Landwirtschaft: Am Anfang war der Geschmack

GemĂĽsesorten, die besonders schmackhaft sind, bringt das Pflanzenzucht-Start-up Row 7 Seeds auf den Markt.

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Landwirtschaft: Am Anfang war der Geschmack

(Bild: Row 7 Seeds)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thomas Reintjes
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Ob er auf Geschmack züchten könne, das hatte Michael Mazourek noch nie zuvor jemand gefragt. Bei dem Pflanzenzüchter traf das Ansinnen des New Yorker Starkochs Dan Barber indes einen Nerv.

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"Ich hatte schon eine Chilisorte, einen Kürbis und andere Gemüse entwickelt, die fantastisch waren", sagt Mazourek, Genetik-Professor an der Cornell-Universität im US-Bundesstaat New York. Nur die Abnehmer fehlten dem Züchter bis dato – um die Sorten über Saatguthändler, Landwirte und Geschäfte an den Verbraucher zu bringen, mangelte es ihm schlicht an Ressourcen.

Dan Barber spannte Mazourek vor sieben Jahren für ein besonderes Projekt ein: Er bat ihn, einen aromatischeren Butternut-Kürbis zu entwickeln, der für den guten Geschmack nicht erst mit braunem Zucker oder Ahornsirup geröstet werden muss, wie Barber es zuvor gewohnt war. Das Ergebnis war der Honeynut. Barber servierte ihn zunächst in seinen eigenen Blue-Hill-Restaurants.

Damit weckte der vielfach ausgezeichnete und landesweit bekannte Küchenchef zunächst die Aufmerksamkeit seiner Gäste, dann begeisterte er Kollegen und Hobbyköche. Am Ende war ein Markt für die aromatischere Kürbis-Züchtung geschaffen. Mittlerweile gehört der Honeynut in den Vereinigten Staaten beim Discounter Trader Joe's und in den Whole-Foods-Läden von Amazon zum Sortiment.

Diesen Erfolg wollen Mazourek, Barber und der Saatgut-Produzent Matthew Goldfarb jetzt mit anderen GemĂĽsesorten wiederholen und starteten dazu das Saatgutunternehmen Row 7. "Wir wollen die Leute wieder dafĂĽr begeistern, GemĂĽse zu essen", sagt Mazourek.

Das Sortiment umfasst etwa Samen von kräftig schmeckenden Gurken, nussig-butterigen Kartoffeln und erdig-süßer Roter Bete neben gehaltvollen Kürbissen und Chilischoten mit weniger Schärfe.

Bei den ZĂĽchtungen von Row 7 spielen sowohl Zufall als auch Wissenschaft eine Rolle. Mazourek verzichtet allerdings bewusst auf Genmanipulation. Die FirmengrĂĽnder glauben vielmehr, dass besonders geschmacks-intensive, krankheitsresistente Pflanzen erst entstehen, wenn sie das komplette genetische Erbe einer Pflanze nutzen.

Geschmack sei auch viel zu komplex, um sich im Labor designen zu lassen. Trotzdem wählt Mazourek zu kreuzende Pflanzen unter anderem anhand ihres Genoms aus, vor allem aber nach dem gewünschten Geschmack.

Dabei berücksichtigen Mazourek und Barber die Vorschläge von anderen Chefköchen, denn sie sollen später – wie schon beim Honeynut – bei der Verbreitung der neuen Züchtungen helfen. Erst in den nächsten Schritten kreuzen Mazourek und seine Mannschaft unerwünschte Eigenschaften wie überflüssiges Wasser aus den Pflanzen allmählich heraus.

Row 7 patentiert seine Entwicklungen nicht. Auf der Website ermutigen die Saatgutproduzenten ihre Kunden sogar, Samen aus der eigenen Ernte aufzuheben und im nächsten Jahr auszusäen. Dass ihm die großen Saatgutkonzerne die Züchtungen streitig machen, glaubt Barber ohnehin nicht. Diese wollten "one-size-fits-all", sagt Barber. Ihm und seinen Mitstreitern aber gehe es an erster Stelle um den Geschmack, ohne bei Ertrag, Haltbarkeit und anderen Eigenschaften Kompromisse zu machen.

(bsc)