RoboCup-WM: Auftakt grandios verstolpert

Bei der RoboCup-WM lief es beim Start nicht rund. Daran waren aber ausnahmsweise nicht stolpernde Roboter schuld.

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RoboCup-WM: Auftakt grandios verstolpert

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske
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Drei Tage nach der Fußball-WM der Männer in Russland ist im kanadischen Montréal am Sonntagabend auch die diesjährige RoboCup-Weltmeisterschaft offiziell eröffnet worden. Hier kicken Roboter ebenfalls Bälle, treten aber auch in anderen Wettbewerben für Haushalts-, Rettungs- und Industrieroboter an.

Jesus Savage hatte beim gestrigen WM-Spiel zwischen Mexiko und Deutschland eigentlich auf ein 5:0 gehofft – für Deutschland. Das Kalkül des Professors für Elektrotechnik an der Universidad Nacional Autonoma de Mexico bestand darin, dass die mexikanische Öffentlichkeit das Interesse am Menschenfußball dann verlieren und er mit den Erfolgen seines Teams beim diesjährigen RoboCup mehr Aufmerksamkeit finden würde. Nachdem ihm die mexikanischen Fußballer diese Art der Unterstützung verweigerten und mit 1:0 als Sieger vom Platz gingen, freute er sich aber trotzdem. Er sehe es als Ansporn, sich nun doppelt anzustrengen und zu zeigen, dass Mexiko auch in der Robotik Spitzenleistungen erbringen kann.

Auftakt RoboCup-WM 2018 (7 Bilder)

So soll ein Setup eigentlich aussehen: Mitglieder des chinesischen Middle-Size-Teams NuBots bauen ihre Roboter zusammen. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Zusätzliche Anstrengungen der ungewöhnlichen Art sind in Montréal allerdings allen Teams schon vor dem offiziellen Beginn des Turniers abverlangt worden: Bei der Ankunft am Veranstaltungsort mussten sie feststellen, dass die Organisatoren das für Samstag und Sonntag geplante "Setup" offenbar neu definiert hatten.

Bislang bedeutete das, dass die Teams auf den fertig aufgebauten Spielfeldern und Arenen ihre Roboter zusammenbauen, kalibrieren und testen können. Diesmal jedoch war noch kein einziges Spielfeld fertig, sodass die Teilnehmer selbst sich Akkuschrauber und andere Werkzeuge beschaffen mussten, um den Aufbau in Eigenregie vorzunehmen. "Als wir 2012 den RoboCup in Mexiko-Stadt organisiert haben, haben wir drei Tage vor dem Turnierstart damit begonnen", sagt Savage.

RoboCup-WM: Meisterschaft der Maschinen

Viele verbinden mit dem RoboCup fußballspielende Roboter. Dabei beinhaltet der RoboCup unterschiedlichste Disziplinen und Ligen – beispielsweise solche für fleißige Buttler und nimmermüde Lastenesel.

Natürlich gab es auch bei früheren Turnieren immer wieder Pannen und Missverständnisse, etwa wenn für die Spielfelder nicht die gewünschten Materialien verwendet worden waren. Dass aber ein RoboCup sich gleich zu Beginn so grandios verstolpert, ist ein Novum. Es hängt offensichtlich damit zusammen, dass die Trustees der RoboCup Federation auf einer Auswechslung des Organisationsteams bestanden haben.

Ursprünglich hatte Jacky Baltes von der University of Manitoba das Konzept für den RoboCup in Montréal entwickelt und damit auch die Trustees überzeugt. Baltes organisiert seit vielen Jahren die Wettbewerbe für humanoide Roboter beim RoboCup, aber auch bei den jährlichen Turnieren der Federation of International Robot-Sport Association (FIRA), deren amtierender Präsident er seit zwei Jahren ist. Einige RoboCup Trustees fürchteten einen potenziellen Interessenkonflikt und forderten Baltes daher auf, die Organisation der Weltmeisterschaft anderen (mit weniger Erfahrung) zu überlassen.

Bei der Eröffnungszeremonie betrat denn auch niemand vom lokalen Organisationsteam die Bühne. Dafür fand RoboCup-Präsident Daniel Polani eine versöhnliche Formulierung, indem er den Teilnehmern ausdrücklich für ihren "großartigen Einsatz" dankte, ohne den diese Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Es haben wohl alle verstanden, was damit gemeint war.

Inwieweit sich das Turnier von diesem Fehlstart erholt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Die Aussichten sind recht gut, schlechte Stimmung war bislang nicht zu spüren. Ein gewisses Maß an Improvisation gehört zum RoboCup dazu, der Umgang mit unvollständigen Informationen und die angemessene Reaktion auf unerwartete Entwicklungen bildet sogar eine der zentralen Herausforderungen – wenn auch üblicherweise auf den Spielfeldern und in den Arenen und nicht beim Aufbau derselben. Offenbar haben sich die Menschen von ihren Robotern positiv inspirieren lassen.

Siehe dazu auch:

(olb)