WM im Livestream und TV: schneller jubeln, größer gucken

Wie entstehen die Verzögerungen beim TV-Empfang, wie bekomme ich die Spiele möglichst latenzarm auf die selbst installierte Fanmeile, geht das auch im Stream? Wir liefern Tipps rund um die WM.

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Streaming-Tipps zur WM
Lesezeit: 12 Min.
Inhaltsverzeichnis

Was beim sonntäglichen Tatort kein Problem ist, stört beim Fußballereignis ungemein: Latenzen bei der Übertragung eines Fußballspiels machen aus dem vermeintlichen Live-Erlebnis einen bis zu einer Minute verzögerten Nervenkitzel – jubeln die Nachbarn etwa schon? Solche Latenzen treten nicht nur beim Internet-Streaming auf, sondern auch auf den herkömmlichen Empfangswegen via Satellit, Kabel und DVB-T2-Antennenfernsehen.

Bevor wir in die Details gehen, hier erstmal der Spielplan, damit Sie die Spiele der deutschen Nationalmannschaft nicht verpassen. Am 14. Juni finden im Moskauer Luschinski-Stadion die Eröffnungsfeier ab circa 16 Uhr und das Eröffnungsspiel Russland gegen Saudi-Arabien um 17 Uhr statt; beides wird in der ARD übertragen. ARD und ZDF übertragen im Wechsel alle 64 Spiele des WM-Turniers in Russland live – die parallel angesetzten Begegnungen der Gruppenphase werden bei ARD One und ZDFinfo ausgestrahlt.

Die deutsche Mannschaft startet in das Turniers in Gruppe F und absolviert die Vorrundenspiele:

  • am Sonntag, 17.6. um 17 Uhr gegen Mexico, das Spiel verlor die deutsche Mannschaft mit 0:1
  • am Samstag, 23.6. um 20 Uhr gegen Schweden, das Spiel gewann die deutsche Mannschaft in letzter Sekunde mit 2:1
  • am Mittwoch, 27.6. um 16 Uhr gegen Südkorea, das ZDF überträgt das Spiel aus Kasan, es geht darum, ob die deutsche Mannschaft die Vorrunde übersteht und ins Achtelfinale einzieht.

Falls die deutsche Mannschaft die Gruppenphase übersteht, gehts in Achtelfinale; hier werden die Spiele von der ARD übertragen. Je nach Ergebnis aus der Gruppenphase spielt die deutsche Mannschaft dann ggbf. am Montag, den 2.7. um 16 Uhr (Zweiter Gruppe F) oder am Dienstag, den 3.7. um 16 Uhr (Sieger Gruppe F)

Sollte sich die deutsche Mannschaft aus dem Achtelfinale fürs Viertelfinale qualifizieren, sind die Spiele mit deutscher Beteiligung im ZDF zu sehen. Die Viertelfinals finden am Freitag und Samstag, den 6. und 7. Juli statt.

Das Halbfinale (10. und 11. 7.) wird wieder in der ARD ausgestrahlt, die auch das Spiel um den dritten Platz (14.7.) überträgt. Das ZDF übernimmt die Ausstrahlung des WM-Finals am Sonntag, den 15. Juli um 17 Uhr.

Auf Sportschau.de gibt es einen ausgefeilten WM-Planer, der auch die Termine ohne deutsche Beteiligung aufgeschlüsselt nach Mannschaften und Spieltagen visualisiert.

Wer den Terminkalender zur WM immer parat haben will, kann sich unsere ics-Datei aufs Handy herunterladen: Der heise online–WM-Kalender wird laufend aktualisiert. Um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben, abonnieren Sie die Datei am besten in Ihrer Kalender-Anwendung.

Wer Kroos, Müller, Boateng & Co. zu Hause halbwegs live erleben will, sollte ein paar Vorkehrungen treffen.

