Hacken mit Hirnzellen

Science Fiction wird von der Realität überholt: US-Forscher entwickeln hybride Bio-Roboter, die von genetisch veränderten Hirnzellen gesteuert werden.

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Der Biologe Alysson Muotri von der University of California in San Diego will Mini-Gehirne von Neandertalern nutzen, um damit Roboter zu steuern. Klingt nach Science Fiction, ist technisch aber durchaus machbar. Dass sich Hirnzellen in der Petrischale unter geeigneten Bedingungen zu dreidimensionalen Organellen züchten lassen, hat Madeline Lancaster vor etwa fünf Jahren herausgefunden.

Die Neuronen der "Mini-Gehirne" bilden dabei aktive Verbindungen miteinander und zeigen kollektive Aktivitätsmuster. Sie gelten mittlerweile als vielversprechendes Werkzeug, um die Entwicklung des menschlichen Gehirns und die Ursachen von Krankheiten wie Alzheimer zu erforschen.

Was jetzt dazu kommt, ist der Einsatz einer weiteren Blockbuster-Technologie aus dem Werkzeugkasten der modernen Biologie: Gene Editing mit Crispr. Muotri und Kollegen nahmen Stammzellen und änderten rund 200 Gene, die uns von Neandertalern unterscheiden. Laut Science haben Muotri und seine Kollegen zwar noch nichts zu ihren Neandertaler-Organellen veröffentlicht, ihre Ergebnisse aber kürzlich auf einer Tagung vorgestellt.

Jetzt arbeiten die Forscher daran, die elektrischen Signale der Mini-Hirne abzugreifen, und sie zur Steuerung von kleinen Robotern zu nutzen - sozusagen neuronale Netze mit biologischer Hardware. Auch solche hybriden Roboter mit biologischen Computern sind bereits gebaut worden.

Der Vergleich von Neandertaler-Organellen mit Sapiens-Minihirnen könnte zeigen, ob sich die unterschiedlichen Hirnzellen dabei anderes vernetzen und verhalten - und welche biologische Hardware besser funktioniert. Es scheint, als ob die Realität weit über das hinausgeht, was Schriftsteller sich ausdenken können - wie zum Beispiel in "Neanderthal", dem zweiten SF-Roman unseres Ex-Kollegen Jens Lubbadeh. Sie finden das alles ein wenig befremdlich? Willkommen im Klub - ich auch.

(wst)