AT&T darf Time Warner übernehmen

Ein US-Gericht erlaubt dem Telecom-Konzern AT&T, Time Warner zu übernehmen – sehr zur Freude anderer fusionswilliger US-Konzerne wie T-Mobile und Sprint.

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Gläserne Pforte mit Aufschrift "Time Warner"

(Bild: dpa, Jason Szenes)

Lesezeit: 4 Min.

AT&T darf Time Warner übernehmen. Die US-Regierung ist mit ihrer Klage gegen die Fusion gescheitert, hat das US-Bundesbezirksgericht für den Hauptstadtbezirk DC am Dienstag entschieden. Das Urteil ist ein Signal an andere US-Konzerne, die ebenfalls fusionieren möchten, darunter die Netzbetreiber T-Mobile und Sprint, oder Comcast, das auf Teile von 21st Century Fox spitzt.

AT&T hatte bereits im Oktober 2016 angekündigt, Time Warner zum Preis von 85,4 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Dazu kommen noch die Schulden Time Warners, sodass der Gesamtwert der Übernahme damals auf 108,7 Milliarden Dollar geschätzt wurde. Doch die Wettbewerbsbehörden fürchteten Nachteile für Wettbewerb und Verbraucher. Im November 2017 reichte die US-Regierung Klage gegen den Zusammenschluss ein. Es folge ein stark beschleunigtes Gerichtsverfahren, bei dem aber doch sechs Wochen im Gerichtssaal verhandelt wurde.

Senior Judge Richard J. Leons offizielles Porträtfoto

(Bild: USDC DC)

Am Dienstag hat Richter Richard J. Leon schließlich seine 172 Seiten lange Entscheidung veröffentlicht. Darin macht er deutlich, dass die Regierung es nicht geschafft hat, ihn davon zu überzeugen, dass die Fusion den Wettbewerb substanziell reduzieren werde. Zudem verwies er auf eine Untersuchung, wonach der Zusammenschluss zwischen Comcast und NBCU 2011 nicht zu einem Anstieg der Lizenzgebühren für Filme und TV-Serien geführt habe.

AT&T bezeichnet sich selbst als größten Pay-TV-Betreiber der Welt. Die US-Regierung fürchtet, AT&T könne seine Pay-TV-Konkurrenz aus dem Markt drängen, indem es die Preise für Time-Warner-Produktionen deutlich anhebe oder sie überhaupt nicht mehr anbiete. Doch Leon ist zu der Ansicht gelangt, dass Pay-TV-Anbieter in den USA auch ohne Time-Warner-Kanäle bestehen können. Und was virtuelle Pay-TV-Anbieter wie Dish und Hulu angeht, werde Time Warner auch weiterhin daran interessiert sein, ihnen seine Produktionen zu lizenzieren. HBO beispielsweise sei werbefrei und sei daher auf die Lizenzeinnahmen angewiesen.

Im Verfahren hatte der Richter nicht alle Beweise der US-Regierung zugelassen. Zudem misst er bestimmten Unterlagen und Zeugenaussagen nur geringes Gewicht bei – etwa Präsentationsentwürfen untergeordneter Mitarbeiter, deren Inhalt firmenintern verworfen wurde. Die US-Regierung kann gegen das Urteil berufen. Einem Antrag auf aufschiebende Wirkung räumt der Richter aber schon im Voraus keine Chance auf Erfolg ein.

Archivaufnahme eines CNN-Studios (2007). CNN ist Teil Time Warners und wandert nun ebenfalls zu AT&T.

(Bild: Josh Hallet CC BY 2.0 )

Time Warner ist in drei Sparten gegliedert: Die Pay-TV-Gruppe HBO, die TV-Kanal-Gruppe Turner, die auch in Online-Medien investiert hat, und Warner Brothers Entertainment. Warner Bros. produziert Filme und Computerspiele. Die Konzerngeschichte ist gespickt mit großen Übernahmen, Fusionen und Abspaltungen. Nicht mehr dazu gehören beispielsweise der Kabelnetzbetreiber Time Warner Cable, das Plattenlabel Warner Music Group samt Musikverlag Warner/Chappell, und das Verlagshaus Time. Seine einzige terrestrische TV-Station, WPCH-TV in Atlanta, hat Time Warner vergangenes Jahr veräußert.

AT&T ist im Mobilfunk-, Festnetz- und Kabel-Geschäft in den USA und Lateinamerika tätig. Das Unternehmen ist der zweitgrößte Mobilfunk-Anbieter in den Vereinigten Staaten und nach eigenen Angaben der größte Pay-TV-Betreiber der Welt. Der Konzern erwartet, dass sich die Übernahme schon im ersten Jahr nach Closing bei Gewinn und Free Cash Flow positiv auswirkt. Nach drei Jahren soll der Gesamtkonzern von Synergieeffekten von einer Milliarde US-Dollar jährlich profitieren. (ds)