In der App der Sportschau kann man die Spiele im Stream verfolgen, die von der ARD übertragen werden. Zuschauer am PC können in der ARD über den sogenannten Multi-Angle-Content einzelne Kameras in den Stadien anklicken und so zum eigenen Regisseur werden. Vergleichbares bietet auch das ZDF unter dem Schlagwort MyView auf seiner Webseite an. Das ZDF hat keine separate App zum WM; sie berichtet über das Turnier im Internet unter zdfsport.de.

Die Versorgung mit Live-Tickern und sportlichen News rund um die WM ist riesig. Wer auf bewährte Quellen zugreift reduziert die Gefahr, besonders spannende Momente zu verpassen weil unterdimensionierte Server streiken: Die Websites und Apps von kicker, spox oder auch ARD-Sportschau dürften auch einem großen Ansturm standhalten und sind erste Anlaufstellen, wenn es um solide Informationen geht. Viel Unterhaltungswert liefert der 11-Freunde-Ticker: Hier wird gespottet und gedisst, was das Zeug hält.

Für Livestreams übers Internet – die ja meist nicht so richtig live sind – müssen die Rohdaten aus Russland zunächst aufbereitet und in ein Internet-taugliches Format gewandelt werden. Dabei stehen etliche Verarbeitungsschritte an, was teilweise bis zu einer Minute dauern kann. Außerdem wird das TV-Bild beim Streamen auf den Servern und den TV-Geräten ein paar Sekunden zwischengespeichert, um eine flüssige Wiedergabe zu gewährleisten und kurzzeitige Ausfälle des IP-Datenstroms überbrücken zu können.

Wie gut das gestreamte Signal dann beim Zuschauer ankommt, hängt auch von dessen Internetanbindung ab: Auf einer lahmen Leitung muss die Qualität reduziert werden, damit das Signal halbwegs störungsfrei ankommt. Das Verfahren dahinter nennt sich adaptive Streaming – Kompression und Auflösung werden dabei dynamisch an die verfügbare Bandbreite angepasst. Die Netzauslastung spielt hier ebenfalls eine Rolle: Wenn sehr viele Leute auf denselben Inhalt zugreifen – wie es bei der WM-Übertragung voraussichtlich der Fall sein wird –, werden die Videos im Browser mit einer geringeren Bandbreite ausgeliefert. Die Bandbreitenreduktion tritt beim per DSL bezogenen IP-TV (etwa beim Entertain-Paket der Telekom) nicht auf, da die TV-Signale hier trotz IP-Technik in einem Broadcast-Verfahren übermittelt werden.

Die Exaring AG hat mit Waipu.tv nach eigenen Angaben ein eigenes Übertragungsverfahren entwickelt und nutzt für die Verteilung ein eigenes Glasfasernetz, von dem aus die Signale über diverse Punkte ins DSL-Netz eingekoppelt werden. Das soll zur WM zu sehr geringen Latenzen führen, in Testmessungen vor der WM kamen wir mit der Waipu.tv-App am FireTV auf 2,3 Sekunden gegenüber dem Satellitensignal – also schneller als bei Empfang über Kabel oder Stabantenne.

Allerdings hängt auch hier die Verzögerung vom eigenen Internetanschluss ab und von der verwendeten Hardware: Die geringe Latenz erhält man nur mit einem FireTV-Stick mindestens der 2ten Generation und einer stabilen Internetverbindung. Bei Versuchen mit einem Stick der ersten Generation und magerer Verbindung stieg die Latenz nach kurzer Zeit auf rund 30 Sekunden. Zum Start der WM am Donnerstag werden wir erneut unter optimalen Bedingungen prüfen, ob die geringen Latenzen auch im harten Fußball-Alltag Bestand haben.

Im Beitrag "Auf den Schirm!" erklären wir, was Sie beim TV-Empfang übers Internet, per App und unterwegs beachten sollten.

