Neue Software soll die Zeit im Rushhour-Stau halbieren

Auch Ampelschaltungen sollen intelligenter werden. Forscher der Fern-Uni Hagen stellen auf der CeBIT eine neuartige Steuerungssoftware vor.

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Von
  • Andreas Grote

Mathematiker an der Fern-Universität Hagen haben eine neue Software entwickelt, die den Verkehr intelligenter steuert. Dadurch sollen sich die Wartezeiten in der Rushhour um 30 bis 45 Prozent reduzieren und Staus um 20 Prozent verkürzen. In Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Partner könnte die Software bald im Straßenverkehr zum Einsatz kommen.

Besonders an Verkehrsknotenpunkten staut sich zu den Stoßzeiten früh morgens und zu Feierabend der Verkehr. Die Ursache hierfür sind nicht in jedem Fall Unfälle oder Baustellen, sondern das massive Verkehrsaufkommen an jenen Stellen, wo mehrere Verkehrsströme zusammentreffen und das Einfädeln nach dem Reißverschlussprinzip gefordert ist. Hauptproblem dabei ist, wie die Fahrzeuge aus dem schwächeren Verkehrsstrom schnellstmöglichst in den stärkeren Verkehrsstrom eingefädelt werden können. Frühere Untersuchungen ergaben bereits, dass sich der schwächere Verkehrsfluss schneller bewegen muss als der stärkere. Entsprechend muss dessen Geschwindigkeit durch verkehrsbeeinflussende Maßnahmen (in der Regel durch eine variable Anzeige für die erlaubte Höchstgeschwindigkeit) so vermindert werden, dass Lücken entstehen, die für Autos im schnelleren Verkehrsstrom groß genug sind, um gut einscheren zu können.

Um die jeweils richtige Geschwindigkeit für den langsameren und den schnelleren Verkehrsstrom herauszufinden, sind komplizierte Echtzeitberechnungen nötig, die von der Software der Hagener Mathematiker durchgeführt werden. Basisdaten für diese Berechnung liefern in der Fahrbahn eingelassene Induktionsschleifen. Sie geben dem Programm wichtige Informationen über die momentane Verkehrssituation auf der Straße. Anhand dieser Daten errechnet der neu entwickelte Algorithmus die aufeinander angepassten Höchstgeschwindigkeiten, die auf Signaltafeln entlang der Fahrstrecke den Autofahrern angezeigt werden. Das Einfädeln geht dadurch schneller und Rückstaus werden minimiert.

Bei der Entwicklung der neuen Software konnten die Wissenschaftler auf ein Programm zurückgreifen, mit dem sich Ampelphasen flexibel steuern lassen. Dabei geht es darum, Staus im Begegnungsverkehr zu entschärfen, indem Ampel-Grünphasen den eintreffenden Fahrzeugen "optimal" zugewiesen werden: "Optimal heißt für uns: minimale Wartezeit aller Verkehrsteilnehmer, maximaler Durchsatz und Vermeidung von Verkehrskollaps" erklärt der Mathematik-Professor Otto Moeschlin von der Hagener Uni. Das System lässt sich dabei nicht nur an Kreuzungen, sondern auch an Kreiseln oder bauarbeitenbedingten Engpässen einsetzen.

Dafür zählen auch hier Induktionsschleifen die an der Ampel ankommenden Fahrzeuge. Allerdings registriert die Software dabei nicht nur die Anzahl der Fahrzeuge innerhalb einer Grünphase, wie heute bereits üblich, sondern auch die Verteilung innerhalb dieser Periode. Die Wissenschaftler reden hierbei von einer "Optimalen Steuerung von Verkehr in Abhängigkeit von Ankunftsprozessen", was nichts anderes heißt, als dass eine Grünphase nur solange dauert, wie Fahrzeuge passieren wollen. Kommen zum Beispiel mehrere Fahrzeuge zu Anfang der Grünphase an die Ampel, dann bleibt die Signalanlage solange auf Grün, bis die Autos die Ampel passiert haben. "Die von ihnen nicht mehr benötigte restliche Grünphase kann sozusagen den auf der anderen Seite wartenden Verkehrsteilnehmern zur Verfügung gestellt werden", erklärt Moeschlin. Dabei achtet die Software darauf, dass auch der letzte Wagen in der Kolonne noch bei Grün über die Ampel kommt und nicht in eine Rotfalle tappt.

Die neue Software kann auf der CeBIT in Halle 16 am Gemeinschaftsstand Forschungsland NRW (Stand B36) angesehen und ausprobiert werden. (Andreas Grothe) / (sha)