In eigener Sache: Nvidia-NDA als Maulkorb für Journalisten

Nvidia verlangt vor der Übermittlung von Informationen zu künftigen Produkten die Unterzeichnung einer sehr weitgehenden Vertraulichkeitsvereinbarung.

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In eigener Sache: Nvidia-NDA als Maulkorb für Journalisten
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  • Die Redaktionen von heise online
  • c't

Es gibt ein Thema, über das Journalisten nur selten sprechen – sogenannte Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreement/NDA). Besonders im Technik-Journalismus sind NDAs durchaus üblich und sinnvoll – etwa um Zugriff auf frühe Testexemplare zu erhalten. So können Journalisten vor dem Marktstart in Ruhe Messungen vornehmen und sich ein fundiertes Bild vom neuen Produkt machen. Viele Firmen schicken Vorab-Testexemplare nur dann heraus, wenn der Journalist einem NDA oder zumindest einer Sperrfrist zugestimmt hat.

Heise prüft jedes NDA genau und stimmt nur dann zu, wenn es um ein konkretes Produkt geht, ein klares und nicht allzu fernes Ablaufdatum benannt ist und der Vertragstext keine Passagen enthält, die unsere journalistische Arbeit beeinträchtigen könnten.

Nvidia NDA

(Bild: heise online)

Manche Firmen setzen NDAs allerdings auch als Waffen ein. Sie wollen Journalisten nicht nur dazu bringen, sich an Veröffentlichungstermine zu halten, sondern auch mit weitgehenden Vereinbarungen und horrenden Strafandrohungen wohlfeile Berichterstattung erzwingen. Wer sich nicht beugt, wird vom Informationsfluss abgeschnitten.

Manchmal überschreiten Firmen klar die Grenzen. So schickte Nvidia USA am 20. Juni an eine Vielzahl von Journalisten – auch an uns – eine Aufforderung, "bis spätestens zum 22.6.2018" eine sehr weitgehende Vertraulichkeitsvereinbarung zu unterzeichnen.

Das NDA sollte für alle Informationen von Nvidia gelten, bezog sich also nicht auf ein konkretes Produkt oder eine konkrete Information. Ein konkretes Ablaufdatum gab es auch nicht. Zudem war es voll von Bedingungen, die journalistischen Grundsätzen zuwider laufen. Unsere Rechtsabteilung schlug bei der Lektüre des Dokuments die Hände über den Kopf zusammen.

So heißt es (ins Deutsche übersetzt): "Der Empfänger verwendet vertrauliche Informationen ausschließlich zu Gunsten von Nvidia". Anders ausgedrückt: Journalisten dürfen nur das schreiben, was Nvidia in den Kram passt. Damit degradiert Nvidia die unabhängige Presse zu einem Marketing-Instrument.

Und es geht noch weiter: "Ungeachtet des Ablaufs dieser Vereinbarung erlöschen die Verpflichtungen des Empfängers in Bezug auf jegliche vertrauliche Information fünf Jahre nach dem Datum ihrer Weitergabe an den Empfänger." Wer dieses Nvidia-NDA unterschreibt, muss sich also fünf Jahre lang dem Willen des amerikanischen Herstellers beugen – veröffentlicht man etwas in dieser Zeit ohne Erlaubnis, droht der Klagehammer.

Doch Nvidia geht noch weiter: "Der Schutz von Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen, erlischt nie." Mit anderen Worten: Wenn Nvidia meint, es handele sich bei einer Information um ein Geschäftsgeheimnis, dann darf der Journalisten im schlimmsten Fall nie darüber sprechen.

Es versteht sich von selbst, dass ein unabhängiges Medienunternehmen solch eine Vereinbarung unter keinen Umständen unterschreiben kann. Dennoch ließ uns Nvidia wissen, dass bereits "viele Journalisten" die Vereinbarung unterschrieben hätten. Kein Wunder, sollen doch künftig nur noch Journalisten Vorabinformationen und Vorab-Testexemplare erhalten, die dieses NDA unterzeichnen.

Wir stellen klar: Dieses und ähnlich gehaltene NDAs werden von Heise online und c't nicht unterzeichnet – ganz gleich, von welcher Firma sie kommen. Unseren journalistischen Prinzipien gebieten vielmehr, dass wir Transparenz schaffen und Nvidias Gängel-NDA hier im Original veröffentlichen. (mfi)