Dass sich auch bei der TV-Übertagung auf herkömmlichem Weg unliebsame Verzögerugnen einstellen, liegt am aufwendigen Verfahren, das die TV-Signale durchlaufen, bevor sie auf Sendung gehen. So muss der FIFA-Host-Broadcaster das Videosignal aus den Stadien zunächst am internationalen Sendezentrum IBC bereitstellen. Dafür stehen an den Spielorten Übertragungswagen, in denen die Regie die Signale der diversen Stadionkameras an das Sendezentrum schickt, wo sie komponiert werden. Anschließend wird der Stream auf ein Transponder-verdauliches Maß von üblicherweise 35 MBit/s komprimiert und geht als Transportstrom via Satellit zu den Sendeanstalten in den Ländern.

Bei der ARD laufen alle Signale zunächst über die Gemeinschaftseinrichtung ZSAW in Frankfurt, wo sie encodiert und an die Satelliten-, Kabel- und DVB-T2-Provider weitergeleitet werden. Das ZDF betreibt seine eigene Infrastruktur zur Verbreitung, was die unterschiedlichen Latenzen für ARD und ZDF erklärt.

Die Provider nutzen statistisches Multiplexing, um die Übertragungsbandbreiten zu optimieren, und binden verschiedene Programme in einem Bouquet zusammen. Das Multiplexing kostet Zeit, weil die Encoder dafür in die Zukunft schauen beziehungsweise die Signale entsprechend verzögern müssen. Welche Programme in einem Bouquet liegen, entscheiden die Provider selbst, was die unterschiedlichen Latenzen bei den verschiedenen Kabel-Providern erklärt. Die Kabel-Provider schicken ihre Signale wiederum an die örtlichen Kopfstationen, von wo sie an die Kunden ausgespielt werden.

Weil über Satellit hierzulande Astra die Bouquets schnürt und die TV-Signale als Transportstrom auf Sendung schickt, ist die Latenz beim Sat-Empfang bundesweit einheitlich.

Beim Antennenfernsehen hängt die Latenz davon ab, ob ein DVB-T2-Signal in Hannover, Berlin oder beispielsweise in München erzeugt wird. Unsere Latenz-Messungen gelten also genau genommen nur für den Standort Hannover und das Netz von Vodafone, ehemals Kabel Deutschland. Die grundlegende Tendenz – Satellit vor Kabel und DVB-T2, Streaming meist deutlich langsamer – gilt aber auch in Berlin oder München.

Die geringste Verzögerung haben Sat-Nutzer. DVB-T2 und Kabel hängen hinterher, der TV-Stream von waipu.tv am FireTV-Stick kommt noch eher auf den Schirm.

(Bild: c't)

Wir haben die Verzögerungen ermittelt, die während einer Liveübertragung auftreten. Gegenüber den realen Spielen im Russland gibt es eine Grundverzögerung von ungefähr 4,5 Sekunden – um diese hängen sämtliche TV-Empfangswege mindestens hinterher. Näher dran sind allenfalls Sportreporter im analogen UKW-Radio. Wer topaktuell sein will, muss also das Radio einschalten – sollte es aber nicht zu laut drehen, weil sich sonst womöglich die TV-Zuschauer in der Nachbarschaft beschweren.

TV-Zuschauer mit Satellitenschüssel können als erste vor dem Fernsehschirm jubeln: Wer auf gute Bildqualität verzichten mag und SD-Auflösung nutzt, sogar eine halbe Sekunde vor den Sat-Empfängern mit HD-Signalen. In ultrahoher 4K-Auflösung überträgt übrigens nur Sky, und zwar nach eigenem Bekunden 25 Top-Spiele. Wer den Ball in UHD ins Tor fallen sehen will, benötigt allerdings einen Sky+-pro-Receiver mit dem aktuellen Sky-Q-Update. Über Sky Ticket und Sky Go gibt es keine WM-Spiele zu sehen.

