Lebensmittel: Aus Alt mach Neu

Ein Drittel aller Lebensmittel wird jährlich weltweit weggeschmissen. Dabei geht es um einen Wert von einer Billion Dollar.

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Lebensmittel: Aus Alt mach Neu

(Bild: Kromkommer)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Reiner Wandler
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Die niederländische Initiative "Verspilling is verrukkelijk" – "Verschwendung ist köstlich" – will diesem Trend etwas entgegensetzen. Eine Gruppe von 18 Unternehmen hat das Projekt gemeinsam mit der Universität Wageningen und der dortigen Filiale der Supermarktkette Jumbo gestartet. Die Firmen produzieren aus Lebensmittelüberschüssen und Abfällen neue Produkte. Das vielfältige Angebot reicht von Bier über Brot, Ketchup, Cidre und Suppen bis hin zu Seifen und ist im Wageninger Laden erhältlich.

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"Verspilling is verrukkelijk" lebt von Entrepreneuren wie Chantal Engelen. Ihr Utrechter Start-up Kromkommer verarbeitet seit 2013 Gemüse, dessen Aussehen nicht den Handelsnormen entspricht, etwa Möhren mit mehreren Wurzeln. "30 Prozent der Karotten werden weggeworfen, weil sie nicht perfekt sind", sagt Engelen. Sie kauft solch normwidriges Gemüse direkt bei den Bauern "zu fairen Preisen", wie sie sagt, und macht daraus Suppen.

"Wir wollen erreichen, dass die Menschen das unperfekte Gemüse mit anderen Augen sehen", sagt Engelen. Kromkommer liefert Suppen in neun unterschiedlichen Geschmacksrichtungen an Geschäfte und Restaurants. 2017 verarbeitete das Unternehmen 60.000 Kilogramm Gemüse zu 400.000 Packungen Suppe.

Ein anderes Unternehmen, das sich bei "Verspilling is verrukkelijk" engagiert, ist das Amsterdamer Kollektiv BeeBlue. 120.000 Tonnen Brot werden in Holland pro Jahr weggeworfen. BeeBlue nutzt es beim Bierbrauen als Malz-Ersatz für sein Pale Ale "Toost". Bei der Herstellung von Seife wiederum verwenden die Resteverwerter weggeworfene Orangenschalen aus der Lebensmittelindustrie sowie Kaffeesatz. Das eine dient dem Duft der Seife, das andere ist ein natürliches Peeling-Mittel. Ebenfalls ein Brotbier hat Instock mit "Bammetjes" im Angebot. Die Basis für die zweite Sorte der Amsterdamer Stiftung, das "Pieper Bier", liefern sogar Kartoffeln, zum Beispiel aus Überproduktionen, die sonst im Abfall gelandet wären.

Als George Verberne, Leiter der Wageninger Jumbo-Filiale, von dem Projekt hörte, war er sofort angetan: "Ich dachte, da muss man doch was tun." Seit März steht jetzt ein Regal für die "Verspilling is verrukkelijk"-Produkte in seinem Supermarkt. Und Verberne ist zufrieden. In der ersten Woche wurden 700 Artikel verkauft. "Das ist das Doppelte dessen, was wir an Bio-Produkten verkaufen", sagt der Supermarktchef.

Angesprochen hatte den Filialleiter Toine Timmermans von der Universität Wageningen. "Wenn du das Problem mit der Lebensmittelverschwendung angehen und ein nachhaltiges Lebensmittelsystem aufbauen willst, musst du mit denen zusammenarbeiten, die Zugang zum Kunden haben: dem Handel", sagt der Forscher. Timmermans arbeitet seit 15 Jahren auf dem Gebiet der Lebensmittelverschwendung. "Das Regal bei Jumbo wird zeigen, welche Produkte und Verpackungen bei Kunden am besten ankommen", hofft Timmermans. Jumbo hat bereits Interesse bekundet, auch in anderen Filialen diese Produktpalette anzubieten.

"Verspilling is verrukkelijk" zählt in den Niederlanden zum ambitionierten nationalen Programm United Against Food Waste. Die Regierung arbeitet daran, die Lebensmittelverschwendung zu halbieren, um das erste Land zu sein, das dieses von den Vereinten Nationen für 2030 ausgerufene Entwicklungsziel erfüllt.

(bsc)