Ökofarm unter dem Meeresspiegel

Zuchtfische in offener See sind nicht sehr nachhaltig und grenzen an Massentierhaltung. Weichtiere könnten eine Alternative sein.

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Wer in einem deutschen Supermarkt Lachs kauft, erhält ein kostengünstiges Produkt, das in den meisten Fällen aus Fischfarmen stammt. Die befinden sich üblicherweise an der norwegischen Küste, in Schottland oder auch in Südamerika. Dort werden große Mengen der Tiere in riesigen Netzen im offenen Meer gehalten und mit Futter in Pelletform versorgt, bis sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben.

Sonderlich nachhaltig ist das nicht: Die Pellets bestehen normalerweise zu großen Teilen aus Fischmehl, das anderswo zusammengefangen und aufgekocht werden muss, es fallen Chemikalien für den Kampf gegen Lachsläuse an, die Tiere bekommen Medikamente verabreicht (die teilweise im Meer verbleiben) und unter den Netzen wächst aufgrund der vielen Fischausscheidungen normalerweise kein Seegrashalm mehr. Geschlossene Systeme, die die Nachteile dieser Form der Massentierhaltung reduzieren könnten, befinden sich zwar in Entwicklung, sie sind aber noch zu teuer und deshalb nirgendwo im Einsatz. Solange leidet das Meer an den Farmen.

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Möglicherweise setzt die Meeresindustrie hier einfach noch auf das falsche Pferd. Das jedenfalls meint der amerikanische Outdoorartikelhersteller Patagonia, der seit mehreren Jahren auch eine eigene Lebensmittelabteilung namens Patagonia Provisions betreibt. Die Firma ist eine sogenannte Benefit Corporation, deren kapitalistisch erwirtschaftete Erträge zum Teil positiven Gesellschaftszielen – etwa dem Umweltschutz – zugutekommen müssen. Sie will Muscheln zum nachhaltigen Farmprodukt aus dem Ozean entwickeln.

Dazu arbeitet Patagonia Provisions mit spanischen Fischern zusammen, die an der Küste ihres Landes Muschelfarmen betreiben. Diese haben mehrere entscheidende Vorteile. Einmal an Zuchtseilen festgemacht, die an Holzflößen hängen, wachsen die Muscheln ohne menschlichen Einfluss, es braucht weder Futter noch Medizin.

Die Weichtiere sind sogar regenerativ für das Meer, da sie in ihrem gesamten Leben das Meereswasser etwa auf Stickstoff und andere eigentlich unerwünschte Stoffe filtrieren – daraus gewinnen sie die notwendigen Nährstoffe und das Plankton, um zu wachsen. Zudem bilden die Farmen kleine Wälder in den höheren Meeresschichten, in denen Fische wachsen und gedeihen können.

Sind die Muscheln groß genug, werden die Seile nach oben gezogen und abgeerntet. Da während der Wachstumsphase keine Chemie verwendet wird, sind die Weichtiere als Bioprodukte vermarktbar. Sie werden in verschiedenen Sorten nach traditionellem Rezept behandelt und in Dosenform verkauft.

Als Nahrungsmittel sind die Muscheln für den Menschen gut geeignet. Sie enthalten qualitativ hochwertige Proteine, Vitamin B-12 (mindestens 100 Prozent der Tagesdosis) und das heutzutage allseits beliebte Omega-3, das auch von den Lachsfarmern gerne beworben wird. Die Muschelfarmen können zudem Teil eines größeren Farmkomplexes sein, in dem auch Seegras und Krustentiere nachhaltig angebaut werden.

(bsc)