Ausprobiert: Mikrocontroller sino:bit

Der chinesische Mikrocontroller zeigt auf, dass Weiterentwicklung abseits technischer Werte möglich ist. Nur kinderleicht läuft er leider (noch) nicht.

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sino:bit - eine achteckige rote Platine. Auf der 12x12-LED-Matrix leuchtet ein Smiley
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Helga Hansen
Inhaltsverzeichnis

Mit seiner großen LED-Matrix hebt sich der sino:bit auf den ersten Blick von anderen Mikrocontrollern ab. Gleich 12 × 12 LEDs sind auf dem Board aus China aufgebracht, deutlich mehr als auf dem Vorbild Calliope mini. Künftig soll er Kindern beim Programmiereinstieg helfen – auf der Matrix haben Sprachen von Chinesisch bis Arabisch Platz, die nicht mit lateinischen Buchstaben geschrieben werden. Bis dahin ist allerdings noch etwas Entwicklungsarbeit nötig.

Hinter dem sino:bit steckt die Programmiererin und Makerin Naomi Wu, die sich dafür gleich die erste Open-Hardware-Zertifizierung in China sicherte. Ausgehend vom deutschen Calliope mini und seiner sechseckigen Sternform hat sie das Design angepasst: Sowohl acht Ecken, als auch die rote Farbe stehen in China für Glück. Damit hat der sino:bit zwei Anschlüsse für Krokoklemmen oder ähnliches mehr als der Calliope. Um die große Matrix anzusprechen ist außerdem ein extra LED-Chip, der Holtek HT1632C, nötig.

Ansonsten sind viele Feature gleich geblieben: Das Board hat einen Beschleunigungssensor, ein Magnetometer, Bluetooth, zwei Buttons und nutzt den Temperatursensor seines Chips, dem nRF51. Für die Programmierung gibt es einen USB-Mikro-Anschluss. Sowohl die Grove-Konnektoren, wie auch die nachrüstbare Pinleiste sind auf dem Board beschriftet.

Auf der Rückseite dominiert der große LED-Chip.

Hier werden bereits die ersten Unterschiede zum Calliope deutlich. Auf ihm sind nur einzelne Bauteile wie der Prozessor oder der Lagesensor gekennzeichnet. Spezielle Details wie Pinbelegungen muss man nachschlagen – gerade für die ersten Übungen mit Grundschulkindern ist dies aber das sinnvollere Design. Außerdem sind auf dem Calliope alle Bauteile auf der Oberseite aufgelötet oder eingelassen, die Unterseite ist komplett glatt. Dagegen ragen etwa die Konnektorenbeinchen durch den sino:bit und der LED-Chip ist gleich auf der Rückseite angebracht. Aufgrund seiner Größe ließe sich dies leider kaum anders lösen.

Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

Ähnlich sieht es derzeit auch auf der Softwareseite aus. Beim ersten Anstecken an einen Rechner oder Spannungsversorgung leuchtet der sino:bit mit einem freundlichen Smiley zur Begrüßung auf. Danach wird es frickeliger. In grafischen Umgebungen geschriebener Code kann nicht einfach auf den sino:bit geladen werden, denn die Programmierplattformen unterstützen den Sinobit (noch) nicht. Ein Port, mit dem der Sinobit über Microsofts MakeCode programmiert werden könnte, ist in Arbeit.

Stattdessen läuft das Board mit etwas Aufwand in der Arduino-Programmierumgebung oder wird einfach mit MicroPython programmiert. Für beide Wege gibt es von Hardwarehersteller Adafruit bereits ausführliche Tutorials sowie die nötigen Bibliotheken. Für Kinder dürfte beides allerdings zu kompliziert sein. Unter Windows muss zunächst ein mBed-Treiber installiert werden – ohne ihn stürzte der Rechner beim Anstecken eines sino:bits zuverlässig ab. Schuld ist vermutlich die spannungshungrige LED-Matrix. Einige Nutzer schließen daher nach dem Anstecken noch eine externe Spannungsversorgung an.

An den Ecken des sino:bits können mit Krokodilklemmen weitere Bauteile angeschlossen werden.

In der Arduino-Software muss dann über den Board-Manager zusätzliche Unterstützung installiert werden. Anders als in der Adafruit-Anleitung beschrieben, müssen bereits für den ersten Beispielsketch die Bibliotheken HS1632 und Adafruit GFX neben der sino:bit-Library installiert werden. Mit zahlreichen weiteren Beispielprogrammen liefert Adafruit insgesamt einen schönen Einstieg. Über die GFX-Library lässt sich die LED-Matrix einfach ansprechen.

Dank eines Web-Editors und ebenfalls vielen Adafruit-Beispielen ist die Programmierung über MicroPython vergleichsweise leicht. Zunächst wird die aktuelle Firmware auf den Controller gezogen. Weitere Programme können dann als Hex-Datei abgespeichert und ebenfalls mit Drag und Drop auf den sino:bit geschoben werden. Chinesische Zeichen werden allerdings noch nicht unterstützt. Wer sie nutzen möchte, muss sich seine eigene Firmware zusammenstellen.

Für die MicroPython-Programmierung gibt es einen Web-Editor.

Es wäre schön, wenn Kinder bei ihrem ersten Programmierprojekt tatsächlich "Hello World" in ihrer Muttersprache aufs Display bekämen. Bis es so weit ist, müsste allerdings noch einiges an Arbeit in das Projekt gesteckt werden. So ist der sino:bit bisher vor allem ein Board für Nerds mit Spaß am Frickeln und ein Beispiel, dass Ansätze für Innovation auch außerhalb immer besserer technischer Daten liegen.

  • Zwei Boards wurden uns von Naomi Wu für den Test zur Verfügung gestellt.

(hch)