Entwicklungschef Dave Burke auf der Google I/O 2018

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Die neue Kooperation ist die zweite Stufe Project Trebles. Die erste Stufe wurde im Vorjahr mit Android Oreo eingeführt. Sie geht das drängende Problem an, das Sicherheitsupdates für das Android Framework nur mit langer Verspätung oder gar nicht in den Endgeräten ankommen. Die Endgerätehersteller sollen nun nicht mehr darauf warten müssen, dass ihr Hardwareplattform-Lieferant Googles Updates einarbeitet.

Mit der zweiten Stufe Project Trebles, die jetzt mit Android P einhergeht, nimmt sich Google der Anbieter der Hardwareplattformen (SoC) selbst an. Traditionell lief der Prozess etwa so ab: Google erstellte eine neue Version des Open-Source-Betriebssystems Android. Nach deren Veröffentlichung machten sich die SoC-Anbieter daran, ihre Ideen für neue Funktionen dazuzuprogrammieren.

Anschließend mussten sie das Paket an ihre jeweiligen SoC anpassen, bevor die Endgerätehersteller dran waren. All das dauert und führt zu Reibungsverlusten, was erklärt, warum bisher kurz nach einem neuen Android-Release lediglich einzelne Endgeräte auf den Markt kamen. Und das waren stets teure "Flaggschiffe".

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Fortan wird parallel und zusammen gearbeitet. Schon während Google die neue Open-Source-Version Androids erstellt, erhalten die SoC-Hersteller direkten Einblick, können sich einbringen und viel früher die Arbeit an ihren eigenen Zusätzen aufnehmen. Um diese Prozesse zu erleichtern, haben sich die beteiligten Konzerne auf eine gemeinsame Entwicklungs-Infrastruktur verständigt, was keineswegs selbstverständlich ist.

Qualcomm gibt an, schon zum Erscheinungstermin des Android-P-Release seine Kunden mit passenden Snapdragon 636, 660 und 845 versorgen zu können. Bereits jetzt läuft die Betaversion von Android P auf sieben Nicht-Google-Handys. Ein weiterer Ausweis der Treble-Auswirkungen: Üblich war bisher nur ein einzelnes offizielles Beta-Handy eines Partners.

Auch die Manager bindet Google ein

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Project Treble beschränkt sich nicht auf das gegenseitige Zuspielen von Codezeilen und Dokumentationen. Google unternimmt durchaus Anstrengungen im Meatspace: Programmierer der Chiphersteller wurden zu Arbeitsbesuchen in Google-Niederlassungen in San Diego, Seoul und Taipeh eingeladen, und es gibt Konferenzen mit den verschiedenen Partnern, zu denen auch die Endgerätehersteller LG, Motorola und Sony zählen.

Zudem sind auf Managementebene regelmäßige Besprechungen vorgesehen. Google möchte, dass alle Partner an einem Strang ziehen können, und das so früh wie möglich in die gleiche Richtung tun.

Diese Bestrebungen sparen Geld und beschleunigen die Verfügbarkeit neuer Android-Versionen mit neuen Funktionen. Das könnte das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Android-Smartphones weiter verbessern und soll gleichzeitig im Wettbewerb mit Apple helfen. Da jüngere Android-Versionen tendenziell sicherer sind als ältere, profitiert auch die IT-Sicherheit im Allgemeinen.

Fernziel Googles ist ein einheitlicher Android-Kernel auf allen Handys einer Android-Version. Außerdem sollen die Unterschiede im Framework zwischen der Open-Source-Version und der von Endgeräteherstellern herausgebrachten Variante reduziert werden. Das kann Sicherheitsupdates erleichtern und wiederum Kosten senken, wenn gleiche Zusatzfunktionen nicht mehrmals unterschiedlich programmiert werden.

Intern arbeitet Google natürlich längst an Android Q. Wie die dritte Stufe Project Trebles aussieht, verrät Google noch nicht. Denkbar sind etwa ein Schritt Richtung Kernel-Vereinheitlichung, oder ein Anlauf, den Netzbetreibern bei den Endgerätetests unter die Arme zu greifen. Auch das ist ein Flaschenhals. (ds)