Kanada: Sammelklage gegen Facebook wegen Reklame mit User-Fotos

Seit sechs Jahren wehrt sich Facebook mit Formalargumenten gegen eine kanadische Sammelklage. Doch nun könnte bald über den Inhalt gestritten werden: Darf Facebook mit Namen und Fotos seiner User Werbung machen?

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Glaspalast, davor ein großes Schild mit "Like"-Daumen

Eingang zu Facebooks Europazentrale in Dublin.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

"Auch Ihre Freundin Anna Schmidt mag das bekömmliche Deodorant von Stinkenie!" Sinngemäße Reklame hat Facebook von 2011 bis 2014 verbreitet: Es nutzte Namen und Bilder von Usern, die ein "Like" für ein Produkt oder eine Organisation gegeben hatten, um eben jene Produkte oder Organisationen zu bewerben. Die Kanadierin Debbie Douez meint, diese "Sponsored Stories" verstießen gegen das Datenschutzgesetz ihrer Heimatprovinz Britisch-Kolumbien.

Seit 2012 versucht sie, eine Sammelklage gegen Facebook zu führen, doch der Datenkonzern wehrt sich gegen die Verfahrenseröffnung. Nach mehreren Entscheidungen zu Formalfragen liegt die Angelegenheit nun wieder beim Erstgericht. Die Chancen auf eine Sammelklage stehen so gut wie nie zuvor. In den USA hat Facebook eine ähnliche Sammelklage durch einen Vergleich samt Zahlung von 20 Millionen US-Dollar aus der Welt geschafft.

Kanadas Höchstgericht, der Supreme Court of Canada, in Ottawa, Ontario

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

In Kanada verwies Facebook darauf, dass die Nutzungsbedingungen ausschließlich Santa Clara, Kalifornien, als Gerichtsstand vorsehen. Der Streit darüber ging bis zum Supreme Court of Canada, dem Höchstgericht des Landes. Es entschied im Vorjahr mit 5:2 Stimmen, dass die Gerichtsstandsklausel in dem Fall nicht anwendbar ist – aus öffentlichem Interesse an dem Fall, und weil die Nutzer kaum mit Facebook über die Vertragsklauseln verhandeln können (Douez v. Facebook, 2017 SCC 33).

Facebook wehrte sich aber auch noch gegen die Zulassung als Sammelklage. Unter anderem warf das Unternehmen der Richterin der 1. Instanz vor, sie habe ihre Kompetenzen überschritten. Zudem sei die Gruppe der Betroffenen zu vage definiert. Es sei unklar, was "registriert bei Facebook", "identifizierbares Bild" und "echter Name" bedeutet, zumal Decknamen bei Facebook häufig seien.

Außerdem gibt Facebook an, solche Reklame auch für politische Parteien und religiöse Organisationen verbreitet zu haben, und das sei kein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz Britisch-Kolumbiens. All diese Argumente hat das Berufungsgericht, der Court of Appeal for British Columbia, nun verworfen (Douez v. Facebook, 2018 BCCA 186).

Die kanadische Camebridge-Analytica-Tochterfirma AggregateIQ hatte bis zum Auffliegen des Skandals Büros in diesem Haus in Victoria, Britisch-Kolumbien.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Damit scheint der Weg zur Verfahrensöffnung in der Sache geebnet. Douez freut sich bereits auf den Prozess, und verweist gegenüber dem englischsprachigen öffentlichen Rundfunk CBC auf die Aktualität des Themas angesichts des Cambridge-Analytica-Skandals. "Das ist jene Entscheidung, auf die ich seit sechs Jahren gewartet habe", sagte Douez, "jetzt können wir beginnen.'"

Die Sammelklage wurde im Namen aller Einwohner Britisch-Kolumbiens zugelassen, die von Anfang 2011 bis Ende Mai 2014 ein Facebook-Konto hatten, und deren echter Namen und/oder identifizierbares Foto von Facebook für Werbung genutzt wurde. In dem Verfahren wird Facebook voraussichtlich argumentieren, dass die Betroffenen mit Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen auch die Verwertung ihrer Namen und Bilder genehmigt hätten. (ds)