Wer im DVB-T2-Empfangsgebiet wohnt, kann die WM mit einem passenden Receiver und Stabantenne empfangen. Günstige Receiver für den Empfang von ARD und ZDF gibt es schon ab 20 Euro. Bei eingeschränktem beziehungsweise instabilem Empfang hilft oft ein einfacher Antennenverstärker für 15 Euro zwischen Stabantenne und Coax-Buchse; oder man nutzt gleich eine aktive Antenne mit eingebautem Verstärker. Das DVB-T2-Signal hinkte in unseren Messungen je nach Kanal um 2 bis 4 Sekunden hinter dem Sat-Empfang her – bei der ARD dauert die Aufbereitung länger als im ZDF.

Kabelkunden jubeln in Hannover noch später als Zuschauer mit Satellitenschüssel: In HD-Auflösung trudelten die TV-Signale von Vodafone rund 6 Sekunden nach dem Sat-Signal ein. Nutzer von Entertain TV der Telekom warten nochmal ein bis zwei Sekunden länger aufs Tor.

Neben dem klassischen Wegen Antenne kann man das TV-Signal als IP-Datenstrom und per App streamen. Streaming-Dienste arbeiten mit einer deutlich höheren Latenz als die klassischen Empfangswege – Tore sieht man bis zu eine Minute später, für Elfmeterschießen ein No-Go.

Waipu.tv hat in ersten Tests die Latenz deutlich verkürzen können: Mit 2,5 Sekunden hinter dem Sat-SD-Signal war die Verzögerung geringer als bei DVB-T2 oder Kabel-TV. Der latenzarme Empfang gelang uns bislang nur mit einem FireTV-Stick; über die Android-App von waipu.tv am Smartphone lagen die Latenzen dagegen im Bereich der anderen Streaming-Dienste. Die Verzögerungen diverser Streaming-Apps auf AppleTV, FireTV und Android-Tablet listet der Beitrag "Früher Jubeln beim TV-Streaming der Fußball-WM".

Receiver für DVB-T2 HD (42 Bilder)

Receiver mit eingebauter Entschlüsselung für Privatsender

Der GX-MB540TL von Samsung liefert zusätzlich zu TV-Programmen diverse Online-Kanäle aus dem Freenet-Connect-Dienst. Programme aus der vorsortierten Senderliste oder den daraus erzeugten Favoritenlisten kann man per Zifferneingabe aufrufen. Die Empfangsqualität ist sehr gut

Samsung GX-MB540TL im Preisvergleich

Für die private Fanmeile muss neben dem schnellen TV-Empfang auch ein passendes Display her. Das kann ein großer 4K-Fernseher sein, den es mit 1,80 Meter Bilddiagonale bereits ab 1500 Euro gibt, oder ein kompakter Beamer für wenige hundert Euro. Mit einer Kaufberatung hilft c't bei der Auswahl eines passenden Geräts.

In einem Vergleichstest hat c't zudem sechs lichtstarke Projektoren auf ihre WM-Tauglichkeit und die Nachnutzung im Heimkino geprüft. Das günstigste Modell kostet 360 Euro und zeigt "nur" HD-Auflösung, was für den WM-Einsatz ausreicht. Die besseren Full-HD-Modelle im Test kosten zwischen 500 und 600 Euro. Wer den Beamer nach der WM im Heimkino weiternutzen will, sollte beim Kauf neben Full-HD-Auflösung weitere Kriterien beachten, die über den reinen Lichtstrom hinausgehen.

Jede Menge Praxistipps bei der Auswahl und Installation einer erschwinglichen Leinwand für die draußen-Projektion liefert ein weiterer Beitrag. Die darin vorgestellten Modelle reichen von der riesigen Drei-Meter-Leinwand im Hüpfburg-Design für 300 Euro bis zum simplen Springrollo für 30 Euro.

Lesen Sie mehr zur eigenen Fanmeile bei c't:

  • WM ganz groß: Projektoren und TVs richtig auswählen
  • Tipps für die mobile Beamer-Leinwand
  • TV-Empfang per Internet, in der App und unterwegs
  • Lichtstarke Beamer im Test

(uk)