Linux-Distribution openSUSE Leap 15 mit atomaren Updates

Das openSUSE-Projekt hat eine neue Version seiner Linux-Distribution openSUSE Leap veröffentlicht.

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Linux-Distribution openSUSE Leap 15 mit atomaren Updates

(Bild: opensuse.org (Screenshot))

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Tim Schürmann
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Die Linux-Distribution openSUSE Leap richtet sich primär an Anwender, die ein stabiles und von den Entwicklern besonders lange gepflegtes System wünschen. Die neue Version 15 besitzt den gleichen Unterbau wie das für den Unternehmenseinsatz konzipierte Suse Linux Enterprise 15. Das Basissystem der beiden Distributionen ist derart stark miteinander synchronisiert, dass die SUSE Linux GmbH erstmals die direkte Migration von openSUSE Leap auf Suse Linux Enterprise unterstützt. Interessant ist dies vor allem bei der Systemintegration: Auch wenn die Entwicklung zunächst auf openSUSE Leap erfolgt, lässt sich besonders einfach eine Zertifizierung für die Enterprise-Version erlangen.

Um die enge Verwandtschaft der beiden Distributionen hervorzuheben, hat das openSUSE-Team zudem die Versionsnummern der beiden Distributionen angeglichen. Dies wiederum führt zu der etwas kuriosen Situation, dass auf openSUSE Leap 42.3 jetzt openSUSE Leap 15 folgt.

Für openSUSE Leap steht als Oberfläche neben Gnome auch KDE bereit.

(Bild: Tim Schürmann)

Bei der Installation der neuen Version müssen sich Anwender zwischen der Desktop-Umgebung KDE Plasma 5.12 und Gnome 3.26 entscheiden. Letztgenannte startet im Gegensatz zu Plasma standardmäßig im Wayland-Modus. Im Anmeldebildschirm lässt sich jedoch schnell auf den X11-Modus umschalten, wo Gnome klassisch mit einem X-Server läuft. Die verwendete Plasma-Version bekommt Long-Term Support (LTS) zum Einsatz. Ebenfalls an Bord sind die zugehörigen KDE Applications 17.12.3. Wem die Vorschläge des Installationsassistenten nicht zusagen, der darf auch weiterhin selbst in die Paketauswahl eingreifen. Auf diesem Weg lässt sich unter anderem die Desktop-Umgebung Xfce 4.12 einspielen.

Bei der Installation müssen Anwender eine von vier vorgegebenen Rollen auswählen, die openSUSE Leap 15 einnimmt. Neu ist der Betrieb als transaktionaler Server.

(Bild: Tim Schürmann)

Der Installationsassistent kann openSUSE Leap 15 alternativ als Server ohne Benutzeroberfläche einrichten. Administratoren müssen sich dann entscheiden, ob sie das System als klassischen Server oder als transaktionalen Server (Transactional Server) betreiben möchten. Im letztgenannten Fall behandelt das System alle gerade ausstehenden Updates als eine einzige atomare Aktion. Sollte auch nur ein beteiligtes Update fehlschlagen, setzt sich das System automatisch in den Zustand vor der Aktualisierung zurück. Administratoren können so sicher sein, dass sich das System in einem konsistenten und funktionierenden Zustand befindet. Die dahinterstehende Technik hat das Kubic-Projekt beigesteuert, wobei ausschließlich bekannte Softwarekomponenten wie Snapper und Zypper zum Einsatz kommen. Die atomaren Updates sind allerdings an zwei Voraussetzungen geknüpft: Zum einen muss das Basissystem auf einer Partition mit Btrfs-Dateisystem liegen und zum anderen muss dieses Root-Dateisystem einen Schreibschutz besitzen. Letzteres kann dazu führen, dass einige Pakete die Installation auf einem transaktionalen Server verweigern. Betroffen sind vor allem Softwarepakete, die bei Ihrer Installation Dateien in den Verzeichnissen "/var" und "/srv" ändern möchten.

