Der größte Wasserfilter der Welt

Die Initiative Ocean Cleanup will schon bald die ersten Tonnen Plastikmüll aus dem Pazifik fischen. Auch wenn Experten Zweifel anmelden: Diesen Sommer soll der erste Riesenfilter zu Wasser gelassen werden.

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Von
  • Steffan Heuer

Auf den ersten Blick sieht es nach Reparaturarbeiten nach einem Wasserrohrbruch aus. Eine Handvoll Arbeiter mit Sicherheitswesten sind an diesem nebligen Aprilmorgen vor der Kulisse der Bucht von San Francisco damit beschäftigt, große Plastikrohrteile aufzuständern und miteinander zu verschweißen. Doch ihre Bemühungen haben durchaus Potenzial, in die Geschichte der denkmalgeschützten Marinebasis von Alameda einzugehen. Denn hier sind nicht die Stadtwerke zugange. An diesem Tag stellt Boyan Slat, der 23 Jahre junge Gründer von Ocean Cleanup, einer handverlesenen Gruppe von Gästen seine gigantische Filteranlage für Plastikmüll vor, die voraussichtlich im Spätsommer in den Pazifik geschleppt wird, um auf halber Strecke zwischen San Francisco und Hawaii den Testbetrieb aufzunehmen.

Auf dem Gelände eines ehemaligen Marinestützpunktes, von dem unter anderem die Wasserflugzeuge von Pan American World Airways einst nach China aufbrachen, führte der Holländer durch den Montagebereich für „System 001“. Es ist der erste von insgesamt 60 geplanten Filtern, die sein gemeinnütziges Unternehmen rund 1600 Kilometer vor der Westküste der USA platzieren will, um den sogenannten Great Pacific Garbage Patch von Millionen von Plastikteilen zu befreien – von alten Netzen und Bojen bis zu jeder nur erdenklichen Sorte Zivilisationsmüll, der seinen Weg ins Meer gefunden hat.

Slat, schwarzer Wuschelkopf und signalfarbene Segeljacke, steht mit einem leicht verlegenen Grinsen vor seiner Erfindung, die nun endlich in Originalgröße zusammengebaut wird. Fast sechs Jahre ist es her, als er als schüchterner 18-Jähriger die Bühne der TU Delft betrat, wo Fans der renommierten TED-Vortragsreihe eine örtliche TEDx-Veranstaltung organisiert hatten. Er sprach davon, wie ihm beim Tauchurlaub in Griechenland immer wieder Plastiktüten vor die Brille trieben.

In seinem elfminütigen Vortrag stellte er eine fantastisch klingende Lösung vor, um die Meere vom Fluch des „Plastik-Zeitalters“ zu befreien: eine gewaltige Filteranlage aus zwei je 50 Kilometer langen Armen. Eine Phalanx aus 24 am Meeresboden verankerten Plattformen würde das Plastik sammeln und für den Abtransport komprimieren. Das Video wurde zum viralen Hit und auf YouTube bis heute mehr als 2,7 Millionen Mal aufgerufen.

Doch viele Experten hielten die Idee für Spinnerei. Selbst jene, die Slat ernst nahmen, glaubten nicht, dass sein Plastikfilter jemals Realität würde. Doch Slat schaffte es, mehr als 35 Millionen Dollar einzusammeln. Nach zwei Crowdfunding-Kampagnen sind große Mäzene eingestiegen, allen voran Salesforce-Gründer Marc Benioff, der umstrittene Hightech-Milliardär Peter Thiel sowie die Stiftung der Schweizer Bank Julius Bär.

Nun liegt der Plastikfänger vor ihm: zwölf Meter lange, schwarze HDPE-Plastikrohre mit einem Durchmesser von 1,20 Metern. Gefertigt in Österreich, werden sie in Alameda zu einer durchgehenden, 600 Meter langen Kette verschweißt.

(rot)