Von der Antike bis zur Enigma: Kryptographie in der Geschichte

Mit einer Tagung zur Geschichte der Kryptographie eröffnete das Heinz Nixdorf Museumsforum eine ständige Ausstellung zur "Welt der Codes und Chiffren".

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Von
  • Detlef Borchers

Mit einer Fachtagung zur Geschichte der Kryptographie eröffnete das Heinz Nixdorf Museumsforum eine ständige Ausstellung, die sich mit der "Welt der Codes und Chiffren" befasst. Die Ausstellung selbst wurde mit einem öffentlichen, gut besuchten Abendvortrag von David Kahn (The Codebreaker) zur Besichtigung freigegeben.

Im Vordergrund der wissenschaftlichen Tagung stand die Kriegskryptographie. Toni Sale, der einstmals im legendären Bletchley Park und später im britischen Geheimdienst Mi5 als Kryptologe unter anderem beim Knacken der Chiffriermaschine Enigma arbeitete, stellte sein Projekt zum Reverse-Engineering des Dechiffriercomputers Colossus vor.

Von der ehemaligen Gegenseite zeigte der Ingenieur Franz Fick, als ehemaliger deutscher Luftwaffenfunker mit der Enigma wohl vertraut, wie die Polen und die Engländer die Verschlüsselung der Enigma brechen konnten. Fick demonstrierte die Schwachstellen im Detail mit zwei von ihm entwickelten Programmsimulationen, die alle Funktionen der Enigma und der gegen sie eingesetzten so genannten "polnischen Bombe" nachbildeten.

Der Historiker Bernd Lippmann berichtete von seiner Forschung über das Chiffrierwesen des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Bis zur Wende gab es dort 1.675 Einrichtungen, die sich mit dem Verschlüsseln und dem Entschlüsseln westlicher wie russischer Codes befassten. Rudolf Staritz, ein ehemaliger Mitarbeiter des Amtes für Heeresstatistik (so hieß die Funkabwehr unter Admiral Canaris) erzählte launisch von den Problemen, den Funkkontakt mit den Agenten in aller Welt zu halten und die Kommunikation der gegnerischen Agenten zu stören. Weiter zurück in die Vergangenheit reichten Referate zum Geheimschreiben der preußischen (optischen wie elektischen) Telegraphen und zur Kryptographie bei Griechen und Römern.

Alle Referate wurden lebhaft diskutiert, da Forscher wie Friedrich Bauer oder David Kahn den direkten Kontakt mit den Praktikern von damals hatten. So berichtete aus dem Publikum heraus Oskar Störzinger, der frühere Chefingenieur der Schweizer Crypto AG, von den Problemen, eine priesterkompatible Chiffriermaschine für den Vatikan zu bauen. Heraus kam ein vergoldetes Handchiffriergerät im Elfenbeinkästchen, komplett mit Kreuz und Trostspruch: Mens agitat molem.

Diese Maschine wie andere seltene mechanische Kryptographiehilfen sind in der Ausstellung in Paderborn ab sofort zur Besichtigung freigegeben. Zu den bemerkenswerten Schaustücken zählt eine britische Typex-Chiffriermaschine von 1945, deren Code nie gebrochen wurde. Die amerikanische NSA beschickte die Ausstellung mit einem Fragment des japanischen "Purple"-Chiffrierers und einem Exemplar der japanischen Enigma. Nicht alle Geräte werden in der Dauerausstellung bleiben, die fester Bestandteil des Museums werden soll. Im Jahre 2002 soll die Ausstellung um das "Zeitalter der Computerkryptologie" erweitert werden, in dem aus der Herrschaftswissenschaft Kryptographie ein alltäglicher Vorgang wird, die eigene Privatsphäre zu sichern. (Detlef Borchers) / (jk)