Chinesische Hersteller rollen den Displaymarkt auf

Chinesische Firmen wollen den Display-Markt dominieren und bauen dazu Fabriken für riesige Glassubstrate. Das könnte die Preise für LCDs und OLEDs purzeln lassen – und neue Entwicklungen ausbremsen.

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Wenn chinesische Hersteller den Displaymarkt aufrollen: Preise fallen, Innovationskraft ausgebremst
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Vergangene Woche war die Display Week, das Jahrestreffen der Display-Hersteller und deren Zulieferer. Dort tauschten sich Entwickler über ihre aktuellen Erkenntnisse aus und präsentieren in einer Ausstellung brandneue Techniken. Diese lieferten natürlich jede Menge Gesprächsstoff. Das häufigste Thema während der Woche war jedoch die Offensive, mit der chinesische Hersteller in den Display-Markt drängen. Schon in der Eröffnung-Keynote des Visionox-CEO Deqiang Zhang wurde deutlich, dass sich die bisher führenden Unternehmen aus Korea und Japan warm anziehen müssen.

In der Ausstellung in LA traten einige chinesische Hersteller mit großen Standflächen und beeindruckenden Exponaten auf. BOE zeigte etliche 8K-Modelle, 3D-Displays und neue Techniken. Visionox hatte einen nach westlichen Gesichtspunkten durchdesignten Stand und zeigte kleine, aber feine Displaymustern für 3D sowie flexible Schirme und deren Anwendungen. Tianma präsentierte ein ungewöhnlichen Floating-(3D)-Display und bekam sogar die Auszeichnung für das beste Exponat der Ausstellung: ein HDR-fähiges Mobil-LCD mit einem lokal dimmbaren Backlight aus Mini-LEDs.

Display-Prototypen aus chinesischer Entwicklung. (7 Bilder)

Im Notebook-Display brrachte BOE 33 Millionen Bildpunkte (8K) unter.
(Bild: Ulrike Kuhlmann)

Im Konferenzteil konnte man viele Vorträge von BOE & Co. hören und seit Neuesten mischen chinesische Unternehmen auch in Standardisierungsgremium wie ISO und IEC mit. Für reichlich Diskussionsstoff sorgten indes die ambitionierten Pläne der großen chinesischen Panelhersteller: Sie wollen in den kommenden Jahren acht LCD-Fabrik der Generation 10.5 bauen und in Betrieb nehmen. In solchen Fabs werden 2,94 m × 3,37 m große, wenige Millimeter dünne Glasscheiben verarbeitet, aus denen man eine Menge Displays für TVs und Monitore schneiden kann.

Bislang gibt es weltweit nur eine einzige Panelfabrik in Sakai, in der derartig riesige Glassubstrate genutzt werden. Weil Sharp die dort produzierten Panels nicht in den geplanten Mengen los wurde, konnte das Unternehmen die immensen Investitionen – mehrere Milliarden US-Dollar soll so eine Gen-10-Fab kosten – nicht wieder reinholen. In der Folge wurde Sharp von Hon Hai aka Foxconn übernommen, dem weltgrößten Auftragshersteller aus Taiwan. Nun will Sharp/Foxconn Ende 2019 eine weitere Gen-10-Fab in China installieren.

Auch der chinesische Panelhersteller BOE will in die Gen-10-Liga aufsteigen – mit gleich drei Fabs, eine davon für OLEDs. Der zweite große chinesische Panelhersteller, China Star Optoelectronics Technology (CSOT), plant ebenfalls drei solcher Fabriken, auch hier eine für organische Displays. Weitere Gen-10-Fabs wollen CEC Panda und HKC in den kommenden Jahren installieren.

Selbst wenn einige der neuen Fabs bislang nur auf dem Reißbrett existieren, darf man bei vier bis fünf davon ausgehen, dass sie bis Ende 2020 den Betrieb aufnehmen. Dann könnten nach Schätzung von DisplaySearch weltweit 333 Millionen Quadratmeter LCDs vom Band laufen – 50 Millionen Quadratmeter mehr als dieses Jahr. Bei den OLEDs sollten ein Jahr später weltweit signifikant mehr Panels produziert werden als bisher: Statt der knapp 17 Millionen Quadratmeter könnten demnach bis 2021 rund 36 Millionen Quadratmeter und damit mehr als die doppelte OLED-Fläche wie bisher verfügbar sein – ein größerer Teil davon aus chinesischen Fabriken.

Für die koreanischen Hersteller sind solche Zahlen eher beängstigend, denn bislang waren sie es, die die Display-Entwicklung vorantrieben und die Preise diktierten. Ihr Nachteil: Viele chinesische Unternehmen erhalten kräftige staatliche Finanzspritzen. Man kämpft hier sozusagen gegen Windmühlen.

Das führte bereits jetzt dazu, dass Samsung seine Ausstellungsfläche auf der Display Week verkleinert und sich in den hinteren Teil der Halle zurückgezogen hat. LG präsentierte sich zwar im Eingangsbereich der Ausstellung, unter anderem mit einem transparenten, aufrollbaren OLED-Vorhang. Allerdings fiel auch hier der Stand weniger opulent aus als in den Vorjahren. Immerhin: In Sachen Entwicklung sind die koreanischen und japanischen Unternehmen weiterhin federführend und gerade bei der OLED-Produktion werden sie noch eine Weile die Nase vorn haben.

Für den Verbraucher sind die aktuellen Pläne zunächst einmal positiv: Sie können mit fallenden Preisen rechnen und mit vielen neuen Geräten. Wenn Samsung bei den Mobildisplays und LG bei den OLED-TVs ein wenig Konkurrenz bekommt, ist das sicher von Vorteil. Ob die neuen chinesischen Hersteller die Qualität halten können, wird sich zeigen – Displays in sehr teuren Geräten wie dem iPhone werden noch eine Weile von etablierten Herstellern wie Samsung, LG und JDI (Japan Display Inc.) stammen. Auf längere Sicht könnten Neuentwicklung bei Samsung, LG & Co. jedoch unter der neuen Konkurrenz leiden – nicht mangels Innovationsfreude, sondern schlicht mangels Investitionsmitteln. Und das wäre auch für die Verbraucher unerfreulich. (uk)