Wie schon die Vorgängerversionen möchte auch openSUSE Leap 15 das System auf einer Btrfs-Partition und die Heimatverzeichnisse in einem XFS-Dateisystem ablegen. Das Btrfs-Dateisystem nutzt jetzt allerdings nur noch ein einziges Subvolume für "/var/". Die Vorgänger von openSUSE Leap 15 hatten für verschiedene Unterverzeichnisse von "/var/" jeweils ein eigenes Subvolume angelegt. Die neue Aufteilung soll Backups und Snapshots vereinfachen, versehentlichen Datenverlust verhindern sowie die Leistung von Datenbanken und virtuellen Maschinen erhöhen, die ihre Daten in "/var/" ablegen. Ein Wechsel auf das neue Layout ist nicht vorgesehen, wer es nutzen möchte, muss openSUSE Leap 15 neu installieren. Wem die vom Installationsassistenten vorgeschlagene Partitionierung nicht zusagt, kann weiterhin nach Belieben in die Aufteilung eingreifen.

Das Konfigurationswerkzeug Yast hat ein wenig dazugelernt.

(Bild: Tim Schürmann)

Die Benutzeroberflächen haben die Entwickler nur geringfügig angepasst, das neue Hintergrundbild ist bereits die größte optische Änderung. Die mitgelieferten Anwendungen sind zwar auf einem aktuellen, häufig jedoch nicht dem neuesten Stand. LibreOffice meldet sich in der aktuellen Version 6.0.4, VirtualBox liegt derzeit in der Version 5.2.10 in den Repositories. Ebenfalls an Bord sind GCC 7 und Glibc 2.26. Den Browser stellt Firefox 60 in der ESR-Variante mit Langzeitunterstützung. Erstmals zum Lieferumfang gehört die Entwicklungsumgebung Gnome Builder. Unter der Haube hat das openSUSE-Team die selbstentwickelte Firewall-Management-Lösung SuSEfirewall2 gegen den Konkurrenten FirewallD ausgetauscht.

Im Hintergrund werkelt mit dem Linux-Kernel 4.12.14 erstaunlicherweise weder der aktuelle, noch ein Langzeitpflege erhaltender Longterm Kernel. Aus neueren Kernel-Versionen zurückportierte Patches härten das System immerhin gegen die Prozessorlücken Meltdown und Spectre.

Das distributionseigene Konfigurationswerkzeug YaST haben die Entwickler an vielen kleinen Stellen verbessert. Die überarbeitete Bibliothek "libstorage-ng" macht das Partitionierungsmodul in Yast zudem noch leistungsfähiger.

Die Distribution openSUSE Leap 15 bringt eine neue Version des Werkzeugs AutoYaST mit. Es installiert die Distribution automatisiert und unbeaufsichtigt auf einem oder mehreren Rechnern, was vor allem Administratoren und PC-Herstellern die Arbeit erleichtert. AutoYaST 4.0 soll jetzt aufgeräumte Profile besitzen, eine vollständigere Dokumentation anbieten und alle neuen Features von "libstorage-ng" unterstützen.

OpenSUSE Leap 15 stellen die Entwickler ausschließlich für 64-Bit-x86-Prozessoren (x86_64) bereit. Portierungen auf ARM64- und Power-Systeme sind bereits in Arbeit.

Anwender haben die Wahl zwischen einem 4,7 GByte großen ISO-Image oder einem extrem schlanken Network ISO-Image. Letztgenanntes passt zwar auf eine CD, holt aber bei der Installation sämtliche Pakete einzeln aus dem Internet. Von den genannten Medien startet jeweils direkt der Installationsassistent. Wer openSUSE Leap 15 zunächst ausprobieren will, kann erstmals wieder zu einem Live-System greifen. Die Entwickler stellen dabei ISO-Images mit Gnome- und Plasma-Desktop zum Download bereit.

OpenSUSE Leap 15 erhält mindestens drei Jahre lang Aktualisierungen. Jedes Jahr erscheint zudem wie bei Suse Linux Enterprise ein Service Pack, das Anwender binnen sechs Monaten einspielen müssen. Nutzer von openSUSE Leap 42.3 können ihr System mit wenigen Handgriffen auf openSUSE Leap 15 aktualisieren, eine Anleitung findet sich im Projekt-Wiki. Für den Umstieg bleiben noch sechs Monate Zeit, dann läuft der Support für openSUSE Leap 42.3 aus.

Neben Leap bietet das openSUSE-Projekt auch eine Tumbleweed genannte Distribution an. Diese ist als sogenanntes Rolling-Release ausgeführt, das automatisch die aktuellsten Softwareversionen über entsprechende Updates erhält. (olb)